Boom-Town Buriram
THAILAND: Die Provinz Buriram ist bekannt für ihre beeindruckenden Khmer-Tempelanlagen, wie Prasat Hin Khao Phanom Rung und Prasat Hin Mueang Tam, oder ihre Naturschönheiten, die sich am besten im Wildschutzgebiet Dong Yai und im Nationalpark Ta Phraya entdecken lassen. In die kleine Provinzhauptstadt verlaufen sich hingegen nur wenige. Das soll sich ändern, Newin Chidchob, Politiker, erfolgreicher Geschäftsmann, begeisterter Sportanhänger und Förderer seiner Heimatprovinz, will das kleine Isaan-Nest an die vorderste Front des thailändischen Sport- und Freizeittourismus katapultieren. Im direkten Umfeld des größten sich in Privatbesitz befindenden Fußballstadions des Landes wird bereits am vierten Oktober mit dem Buriram International Circuit (BRIC) eine der besten Motorsport-Rennstrecken der Welt eröffnet.
Nein, Sie waren noch nie in Buriram? Dann wird’s höchste Zeit! Denn in Zukunft wird man wohl noch so einiges von der kleinen Provinzhauptstadt im Isaan hören. Millionenschwere Megaprojekte, wie das größte sich in Privatbesitz befindende Fußballstadion Thailands, eine Motorsport-Rennstrecke von Weltrang und die Errichtung eines großen Vergnügungsparks sollen Buriram nach ganz oben katapultieren.
Wenn sich mit dem Best Western Royal Buriram und dem Amari Buriram United gleich zwei namhafte Hotelketten dafür entscheiden, inmitten der ländlichen Einöde des thailändischen Nordostens einen Ableger zu eröffnen, scheint etwas im Busche zu sein in der knapp 27.862 Einwohner großen Provinzhauptstadt, wo sich Hase und Igel gute Nacht sagen. Vier Jahre nach dem letzten Recherchebesuch (DER FARANG Nr. 09/2010, „Spannende Tempelentdeckungen und städtische Langeweile“) durchlebt die „Stadt der Freude“ einen rasanten Wandel, der in einem Ort dieser Größenordnung landesweit seinesgleichen sucht.
„Sonnenkönig“ Newin Chidchob
Die treibende Kraft hinter diesem schwer in Worte zu fassenden Entwicklungsschub stellt der umstrittene Politiker Newin Chidchob dar, einer der wichtigsten Vertreter der ehemaligen Thai-Rak-Thai-Partei Thaksin Shinawatras, der nach Auflösung der Partei wegen Wahlrechtsverstößen durch das Verfassungstribunal in 2007 mit einem fünfjährigen Ausschluss von politischen Ämtern belegt wurde und 2012 seinen endgültigen Rücktritt aus der Politik verkündete. Als de-facto-Anführer der Bhumjaithai-Partei gilt Khun Newin jedoch auch heute noch als politischer Strippenzieher mit landesweitem Einfluss. Hinter vorgehaltener Hand als „Sonnenkönig“ bezeichnet, hat er in den vergangenen Jahren seine Heimatprovinz als neue Spielwiese entdeckt, mit dem ehrgeizigen Ziel, Buriram an vorderste Front des thailändischen Sport- und Freizeittourismus zu katapultieren.
Der erste Streich erfolgte in 2009, als Khun Newin die Werkself des Stromversorgers Provincial Electricity Authority (PEA) von Ayutthaya nach Buriram holte und Millionen in neue Spieler investierte. Bereits in 2011 schaffte die Mannschaft das Triple: Meisterschaft, FA-Pokal und Ligapokal. Vor Beginn der Saison 2012 fusionierte Buriram PEA mit dem Buriram FC, geführt von Newins Frau, zu Buriram United. Mit dem Bau des größten in Privatbesitz befindlichen Stadions setzte sich der Fußballfan ein Denkmal: Er investierte 600 Millionen Baht und schuf das i-Mobile-Stadion mit 32.600 Sitzplätzen. Hier können Länderspiele veranstaltet werden, der aktuelle Meister, Pokalsieger und Gewinner des League-Pokals tritt hier auch gegen seine Gegner der AFC Champions League an.
