Wählen, ja oder nein…?

Wählen, ja oder nein…?

...diese Frage richtet ein Expat an die Leserschaft:

In diesem Jahr ist es mal wieder soweit. Am 24. September 2017 findet in Deutschland die Bundestagswahl statt. Man kann teilnehmen, da es eine allgemeine Wahlpflicht gibt, die allerdings, einer Demokratie angemessen, nicht von jedem/r wahrgenommen wird. Eine Nichtteilnahme zieht aber keine Strafe nach sich.

So man denn wählen möchte, hat man zwei Möglichkeiten, die hinlänglich bekannt sind. Man geht in das Wahllokal, das in dem Bezirk steht, wo man Zuhause ist, lässt sich registrieren, gegen Vorlage des Personalausweises und geht in die Kabine zur geheimen Abstimmung.

Die andere bekannte Möglichkeit ist die Briefwahl. Diese Briefwahl kommt für die Deutschen infrage, die im Ausland zum Zeitpunkt der Wahl sich aufhalten oder, wie viele in Thailand, permanent hier wohnen, an der Wahl aber teilnehmen möchten. Sie erhalten von der Deutschen Botschaft in Bangkok die Briefwahlunterlagen und diese werden auch wieder dahin zurückgeschickt, wenn das Wahlkreuz hinter der gewünschten Partei gemacht wurde. Das stellt sich aber gar nicht so einfach dar, da sich in Deutschland insgesamt 42 (!) Parteien zur Wahl stellen. Die großen Parteien, die die Wahlen immer gewinnen und die kleineren Parteien, die auch permanent in der Presse erwähnt werden, die kennt man und deren Politiker/innen. Kennt man denn ­die übrigen 36 Kleinparteien auch? Haben die überhaupt eine Chance auf einen Sitz im Bundestag? Theoretisch ja, es ist eine demokratische Wahl und jeder hat eine Chance. Aber mal ehrlich, ist eine Partei unter dem Namen „Bergpartei“ oder „Die Urbane“ oder „V-Partei3“ allen Wählern bekannt und haben die auch eine Chance? Wohl weniger.

Der an der Wahl inte­ressierte Expat wird sich jetzt überlegen, was habe ich früher in Deutschland gewählt? Er wird sich, auf Grund der Vielfalt der Informationsmöglichkeiten, ein Bild von Deutschland machen und der Politik, die die einzelnen Parteien in ihrem jeweiligen Wahlprogramm schriftlich zusammengefasst haben. Mit all diesen Informationen kann sich der Expat jetzt ein Urteil bilden und für sich entscheiden, was er denkt, was die richtige Wahl für Deutschland ist. Dabei könnte es einen inneren Konflikt geben. Der Expat lebt in Thailand und nicht in Deutschland. Das bedeutet, er nimmt an einer Wahl teil, die die Politik der nächsten vier Jahre bestimmen wird, in dem Land, in dem er überhaupt nicht mehr lebt. Wenn er sich dann auch noch in Deutschland, vielleicht vor Jahren schon bei seiner Gemeinde abgemeldet hat, besteht an sich überhaupt kein Bezug mehr zu Deutschland.

Aus dieser Konstellation ergibt sich die Frage: ist es richtig, wenn ein Expat an der BTW teilnimmt? Jede Stimme zählt, wie die Politiker/innen immer betonen, das bedeutet, auch die der Expats. Die stimmen damit allerdings über etwas ab, was sie gar nicht leben müssen. Egal, welche Partei regiert, die Rente wird überwiesen, es geht also bei der Wahl um deutsche interne Bestimmungen, Gesetzgebungen, Vorgaben, Änderungen und was auch immer. Den in Thailand lebenden Expat betreffen diese Dinge nicht.

Unter Berücksichtigung dieses Standpunktes muss man sich die Frage stellen, soll ich als Deutscher, schließlich habe ich ja einen deutschen Pass, an der BTW teilnehmen? Man gibt eine Stimme ab, muss mit den Folgen und/ oder Konsequenzen, die sich daraus in Deutschland ergeben, aber überhaupt nicht leben. Die Expat-Stimme bestimmt das Leben derer, die innerhalb der Grenzen Deutschlands leben. Ist das fair? Die Entscheidung, wählen, ja oder nein, muss ein/e jede/r für sich selbst beantworten. Dazu wünsche ich jedem Expat ein glückliches Händchen, wie man so sagt.

