Was wäre ein Thai-Leben ohne Seifenoper?

Was wäre ein Thai-Leben ohne Seifenoper?

Seifenopern in Thailand führen oft dazu, dass Mütter schon am frühen Morgen vorm Fernseher sitzen, statt den Kindern ein Frühstück zu bereiten. Dem Ministerpräsidenten sind diese Soap-Operas ein Dorn im Auge. Er forderte die Medien-Verantwortlichen dazu auf, sich wichtigerer Themen anzunehmen als diese Schmonzetten, die mit der Wirklichkeit der Thais und ihrem Alltag kaum etwas zu tun haben.

Seiner Meinung nach sollten Patriotismus und thailändische Geschichte im Vordergrund stehen. Aus seiner Sicht mag das verständlich sein, aber den Thais gefallen diese Liebesgeschichten voller Streit und Eifersucht und Happy End. Massenweise fließen die Tränen, wenn er sie betrügt, wenn sie es erfährt, ihn damit konfrontiert, wenn er sie dann verprügelt und wenn schließlich auf wunderbare Weise alles sich zum Guten wendet. Thailife im Fernsehen und meistens in einem Milieu, das sich nur die wenigsten Einwohner leisten können. Aber es bestimmt trotzdem die Träume der einfachen Leute, auch wenn sie wissen, dass diese niemals wahr werden.

Das Fernsehen hat hier in Thailand eine weitaus größere Bedeutung als bei uns in Europa, da es vor allem für die Menschen auf dem Lande häufig die einzige Abwechslung in ihrem Alltag bedeutet. Neben den Soap-Operas sind es die Isaan-Shows, die immer nach dem gleichen Muster gestrickt sind, an denen Hunderttausende sich delektieren. Auch hier in Pattaya sind sie oft live zu bewundern und locken Tausende Besucher an. Sie treffen damit genau den Geschmack und den Humor der Zuschauer, denen man nicht mit Satire kommen darf, weil sie dafür so wenig Verständnis haben wie für unsere Vorliebe für Käse. Ich vermute, der Ministerpräsident wird noch einiges in diesem Land bewegen, aber die Seifenopern werden ihn ganz bestimmt überleben. Und auch die Ladyboys, die in fast jeder Show vorkommen. Wie oft haben hiesige Politiker schon dagegen gewettert. Immer vergeblich. Diese Boys, die als bildschöne Mädchen daherkommen, sind bei den Thais so beliebt, weil Schönheit alles andere für sie überdeckt. Nicht nur sie, auch viele Farangs sagen: Diese Ladyboys sind die schönsten Frauen. Trotzdem leiden viele unter Vorurteilen, finden keinen Job, und landen in der Prostitution oder in der Kriminalität. Täglich sammelt die Polizei etliche von ihnen an der Beach Road ein, bringt sie aufs Polizei-Revier, kassiert und lässt sie wieder laufen. Und die Wenigen, die das Glück haben in den diversen Revuen aufzutreten, verdienen in der Regel so wenig, dass sie sich häufig den Farangs anbieten. Wer will es ihnen verdenken? Auch sie wollen etwas von dem Zauber, den sie auf der Bühne verbreiten, selbst erleben, zumindest für einige Zeit. Manchen gelingt es, einen Farang zu angeln, der ihnen ein Leben in Luxus erlaubt. Aber mit dem Verblühen der Jugend endet meistens auch dieses Glück. Dann bleibt als letzter Anker nur noch die Großfamilie, wo sie die Rolle des Kindermädchens einnehmen können, während die Eltern auf dem Reisfeld arbeiten.

Nicht jeder wird mit einem goldenen Löffel im Mund geboren und nicht jeder in einem Körper, der zu ihm passt. Aber am Ende bleibt die Seifenoper, die alle Thais und ihre Träume mit dem Leben versöhnt.

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