Wer hat die Macht im Staat?

 Foto: Orlando Bellini / Fotolia.com
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Margarethe Vestager, EU-Wettbewerbskommissarin, legt sich seit einiger Zeit mit Google, Apple & Co an und macht endlich einen Anfang, den großen Konzernen die für sie wichtigen Regelsetzungen nicht alleine zu überlassen, sondern zumindest zu versuchen, den Primat der Politik wiederherzustellen. Derzeit kursiert die Meldung, dass Apple 13 Milliarden Euro plus Zinsen an Steuern in Irland nachzahlen soll. Sowohl Apple als auch – auf den ersten Blick erstaunlicherweise – die irische Regierung bekämpfen die fraglos richtige Entscheidung der Kommission.

Es ist schon bemerkenswert, wie weit es gekommen ist. Lassen wir uns das jüngste Apple Beispiel auf der Zunge zergehen: Apple hat derzeit auf internationalen Konten ca. 230 Milliarden USD geparkt, Tendenz schnell steigend. Der Konzern schafft sich wie im Beispiel Irland seine eigenen Steueroasen, indem die Steuerhöhe am Ende eines Verhandlungsprozesses steht. Alles völlig legal. Eine Rückführung des Geldes in die USA war bis jetzt nicht geplant, da dort ca. 40 Prozent an Steuern anfallen würden. Tim Cook, der Vorstandsvorsitzende von Apple, hat nach der Irland Entscheidung der EU-Kommission jedoch gönnerhaft angekündigt, nächstes Jahr einen Teil der Gelder zu repatriieren, wenn der Steuersatz stimmt. Die Kommissarin hat nicht nur den Konzern gegen sich, sondern auch die irische Regierung, die ihre Pfründe – auch gerne zu Lasten anderer EU Staaten- gerne behalten möchte.

Besonders in den USA wird derzeit offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen. Auf der einen Seite, der amerikanische Durchschnittsbürger, der weltweit von den US-Steuerbehörden gezwungen wird, seine Einkünfte auf Heller und Pfennig anzugeben und zu versteuern, auf der anderen Seite einige große Konzerne wie Apple, die frech ihre Steuersätze de facto selbst bestimmen.

Das muss sich ändern, denn das Zeitalter der Datenökonomie und Digitalisierung wird in naher Zukunft viele Arbeitsplätze kosten. Wie viele Arbeitsplätze neu geschaffen werden, steht noch in den Sternen. Es ist absehbar, dass Roboter in Kürze nicht nur Hilfskräfte, sondern auch Fachkräfte ersetzen werden. In einigen US-Kanzleien wird bereits mit Computern gearbeitet, die Anwälte ersetzen. Die Möglichkeiten der praktischen Anwendungen sind fast unbegrenzt und branchenübergreifend und reichen vom Taxifahrer bis zum medizinischen Diagnosecomputer, der Behandlungsoptionen vorschlägt.

Wenn allerdings immer mehr Arbeitsplätze in einem sich rasch verändernden wirtschaftlichen Umfeld entfallen, ist es umso wichtiger, die Konzerne zu verpflichten, ihren Beitrag zu leisten. In der Theorie ist dies leicht gesagt, in der Praxis allerdings schwierig umzusetzen. Kompliziert wird die Angelegenheit durch die Eigeninteressen der Staaten. Scheinbar plausible Vorschläge, wie beispielsweise die Ermittlung von Steuern in einem bestimmten Land von Umsatz, Mitarbeiterzahlen und anderen speziellen Kennzahlen des Konzerns abhängig zu machen, scheiterten letztendlich bisher immer an den Eigeninteressen der Staaten. Im oben genannten Apple-Irland-Fall hat die irische Regierung wohl Bedenken, internationale Inves­toren zu verschrecken, wenn sie sich der Entscheidung der EU nicht widersetzt.

Davon abgesehen sollte es zu den zentralen Aufgaben jeder Regierung zählen, ihre jeweiligen Gesellschaften und vor allem jüngere Menschen so gut wie möglich auf das digitale Zeitalter vorzubereiten. In Finnland und Estland beispielsweise zählen Programmierung und Codierung bereits zu den Fähigkeiten, die in der Grundschule erworben werden.

Eins sollte klar sein: Unabhängig davon, ob die Digitalisierung zum Jobkiller wird, oder – wie so oft in der Vergangenheit – andere Aufgaben entstehen, die Anforderungen an den Mitarbeiter der Zukunft dürften sich radikal ändern. Formelle Bildung rückt in den Hintergrund, während die Beherrschung der englischen Sprache sowie Lösungskompetenzen bei jedweden Programmproblemen immer wichtiger werden.

Für den sozialen Frieden in vielen Ländern wird es von großer Bedeutung sein, ob es der Politik gelingt, die Macht im Staate zurückzuerobern und steuerliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die von der Mehrheit der jeweiligen Bürger als gerecht empfunden werden.


Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hongkong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting-Haus, lebt und arbeitet in Hua Hin, Bangkok und Hongkong. Die Kolumne Nachgefragt“ beschäftigt sich vorwiegend mit aktuellen ökonomischen Fragestellungen, die es verdienen, etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden.

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