Ingo Kerp, Korat

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Jürgen Franke 06.09.17 21:23
Lieber Jack, grundsätzlich hat jedes Land die
Regierung, die es verdient. Das Problem in einer Demokratie ist jedoch immer, dass die wahlberichtigten Personen sich nicht umfassend informieren. Der Brexit ist genau so ein misslungenes Beispiel, wie die Präsidentenwahl in den USA. Aber damit werden die Menschen leben müssen.
Norbert Kurt Leupi 06.09.17 20:00
Wählen gehen , Ja oder Nein ?
In diesem Fall meine ich : Mann kann nicht auf den Zug aufspringen , wenn er schon abgefahren ist ! Denn der Endbahnhof heisst wahrscheinlich und leider wieder : CDU/CSU/SPD !
Marcel Edouard Petter 05.09.17 11:07
Friedrich Kostal
Nach dem Lesen, natürlich! Ich schätze den "der Farang" auch sehr.
TheO Swisshai 05.09.17 10:51
@ Ingo Kerp / Wer soll wählen ?
Bei der BTW sollen die deutschen Staatsbürger, die Vertreter ihrer politischen Ansichten und Gesinnung wählen. Die ca. 5-6 Mio.Auslanddeutschen haben damit die Möglichkeit, jemanden in den Bundestag zu wählen, der die Ansichten und Anliegen der Auslanddeutschen vertritt und ihnen in ihrem Heimatland, Gehör verschafft. Sie jedoch Herr Kemp, sind der Meinung, es sollen nur diejenigen wählen, die es betrifft, also nur solche, die auch wirklich in Deutschland leben. Sie behaupten sogar, das einige Expats an und für sich, gar keinen Bezug mehr zu Deutschland hätten. Nun Herr Kemp, ich glaube Sie liegen da in jeder Beziehung falsch. Zum Einen weil ich der Ansicht bin, dass solange jemand einen deutschen Pass besitzt, er/sie auch eine Beziehung zu Deutschland hat. Zum Anderen, weil man nach Ihrer Logik, statt den Auslanddeutschen, konserquenterweise den in D lebenden Ausländern das Wahlrecht geben müsste, da diese ja stattdessen dort leben und von der Politik der zur Wahl stehenden Bundestagsabgeordneten viel mehr betroffen sind. Oder sehe ich das falsch ?
Jürgen Franke 04.09.17 22:32
Sorry Herr Petter, dass ich erst jetzt dazu komme,
auf Ihre netten Zeilen zu antworten. Aber heute war bei mir ein großer Skype-Tag, weil viele Freunde unbedingt berichten wollten, was sie von dem Fernseh "Duell" gehalten haben. Da Skypen kostenlos ist, machen meine Freunde und Bekannte davon immer regen Gebrauch. Es ist auch schöner, da man sich nicht nur sprechen sondern wieder einmal sehen, und mich aber auch neidisch machen kann, auf die Flasche Wein, die sie dabei trinken. Aber jetzt zu Ihren Zeilen: Nach reiflicher Überlegung habe ich mir Patong als Ruhesitz ausgewählt. Bis 2014 war ich lediglich in den Wintermonaten hier, übrigens auch am 26.12.2004 Aber das ist ein andere Geschichte. Vor allen Dingen genieße ich die ganzjährige Wärme in diesem Land. Hier habe ich eine große Wohnung in einer Hotelanlage und blicke direkt aus luftiger Höhe auf den Andamanen See, 300 Meter vom Strand. Alle wichtigen Geschäfte sind fußläufig zu erreichen. Obwohl man zwar nie weiß, was die Zukunft noch für Überraschungen für einen hat, kann ich mir eine Bedingung nicht vorstellen, die eine Ortveränderung erforderlich machen würde. Und schon gar nicht nach Deutschland. Da ich in meinem beruflichen Leben sehr viel unterwegs sein mußte, macht mir heute das Fliegen auch nicht mehr so viel Spaß. Sofern Sie Auswanderungspläne haben, können Sie mich gerne wieder kontaktieren.
Marcel Edouard Petter 04.09.17 18:04
Jürgen Franke
Ich weiss nicht, ob Sie das überhaupt noch lesen werden, bei mir wandert "der Farang" meist ziemlich schnell im Papierkorb! Ich habe eigentlich gar nicht in erster Linie an Krankheit gedacht. Die Bedingungen über den Aufenthalt könnten ändern, die familiäre Situation hier könnte sich ändern und es gibt sicher weitere Szenarien, die ich mir gar nicht ausmalen will.
Jürgen Franke 03.09.17 22:16
Lieber mar rio, ich hatte Herr Petter
angesprochen, weil ich die Zeilen so verstanden habe, dass es ihm um eine ärztliche Versorgung ginge. Eingehend auf Ihre Zeilen darf ich Ihnen versichern, dass es für mich keine Veranlassung gäbe, aus heutiger Sicht, nach Deutschland zurückzukehren. Ich habe meinen letzten Lebensabschnitt so gestaltet, dass es mir hier in Thailand an nichts fehlt. Mit meiner Familie und Freunden bin ich täglich per Skype verbunden und in den Wintermonaten kommen sie mich regelmäßig abwechselnd besuchen.
Jürgen Franke 03.09.17 20:10
Herr Petter, obwohl es hier um die Wahl geht,
erlaube ich mir, Sie direkt anzusprechen, da mich Ihre Zeilen etwas irritiert haben. Sie schreiben von Schicksalen, die einem zustoßen, und zur Folge haben könnten, in die Heimat "verfrachtet" zu werden. Aus diesem Grund möchte ich lediglich darauf hinweisen, dass die Krankenhausversorgung in Thailand recht gut ist. Wegen einer Krankheit möchte ich nicht nach Deutschland verfrachtet werden.
Marcel Edouard Petter 03.09.17 17:00
Wählen Sie, Herr Kerp!
Keiner kann in die Zukunft schauen. Auch wenn Sie fest vorhaben, Ihren Lebensabend hier in Thailand zu verbringen, das Schicksal kann schnell und hart zuschlagen und schon wird man in die alte Heimat verfrachtet. Ich hoffe für Sie und auch für mich, dass dies nie eintreffen wird, aber eine absolute Sicherheit haben weder Sie noch ich.