Adiós, Altkönig: Juan Carlos holt die Segel ein

Archivbild: epa/Juanjo Martin
Archivbild: epa/Juanjo Martin

MADRID (dpa) - Spaniens abgedankter Skandalkönig Juan Carlos will nicht mehr in der Öffentlichkeit stehen. Schluss mit offiziellen Verpflichtungen und repräsentativen Aufgaben - stattdessen Segelregattas und Corridas. Was bleibt von dem Mann, der Spanien die Demokratie brachte?

Ex-König Juan Carlos sagt «Adiós», und er tut das auf seine unverkennbare Art: sehr spanisch und gleichzeitig nicht unumstritten. Der 81-Jährige wird in einer Stierkampfarena Abschied vom öffentlichen Leben nehmen. An diesem Sonntag, genau fünf Jahre nach Bekanntgabe seiner Abdankung, geht er endgültig in Rente und wird dann auf eigenen Wunsch keine repräsentativen Aufgaben mehr für das Königshaus übernehmen. Zur Feier des Tages geht der Bourbone einer seiner großen Passionen nach und besucht in Aranjuez bei Madrid als Ehrenvorsitzender die traditionsreiche «Corrida de San Fernando» - dann schon ganz «privat», wie spanische Medien schrieben.

Die Veranstaltung hat Symbolkraft. Denn genauso wie die rituelle Tötung von Bullen, die in Spanien immer kontroverser diskutiert wird, haben auch Juan Carlos und die spanische Monarchie glorreichere Tage erlebt. An den stattlichen, selbstsicheren und zackigen 1,88-Meter-Mann mit der Leidenschaft für schnelle Segelboote erinnert heute nur noch wenig. Nach zahlreichen Operationen unter anderem an Knie, Hüfte, Bandscheibe und Lunge alterte der Adlige zuletzt rapide.

Juan Carlos geht seit ein paar Jahren nur noch mit Hilfe eines Stocks und vornübergebeugt. Oft wird er von Leibwächtern oder Begleitern gestützt. Bei jüngsten kurzen Auftritten vor TV-Kameras wirkte er zerstreut, verstand häufig Fragen von Journalisten falsch oder gar nicht. Allerdings waren es weder Alter noch Krankheit, die das Image von Juan Carlos und der Madrider Casa Real so gewaltig ramponierten.

Angebliche Affären, Vaterschaftsklagen und mehrere Skandale, darunter vor allem eine Elefantenjagd in Botsuana im Jahr 2012, haben dem Haus Bourbonen schwer zugesetzt. Damals sägte die Umweltschutzorganisation WWF Juan Carlos prompt als Ehrenpräsidenten ab, denn Tierschutz und Großwildjagd vertragen sich nun mal nicht gut. Frankreichs Film- und Tierschutz-Ikone Brigitte Bardot schrieb ihm damals einen bitterbösen Brief und bezeichnete die Safari als «widerlich und unwürdig für eine Person Ihres Ranges». Das in der Finanzkrise darbende Volk reagierte gar so verstört, dass der Regent öffentlich um Entschuldigung bat.

Hinzu kamen Korruptionsaffären in der Familie, die den Beliebtheitsgrad des bis vor 10 oder 15 Jahren noch recht populären Königshauses auf Tiefstwerte trieben - und das trotz des Saubermann-Rufs von Juan Carlos' Sohn und Nachfolger Felipe VI. (51).

Den jungen Leuten, die an Universitäten immer häufiger Kundgebungen und Abstimmungen gegen die Monarchie veranstalten, ist völlig egal, dass Juan Carlos viele Jahre als «Retter der spanischen Demokratie» gefeiert wurde, weil er im Februar 1981, nur gute fünf Jahre nach dem Tod von Diktator Francisco Franco, eine Gruppe von Putschisten mit einer resoluten Rede an die Nation zur Aufgabe brachte.

Auch die «traumatische Kindheit», wie die Zeitung «Cotilleo» seine Jugendtage umschrieb, ist heute fast vergessen: Am 5. Januar 1938 im Exil in Rom geboren, verbrachte Juan Carlos die ersten Lebensjahre in Italien, Portugal und der Schweiz. Erst mit zehn Jahren betrat er erstmals spanischen Boden, nachdem Franco (1892-1975) ihn auserkoren hatte, nach seinem Tod neuer König und Staatschef zu werden. Allein kam der Prinz in die Heimat, um zum faschistischen König erzogen zu werden, wurde auf Militärakademien für die Aufgabe gedrillt.

Erst viel später konnte Juan Carlos beweisen, dass er viel mehr war als nur ein braver Zögling des «Generalísimo». Überraschend für alle beendete er nach Francos Ableben die Diktatur und gab den Anstoß zu demokratischen Reformen. Aber das ist lange her, und viel ist seither im turbulenten Leben des Lebemannes passiert.

Der lädierte Ruf habe Juan Carlos dazu bewogen, länger als eigentlich geplant im Dienste des Königshauses aktiv zu bleiben, sagen jetzt Experten. Die Journalistin Mariángel Alcázar, Expertin in Bezug auf die spanischen Royals, versichert, Juan Carlos habe sich eigentlich schon zu seinem 80. Geburtstag im vergangenen Jahr aus dem öffentlichen Leben zurückziehen wollen. «Er ist sozusagen in die Verlängerung gegangen, weil er sehr eitel ist und mit einem besseren Image Abschied nehmen wollte», sagte sie im spanischen Fernsehen. Auch Gerüchten über eine De-facto-Trennung von seiner Frau, Königin Sofía, habe er noch mit gemeinsamen Auftritten entgegentreten wollen.

Wie wird das Rentnerdasein von «Don Juan Carlos» aussehen?, fragen sich nun viele. Wird er weiter offiziell dem Königshaus angehören? Antwort: Ja. Er bleibt «Rey emérito», «emeritierter König». Wird er seine bisherigen Jahresbezüge in Höhe von 194 232 Euro weiter bekommen? Im Prinzip ja. Sohnemann Felipe könnte aber eine Kürzung anordnen. Ist Königin Sofía «automatisch» vom Rücktritt ihres Gatten betroffen? Nein. Die 80-Jährige erfreut sich guter Gesundheit und wird nach jetzigem Stand weiter das Königshaus repräsentieren.

Und last, but not least: Womit wird sich Juan Carlos künftig die Zeit vertreiben? Ruhen und Rosten werde er (vorerst) nicht, meint die Journalistin Paloma Barrientos. «Der König fährt gerne nach Galizien, dort hat er viel Spaß. Im August wird er wieder an der Königsregatta vor Mallorca teilnehmen. Und danach will er in Finnland und Frankreich segeln.» So ganz holt er die Segel wohl doch nicht ein.

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