Weshalb Koh Samui eine Reise wert bleibt

FARANG-Autor und Resident Sam Gruber: Mein Paradies mit tolerierbaren Schönheitsfehlern

Koh Samui anno 2015 mit dem langen Sandstrand von Lamai: Selbst in der Hochsaison gibt es überall freie Plätze und eine Vielfalt günstiger Strandlokale.
Koh Samui anno 2015 mit dem langen Sandstrand von Lamai: Selbst in der Hochsaison gibt es überall freie Plätze und eine Vielfalt günstiger Strandlokale.

KOH SAMUI: Thailands drittgrößte Ferieninsel im Golf von Siam. Thailands erste Hippie-Insel und eine Weltmarke. Thailands exotische Zauberwelt, die seit 30 Jahren Hunderte zum Auswandern animiert hat. Thailands Urlaubsmagnet, der neben Phuket die meisten Touristen anlockt. Ist UNSERE Heimatinsel Koh Samui noch eine Reise wert? FARANG-Autor Sam Gruber, seit 17 Jahren Resident, bricht eine Lanze für das vielgeliebte und auch gescholtene Ferienparadies.

Als ich Ende der 80iger Jahre erstmals nach Koh Samui reiste, bahnte sich im verschlafenen Strandort Lamai bereits die Neuzeit an. Obwohl die holprige Sandstraße und zusammengezimmerte Hütten noch karibischen Charme versprühten, entstanden unübersehbar die ersten Touristen-Vorpos­ten. Jeep- und Mopedverleih, Wäscherei, Kontaktstelle für den Eingang von Post und Telegrammen: Das „Flamingo“ war die erste Kompaktzentrale für Urlauber der Nach-Hippiegeneration. Schon damals wusste der clevere Betreiber, was die „Farangs“ neben idyllischen Sandstränden und einem Bad in den damals verwaisten Wellen brauchten.

Mit Wehmut an die gute alte Zeit

Die nächste Welle rollte wenige Jahre später an und sie war die Vorhut des nicht zu bändigenden Massentourismus. In der legendären Openair-Discothek „Bauhaus“ tanzten bis in die frühen Morgenstunden leichtlebige Thaimädchen neben liebeslustigen Europäern. Auch das „Mix Pub“, unweit des heutigen McDonald‘s-Restaurants, galt als sehr spezielles Nachtlokal, in dem bei diffusem Licht schon mal Weiblein und Männlein verwechselt werden konnten. Streit gab es selten und Gewalt noch seltener. Die Exotik des Lebens brannte angenehm auf der Haut.

Das Nachtleben brummte. Sperrstunden verdienten ihren Namen nicht. Beizeiten half die Polizei gefallenen Nacht(b)engeln wieder aufs Moped, wenn diese im Licht des Mondscheins glückstrunken von ihren Rollern fielen. Verkehrsunfälle endeten selten fatal, meistens nur mit heute noch berühmten „Samui-Tattoos“, den klassischen Schürfwunden oder Verbrennungen von Waden an glühenden Zweirad-Auspuffrohren.

Als die lokalen Familien Mitte der 90iger Jahre den Erfolg europäischer Auswanderer registrierten, beschlossen sie das Unternehmen Tourismus in Lamai selbst in die Hand zu nehmen. Mit irrwitzigen Mietpreiserhöhungen und dem kautionsähnlichen „Key Money“ vertrieben sie die Multikulti-Bars und Restaurants. Im damals noch zweitrangigen Badeort Chaweng drehten Inselgrößen ebenfalls den Spieß um und katapultierten das Rucksack- und Individual-Paradies in ein rein kommerzielles Zeitalter. Das ging so schnell, dass der nächste Boom Koh Samuis nach dem 2004-Tsunami an Thailands Westküste als Beschleunigungsfaktor kaum mehr wahrgenommen wurde.

Seither weinen altgediente Touristen der 80iger und 90iger Jahre der verlorenen Traumwelt nach. Sie gehen in Internetforen und sozialen Netzwerken hart mit Koh Samui ins Gericht: „Müllhalde, Abzocker-Insel, Ballermann, Verkehrswahnsinn.“ Selbst wenn manches davon in manchen Bereichen manche Wahrheit widergibt – es klingt auch latente Platzhirsch-Schlaumeierei durch und unüberhörbares Anspruchs-Balzen: „Was haben die bloß mit meiner Insel gemacht?“

Kurze Wege zu den schönsten Stränden

Die Karawane ließ sich nie aufhalten, schon gar nicht in den Sahnegebieten südlicher Inselwelten. Wem es nicht gefällt, neben lebhaften internationalen Jugendgruppen zu urlauben, wer Russen und Chinesen als Touristen-Apokalypse sieht, wer Probleme mit Veränderung hat, der wird sich nicht mehr tiefentspannt wohlfühlen auf Koh Samui. Muss man die Insel deshalb öffentlich schmähen und sie voller Abscheu entsorgen wie eine treulose Ex-Geliebte?