Fußballfans, die das „Thunder Castle“, wie das i-Mobile-Stadion auch genannt wird, das erste Mal betreten, reagieren begeistert. Entworfen von der renommierten I’ll Design Studio Co. Ltd., versprüht die „Donner-Burg“ den Charme großer, englischer Fußballstadien. Im Gegensatz zu deutschen Betonburgen wurde das Stadion komplett aus Metall errichtet und mit einer blauen Glasfassade überzogen. Während des Recherchebesuchs hatte der Autor dieser Zeilen das Glück, das Spiel Buriram United gegen Ratchaburi FC (0:0) von einer der exklusiven, klimatisierten VIP-Lounges aus zu verfolgen, die sich direkt unter dem Stadiondach befinden und in deren Genuss nur einige wenige Besserprivilegierte kommen, die sich das Match mit exquisiten Köstlichkeiten vom Amari-Catering-Service versüßen lassen.
Trutzburg in der ländlichen Peripherie
Mitten im Nirgendwo bei Irgendwo, knapp drei Kilometer außerhalb der Stadt errichtet, wirkt das Stadion, umgeben von der ländlichen Peripherie, wie eine surreale Trutzburg. Doch genau hier befindet man sich bereits mitten im Herzen der Newin’schen Gelüste, wird doch nur wenige hundert Meter entfernt mit dem Buriram International Circuit (BRIC) das nächste Megaprojekt aus dem Boden gestampft: eine vier Kilometer lange Motorsportrennstrecke, die nach Fertigstellung dem Standard der Kategorie 2 der „Fédération Internationale de l’Automobile“ (FIA) und der Kategorie A der „Fédération Internationale de Motocyclisme“ (FIM) entsprechen soll und bereits am vierten und fünften Oktober 2014 mit einem Rennen der „All Japan Grand Touring Championship“ eröffnet wird.
Bis dahin ist noch viel zu tun. Beim Recherchebesuch im März präsentierte sich der BRIC, für dessen Bau übrigens der bekannte deutsche Bauingenieur Hermann Tilke verantwortlich zeichnet, der als erfahrenste Entwickler von Test- und Formel-1-Strecken weltweit gilt, noch als eine staubige Großbaustelle. Natürlich ließ es sich der Autor nicht nehmen, einmal mit dem Honda Jazz den Parcours komplett abzufahren, wo bereits in sieben Monaten PS-starke Boliden um die Wette düsen. Hoch lebe die thailändische Baustellensicherheit! Doch auch in Zukunft soll hier jedermann in den Genuss kommen, sich mit einem gemieteten Rennflitzer einmal wie Michael Schumacher zu fühlen, vorausgesetzt, man hat das nötige Kleingeld.
In der Planung ist als weitere Attraktion für in- und ausländische Touristen ein Themenpark, ein Wasser- und Abenteuerpark für die ganze Familie.
Abseits dieses Gigantismus ist es recht ruhig in der Stadt. Nahegelegene Touristenattraktionen und Sehenswürdigkeiten, die das praktische Navigationsgerät ausspuckt, erweisen sich als weit weniger spektakulär oder gar als Flopp: So ist die angepriesene Vogelvielfalt des Buriram Bird Park wohl gerade ausgeflogen, bei dem Besuch eines weiteren Reservoirs, knapp 20 Kilometer von der Stadt entfernt, findet sich der abenteuerlustige Besucher plötzlich mitten im Niemandsland an einem großen See wieder, zur großen Freude einiger Reisbauern, die hier draußen auf ihrem Feld wohl noch nie einen Farang gesehen haben. Lohnenswert gestaltet sich hingegen ein Besuch des Waldparks Khao Kradong, nur wenige Kilometer vom i-Mobile-Stadion entfernt, ein kleiner Naturpark um einen erloschenen Vulkan, auf dessen Berg sich die große Buddha-Statue „Phra Suphatbophit“ und ein Fußabdruck des Erleuchteten befinden.
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