Wendelstein 7-X erzeugt Wasserstoffplasma

Foto: epa/Stefan Sauer
Foto: epa/Stefan Sauer

GREIFSWALD: Wendelstein 7-X ist eine der weltweit wenigen Experimentieranlagen, die zur Erforschung dienen, um einen beherrschbaren Fusionsreaktor entwickeln und bauen zu können, der selbst die heutige Atomenergie im Schatten stellen wird. Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald baut seit gut 10 Jahren mit internationaler Beteiligung an der äußerst komplexen Anlage. Ähnliche Projekte sind auch das Joint European Torus in Großbritannien, das Iter in Frankreich oder und das Large Helical Device in Japan. Die Anlage in Greifswald ist die drittgrößte und modernste Anlage auf diesen Planeten und die bisherigen Gesamtkosten liegen bei rund einer Milliarde Euro.

Diese Forschung und Technik ist derart kompliziert, dass man eigentlich nur auf das Herzstück der Forschungsanlage eingehen sollte, dem optimierten Stellarator oder auch Sonnenofen genannt. In diesem Sonnenofen will man kontrollierte Verschmelzung von Atomkernen zur Energiegewinnung erforschen, so wie es auf der Sonne jeden Tag verläuft. In der Anlage von Greifswald verschmelzen dazu die beiden Wasserstoff-Sorten Deuterium und Tritium. Dabei entstehe das unschädliche Edelgas Helium und Neutronen, also elektrisch geladene Teilchen. Dessen Energie kann über Dampferzeuger in elektrischen Strom umgewandelt werden. Dabei sind die notwendigen Rohstoffe für den Fusionsprozess praktisch unbegrenzt vorhanden. Deuterium lässt sich leicht aus Wasser gewinnen und Tritium wird aus Lithium gewonnen, das wiederum sehr häufig im Gestein vorkommt. Man errechnete, das bei der Kernfusion von nur einem Gramm beider Stoffe eine derart enorme Energiemenge freigesetzt wird, die dem Brennwert von rund 11 Tonnen Kohle entspricht, wobei es hier weder einen schädlichen Kohlendioxid-Ausstoß gibt oder schädliche radioaktive Abfälle, wie wir es aus herkömmliche Atomanlagen kennen. Die Forscher versprechen sogar Fusionsreaktoren, die keinen Atomgau erreichen können.

Damit es in solch einer Anlage zu einer kontrollierten Verschmelzung von Wasserstoffkernen kommt, muss etwa hundert Millionen Grad heißes Plasma aus den Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium eine Zeit lang mit genügend hoher Dichte eingeschlossen werden. Das versucht man mit dem optimierten Stellarator erreichen zu können, der über eine höchst komplizierte Konstruktion von starken Magnetspulen, den stärksten Magneten auf der Welt und Hitzeschilden verfügt. Die Zielsetzung der komplexen wissenschaftlichen Berechnungen ist es, mit Wendelstein 7-X unter Laborversuchen unbegrenzte Energie wie auf der Sonne erzeugen zu können.

Unbegrenzte Energie - erstmals Wasserstoffplasma erzeugt!

Foto: epa/Bernd Wuestneck
Foto: epa/Bernd Wuestneck

In den ersten Versuchen ist es Wissenschaftlern gelungen, Heliumplasma bei einer Temperatur von sechs Millionen Grad zu erzeugen. Dieses Gas geht leichter in Plasma über als Wasserstoff. Der erste erfolgreiche Versuch, sogar Wasserstoffplasma für eine Viertelsekunde zu erzeugen, wobei in dieser kurzen Zeitspanne ein 2-Megawatt-Puls und eine Temperatur von sagenhafte 80 Millionen Grad erzeugt wurden, ist das Startsignal, um die Erzeugung schrittweise immer weiter zu erhöhen. Bis 2020 ist eine Energieerzeugung von mindestens 30 Minuten geplant. Durch diese neuen Erkenntnisse, sollen ab 2020 die Planungen für den Bau eines kleinen Fusionskraftwerks vorangetrieben werden, um die Zeiträume der Energieerzeugung dann sogar auf mehrere Stunden zu erhöhen. Nach dem bisherigen Wissensstand geht man davon aus, das ab 2030 der erste Fusionsreaktor mit 20 Megawatt Leistung mit Dauerbetrieb gebaut werden kann. Forscher rechnen damit, dass eine tatsächliche industrielle Nutzung, um z.B. eine ganze Stadt mit dieser neuen Energieform zu versorgen, ab 2040 möglich sein wird. Damit wurde ein sehr wichtiger Meilenstein gesetzt, um eine zukünftige und fast unbegrenzte und umweltfreundliche Energieerzeugung zu entwickeln. Praktisch erzeugen 4 Eimer Wasserstoff dieselbe Energie wie 40 Tonnen Kohle.

Um auch weiterhin den technischen Vorsprung zu sichern und um größere Fusionsreaktoren zu entwickeln, wird Wendelstein 7-X weiterhin von der Bundesregierung gefördert. Das Large Helical Device in Japan und Wendelstein 7-X gehören bisher zu den modernsten Anlagen auf den Planeten. Dabei hat man auch nicht den Blick dafür verloren, zukünftige Antriebe für Raumschiffe bis 2040 zu entwickeln, die eine fast unbegrenzt Reichweite hätten und somit tatsächlich das Tor zum All öffnen würden.

Zukünftige mögliche Entwicklungen

Die fossilen Energieträger auf diesen Planeten stehen vor einem längst notwendigen Wendepunkt ihrer Bedeutung, werden doch die Reserven z. B. von Erdöl, Gas und Kohle (zurzeit decken sie noch 75% des weltweiten Bedarfes) nicht auf ewig reichen. Auch sind die Belastungen für die Umwelt an einen sehr kritischen Punkt angelangt. Klassische alternative Energien wie Sonnen-, Wind- und Wasserkraft werden weder den Energiehunger des Planeten noch die fossilen Energieträger ausreichend ersetzen oder kompensieren können. Die Gefahren der Atomenergie sind bekannt, deshalb setzt große Hoffnung auf die Energieträger Wasserstoff (Brennstoffzelle) und auf eine neue Art der Kernfusion mit dem Einsatz von Fusionsreaktoren.

Dies halten Wissenschaftler für umsetzbar:

  • ab 2040 Fusionsreaktoren bis zu 100 MW (=Megawatt)
  • ab 2050 Fusionsreaktoren bis zu 1000 MW
  • ab 2060 Fusionsreaktoren bis zu 2000 MW
  • neue Antriebe für Raumschiffe, Schiffe, Autos und Flugzeuge
  • mobile tragbare Fusionskerne / Batterien
  • ab 2070 Wegfall sämtlicher fossiler Energieerzeugung auf der Erde
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P.I.N.O MAERZ 22.08.17 21:22
Schade
das wir diese zeit nicht mehr erleben, wenn eine absolut saubere und unbegrenzte energie zur verfügung steht, und die fossillen Brennstoffe ablöst, denn noch sind wir in der Steinzeit, Energie durch Verbrennung.