200.000 gestrandete Deutsche zurück

«Zaandam»-Drama geht weiter

Foto: epa/Cristobal Herrera
Foto: epa/Cristobal Herrera

BERLIN: Die bisher größte Rückholaktion für Deutsche im Ausland in der Geschichte der Bundesrepublik neigt sich dem Ende zu. Am Wochenende wurde eine besondere Wegmarke erreicht. Dennoch gibt es noch schwierige Fälle zu lösen.

Knapp drei Wochen nach Beginn der Rückholaktion der Bundesregierung sind mehr als 200.000 wegen der Corona-Krise im Ausland gestrandete Deutsche wieder zu Hause. «Das war nicht immer einfach und hat stellenweise etwas geruckelt, wie man es in dieser schwierigen Zeit auch erwarten kann», sagte Bundesaußenminister Heiko Maas der Deutschen Presse-Agentur. «Doch auf diese Leistung können alle Beteiligten stolz sein.»

Die 200.000 deutschen Touristen sind innerhalb von 20 Tagen aus 57 Ländern nach Deutschland zurücktransportiert worden. Etwa 40.000 warten immer noch auf die Rückreise, die meisten in Neuseeland, Südafrika und Peru.

KREUZFAHRTSCHIFFE «ZAANDAM» UND «ROTTERDAM» IN DEN USA

Für 72 Deutsche endete am Wochenende eine besonders dramatische Odyssee, die Anfang März als Traumurlaub begonnen hatte. Die Passagiere des Kreuzfahrtschiffs «Zaandam», auf dem es mehrere Corona-Fälle und vier Tote gegeben hatte, trafen am Samstag in Frankfurt am Main ein. Die Reederei Holland America Line hatte sie von Miami über Paris ausgeflogen.

Das Drama um die «Zaandam» war am Sonntag aber noch nicht ganz beendet. Eine deutsche Passagierin wurde in einem Krankenhaus in Florida zunächst auf der Intensivstation behandelt, ihr Zustand besserte sich aber am Wochenende. Nach dpa-Informationen leidet sie an einer chronischen Lungenentzündung. Einen Befund, dass sie sich mit dem neuen Coronavirus infiziert hat, soll es bisher aber nicht geben.

Zwei weitere deutsche Passagiere haben leichte Grippe-Symptome und blieben nach Angaben des Auswärtigen Amts zunächst auf dem Schwesterschiff «Rotterdam», das aber nur bis Sonntag eine Ankererlaubnis in Fort Lauderdale hatte. Von vier Passagieren mit deutscher Staatsbürgerschaft wird vermutet, dass sie an ihre Wohnorte in den USA oder anderswo zurückkehrten.

Die «Zaandam» war am Freitag zusammen mit dem Schwesterschiff «Rotterdam» nach einer vierwöchigen Odyssee in den Hafen von Fort Lauderdale im Süden Floridas eingelaufen. Sie war am 7. März in Buenos Aires ausgelaufen und um das Kap Hoorn an der Südspitze Südamerikas gefahren.

In Chile sollte die Kreuzfahrt wegen der Ausbreitung des Coronavirus am 21. März vorzeitig beendet werden, was aber nicht gelang, weil dort die Häfen schon geschlossen waren. Die Durchfahrt durch den Panama-Kanal vom Pazifik in die Karibik wurde erst nach langem Ringen genehmigt und das Einlaufen in den Hafen von Fort Lauderdale im Süden von Florida erlaubten die Behörden auch erst nach einer Intervention von US-Präsident Donald Trump. Floridas Gouverneur Ron DeSantis hatte sich zunächst dagegen gesperrt. Die gesunden Passagiere, darunter die meisten Deutschen, waren schon vor der Ankunft in Fort Lauderdale von der «Zaandam» auf die «Rotterdam» gewechselt.

«ARTANIA» IN AUSTRALIEN

Für das an der Küste Westaustraliens liegende Kreuzfahrtschiff «Artania» wurde unterdessen wegen Corona-Infektionen eine 14-tägige Quarantäne verhängt, die am Freitagabend Ortszeit begann. Das Schiff, bekannt aus der ARD-Dokuserie «Verrückt nach Meer», liegt seit der vergangenen Woche im Hafen der Stadt Fremantle. Mehr als 840 Passagiere und Besatzungsmitglieder wurden bereits nach Deutschland geflogen, 23 Gäste und 13 Crewmitglieder kamen in australische Krankenhäuser, ein 69 Jahre alter Passagier war am Donnerstag gestorben. Mehr als 500 Besatzungsmitglieder sind aber noch an Bord der «Artania».

In Australien stammen etwa 25 Prozent der bisher mehr als 5500 bestätigten Coronavirus-Fälle sowie ein Viertel der bisher 30 Toten von Kreuzfahrtschiffen. Politiker zeigten sich deshalb alarmiert. Die Polizei will nun Ermittlungen im Zusammenhang mit der bereits Anfang März in Sydney angedockten «Ruby Princess» der britisch-US-amerikanischen Reederei Carnival einleiten. Damals gingen etwa 2700 Passagiere an Land und durchliefen nur minimale Gesundheitschecks - obwohl etwa ein Dutzend Reisende schon an Bord den Angabene zufolge Atemprobleme gehabt hatten. Ein Ermittlungsstrang könnte nun sein, ob die Schiffsbesatzung die australischen Behörden «transparent» über kranke Reisende und Crewmitglieder informiert habe, hieß es.

RÜCKHOLAKTION AUS MAROKKO

Als Teil der Rückholaktion wurden aus Marokko innerhalb von drei Tagen mehr als 4000 deutsche Touristen nach Hause gebracht. In dem nordafrikanischen Land sind derzeit aber noch Hunderte Reisende mit Wohnmobilen gestrandet, darunter viele Deutsche sowie Österreicher und Schweizer. Die Grenze zur spanischen Enklave Ceuta wurde geschlossen und der Fährverkehr wurde eingestellt. Viele Reisende hängen jetzt auf Park- und Campingplätzen im Land fest. Die marokkanischen Behörden haben inzwischen außerdem Fahrverbote für Wohnmobile verhängt. Fahrer in anderen Landesteilen wüssten deshalb nicht, ob sie es überhaupt bis an die Nordküste schaffen würden.

WIE GEHT ES WEITER?

Wie lange die Rückholaktion der Bundesregierung noch dauern wird, ist unklar. Das Krisenreaktionszentrum im Auswärtigen Amt hat es zunehmend mit unzugänglicheren Gebieten und verstreuten Individualtouristen zu tun. «Wir bleiben am Ball! Wir werden uns weiter um Lösungen bemühen für die Reisenden, die noch nicht zurückkehren konnten», versprach Außenminister Maas am Wochenende. Er hatte die Rückholaktion Mitte März gestartet, um zusammen mit Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften Reisende aus Deutschland aus den Ländern zurückzuholen, aus denen es keine regulären Flüge mehr gibt. Das Auswärtige Amt hat dafür auch selbst Flugzeuge gechartert.

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