Ganz fair erscheint das nicht. Nach 17 Jahren auf Koh Samui, in denen ich viele Veränderungen miterlebt habe, schlägt mein Herz weiter für meine Wahlheimat. Ich kenne keinen Ort in Thailand, an dem ich nach kürzester Fahrt so schöne und lange Sandstrände finden kann. Wer Chawengs brodelndes Beachleben nicht mag – na und? In 15 Minuten erreicht jeder mit einem Leihwagen oder Automatikroller den Maenam- oder Lamai Beach. Selbst in der Topsaison findet sich unter schattigen Palmen so viel Platz wie in keinem Freibad Europas oder an kaum einem Strand Spaniens oder Italiens.

Weit unter fünf Euro gibt es hervorragendes Thaiessen. Schwer beladene Strandhändler balancieren frische Früchte unter unseren sonnengebräunten Nasen vorbei. Die Infrastruktur mit kleinen Restaurants und Bars ist auf Koh Samui einzigartig. Die spitzzüngig als Muffel-Thais gescholtenen Touristenschrecks sind eine Randerscheinung. Für überschaubares Geld findet im Grunde jeder, was er will. Urlaubsspaß bei tropischen Temperaturen mehr als 300 Tage im Jahr hat auch auf Koh Samui noch etwas.

Stammgäste kommen jedes Jahr wieder

Ohne Beschönigung, der Verkehr auf Koh Samui ist ein Schönheitsfehler. Keine Frage, die Tarife der Taxifahrer sind unverschämt wie ihr Benehmen. Aber: Fahre ich den gesamten Urlaub mit dem Taxi um die Insel oder gönne ich mir dort Lebensfreude, wo ich eigentlich hin wollte? „Geile“ Strände, lässige Gastronomie, die wunderschöne Bergwelt Koh Samuis und ein heute welttaugliches internationales Warenangebot.

Fazit: „Meine Insel“ hat sich verändert. Werde ich sie meiden und schlecht reden? - Nein, ich liebe Koh Samui und habe gelernt, mich mit zu verändern. Und wenn meine Stammgäste nach all den Jahren sagen, dass sie nächstes Jahr wiederkommen wollen, verstehe ich warum.

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Jack N.Kurt Leupi 22.12.16 18:13
Insel, von Michael Meier
Lieber Herr Meier, ich nehme mir jetzt die Mühe,wieder einmal eine Südthailandreise zu starten , von Hua Hin, Chumphon , Ranong, Suratthani,Koh Samui, Phuket und weiter bis Padang Besar.Da werde ich mir alles Positive und Negative über meinen eigenen "Bildschirm" flimmern zu lassen .Bei Koh Samui weiss ich es schon, dass die guten ,alten Zeiten vorbei sind.Im April war ich in Phuket , in Kata und Karon sah es aus wie in einer Geisterstadt !Die andern Destinationen muss ich mir noch unter die Lupe nehmen, um zu bestätigen,was Realität ist. Vamos a las Playas del Sur !

Jack N.Kurt Leupi 22.12.16 18:13
Nicht die Insel-die "Betreiber"
Faszinierend für die, die noch nie dort waren.Heute enttäuschend für die, die schon mehrmals dort waren, wie ich.Es beginnt schon in Don Sak, die alten, teilweise gebrechlichen oder bald schon zerbrechlichen Schiffe(bes.Raja-Fähren)! Der Verkehr und alles von Herr Frank Baumann schon erwähnte, hat leider seine Gültigkeit!Fragt mich jemand heute , auf welche Insel in Südostasien, empfehle ich ihm Langkawi, in Malaysia.Punkt!
andreas aichinger 10.10.15 17:27
I love Samui ?
Bauhaus und Green Mango, Drop In und 3 Monkeys, Kärntner Wirt, Ziegenbrocks Mui Bungalows, die Liste ist endlos an Erinnerungen und süßem Leben, aber die Zeiten haben sich geändert und wir sind kritischer geworden ! - das war Samui, Sawadee krap !
Sitting Bull 24.09.15 12:28
Na ja.....
Das halte ich fuer Schoenbetung. Wer die Insel noch vor 13 Jahren kannte , wird sie heute kaum wiedererkennen. Muell an jeder uneinsehbaren Ecke. Eine sich anbahnende Katastrofe der Muellentsorgung durch nicht funktionierende Muellverbrennung. Massiv zu beobachtende Armutszuwanderung aus dem Nordosten und damit verbundenen Umweltprobleme durch staendiges Verbrennen von allerlei Privatmuell. Zunehmende Vergiftung der Umwelt durch Pertizideinsatz. Ein praktisch voellig totes Meer in das munter weiter saemmtliche Abwaesser eingeleitet werden, oft DIREKT am Strand. Totales zubetonieren der Strandbereiche. Massiv ueberhoehte Preise fuer praktisch ALLES. Totale Abzocke im Transportsystem. 700-800 Bhat im Minibus vom Airport bis Lamai sind schweizer Preise. Ich muss, im Gegensatz zu vor ein paar Jahren, fast taeglich stundenlang mein Haus verlassen um nicht durch staendige Berauchung diverser Feuer krank zu werden. Vom allgegenwaertigen Feinstaub und Dieselruss durch den geradezu wahnwitzigen Verkehr mal voellig abgesehen, den Jeder schoen in seinen Ventilatoren selbst sehen kann. Da ist die Luft in Phnom Penh derweil besser. Fazit: Zeit neue Ziele zu suchen. Paradisisch sind maximal noch die ersten 50 Meter landeinwaerts vom Strand. Von Paradiese Island kann sicher keine Rede mehr sein. Diese Insel ist umwelttechnisch gesehen bereits tot. Wildlife nicht mehr vorhanden, die Fauna am sterben. Es wird wohl noch ein paar jahre dauern , bis die zerstoehrung voll sichtbar wird, wie jetzt schon an den Kokospalmen sichtbar. Dann wird die Touristenkarawane weiterziehen. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Die ortsuebliche Ignoranz wird das zu verhindern wissen und Kritiker eher "still machen" als Selbstkritik zu ueben und Aenderungen einzuleiten. Dann wird das Geschrei gross sein und ich kann das Gejammer schon bis Surrathani hoeren.
Shok dii Krap, Samui
Ich glaube eher nicht
Sitting Bull.
Heinz-Ulrich Heinz-Ulrich Stolle 04.09.15 13:23
Sehr objektiver Bericht über die Insel
und sicher sind das auch die Gründe für die meisten von uns, weiter hier zu leben oder die Insel zu besuchen!
Auch ich liebe Ko Samui.
Aber es sollte andererseits auch erlaubt sein, offensichtliche Missstände anzuprangern und dazu eine persönliche Meinung öffentlich zu äussern. Wir sind doch so erzogen worden und was wäre das für ein Demokratieverständnis, wenn man nur noch geduckt über die Strände schleicht.
Respekt für die Gastgeber - aber auch Respekt gegen über den Gästen-
Das ist Grundlage für ein nachhaltiges einvernehmliches Miteinander.

Jürgen Franke 03.09.15 17:52
Herr Gruber,
danke für den Super Bericht. Eigentlich wie immer. So habe ich Koh Samui auch erlebt. Alleine schon die Ankunft mit dem Flieger ist ein Erlebnis. Leider habe ich seinerzeit keine Bleibe gefunden, die uns für den Rest unserer Tage zugesagt hätte. So liebe ich um so mehr jetzt die kurzen Abstecher auf die Insel. Es fällt sicherlich nicht immer leicht, die, teilweise verunglückten, baulichen aber auch menschlichen Veränderungen zu akzeptieren bzw. zu tolerieren. Aber die positiven Aspekte überwiegen eben immer noch.
Jean-Marie Schilling 03.09.15 16:52
Toller Bericht
Hallo, ich finde den Bericht super, war schon 2 mal auf Koh Samui und komme in 1 Woche wieder hin.
Rudhart Boehmer 03.09.15 16:18
Samui lohnt sich......
fuer alle...moechte man Party geht's nach Chaweng, Barleben in Lamai, franzoesische Kueche in Bophut, Ruhe fuer Familie in Maenam und ein beruhigter Einkaufsbummel in Nathon. Strand kann ich mir rund um die Insel aussuchen..ob weisser Sand, felsige Kueste, tiefes Wasser oder seichte Brandung...es ist alles kilometerweit verfuegbar. Nur...man sollte auch Lust haben, sich mal auf der Insel umzuschauen, einfach mal rauszugehen aus dem gemieteten Resort. Auf Samui hast Du alles...topaktuell und modern oder im Charme der 70er oder 80er, Du musst eben nur Dich dorthin bewegen.....Restaurants, Boutiquen, Sehenswuerdigkeiten oder Aktivitaeten alles wie gewuenscht, superteuer oder bei Preisen wie vor zig Jahren, es gibt alles. Seit ich hier lebe, mehr als 20 Jahre, musste ich nie etwas vermissen und konnte dem, was ich nicht mag, immer aus dem Weg gehen ! Nach wie vor eine Trauminsel !
Robert Hackner 03.09.15 11:47
Fernweh
Hallo Herr Gruber, besser hätte man diesen Bericht nicht Schreiben können, denn wenn man nur ein Jahr nicht auf diese Insel kommt, dann bekommt man Fernweh...