Ich kenne viele Thais – nach fast 30 Jahren in diesem Land sicher nicht verwunderlich – die haben alles, nur kein Geld. Vom Smartphone bis zum neuesten Tablet verfügen sie über die aktuelle Technik und beherrschen sie sogar. Nur über Geld herrschen sie nicht.
Sie geben es aus, so wie sie es bekommen. Sie haben nie gelernt, mit Geld umzugehen, weil sie das ja auch nicht hatten. Sparen ist für sie ein Fremdwort. „Wenn morgen kein Geld eingeht, dann leihe ich es mir von meinen Freunden. Buddha oder irgendein guter Geist wird schon dafür sorgen, dass neues Geld ins Haus kommt.“ Stets gilt: Hauptsache, ich bin online, vernetzt und stets erreichbar. Hinzuzufügen wäre: Und auf der technischen Höhe der Zeit.
Ob diese Haltung auch bei den jungen Leuten auf dem Lande verbreitet ist, vermag ich nicht zu sagen. Wenn, dann sicher nicht in der extremen Ausprägung wie in den Touristenzentren:
„Wenn Freunde eine App haben, die ich noch gar nicht kenne, fühle ich mich blamiert“, sagt Don, der gerade keine 30 Baht hat, um sich in der Garküche gegenüber eine kleine Mahlzeit zu kaufen. Letzte Woche hat er 10 Lotterielose gekauft, aber nichts gewonnen. „Nächste Woche gewinne ich garantiert. Ich habe die Gewinnzahlen schon geträumt.“
„Und wo nimmst du das Geld her?“ Er schüttelt den Kopf. „Wird schon kommen.“ Er hat keinen festen Job. Ich habe keine Ahnung wovon er lebt, ob er sich prostituiert oder mit Drogen handelt. Er lebt und scheint mit seinem Leben zufrieden zu sein.
Ganz im Gegensatz zu Fon. Der ist Thai-Chinese, lebt allein, spart jeden Baht, hat einen festen Arbeitsplatz und besucht nebenbei eine weiterführende Schule.
Und da fragt man sich doch: Was unterscheidet die Thais von den Thai-Chinesen? Tatsache ist, dass fast alle großen Firmen in diesem Land in den Händen von Thai-Chinesen sind. Ihre Arbeitnehmer sind die Thais. Vielleicht sind sie ja wirklich die glücklicheren Menschen, die sich keine Sorgen um die Zukunft machen. Oder wie es im Neuen Testament heißt: „Sehet die Vögel unter dem Himmel an. Sie säen nicht, sie ernten nicht. Sie sammeln nicht in den Scheunen und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“
Das kommt der thailändischen Mentalität sehr nahe. Sie wollen leben, jetzt, heute, sabaidee. Wer sich Sorgen macht um morgen, verplempert sein Leben.
Dennoch darf man wohl anmerken, auch die Thais sind keine Vögel und keine Lilien, wie es in Matthäus 6/28 heißt: „Sie wachsen, sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht.“ Für einen Preußen wie mich ist das schwer nachvollziehbar. Hätte ich nicht schon früh eine Lebensversicherung abgeschlossen, stets in die Rente einbezahlt, von was hätte ich heute hier in Thailand leben sollen? Etwa wie jene Einwanderer, die von einer Minirente leben müssen und sich, wenn es nicht mehr reicht, aus dem Fenster stürzen? Nein, ich bin und bleibe meiner preußischen Erziehung treu: Sparsam, zuverlässig, ehrlich und pünktlich. Wenn ich mal versuche, dagegen zu handeln, habe ich sofort ein schlechtes Gewissen.
Trotzdem: Meine Sympathie gehört der thailändischen Lebenseinstellung. Sie ist optimistisch, positiv eingestellt und stets bereit, zu geben und zu nehmen, weil ihr Glaube ihnen sagt: Alles was man gibt kommt vielfach zurück, wenn nicht jetzt, dann im Jenseits.
Als alter Theaterhase kann ich nur sagen: Toi, toi, toi!
Die Eltern meiner Frau (*1976) brachten in der Gegend von Khon Kaen 9 Kinder zur Welt. 2 blieben dort auf der Landwirtschaft als die Familie westlich von Nakhon Sawan eine Landwirtschaft erwarb. 2 Brüder haben in der Gegend auch eine Landwirtschaft, usw.
Nachdem ihr Mann sie mit 2 Kinder sitzen gelassen hatte lernte sie in einem Tempel in Chonburi massieren, auch Ihre 2 Jahre ältere Schwester (geboren als Bub). Zusammen gingen sie nach Tschechien und arbeiteten in renommierten Kurbetrieben, ordentlich bezahlt und mit einem Gratisheimflug pro Jahr. In den 8 dort verbrachten Jahren kauften beide sich etliche Reis Land dazu. Die Schwester auf der Farm bekam 2 Schlaganfälle hintereinander und wurde Pflegefall. Ihr Mann starb in der Folge. Wir heirateten und bekamen Sylvester 2013 unseren Sohn. Massage-Farm-Ladyboy ging zurück, betreibt die Landwirtschaft mit Taglöhnern, pflegt die Schwester, ist notfalls für die Mutter (82, von der Arbeit krumm und sonst fit) da und kümmert sich um die beiden Töchter. Eine hat inzwischen 4 Semester Uni und die jüngere ist auf der Mittelschule.
In CZ hatte ich meine Verlobte gefragt, wieviel sie monatlich heim schickt. Die ersten Monate sagte sie mir nicht, ich solle was überweisen. Sie zahlte. Jetzt zahle ich monatlich 25% weniger als früher ausgemacht.
Wir kamen vor 2 Tagen zurück und frieren. Nach mehr als 2 ein halb Jahren Heimatferne hat meine Frau in fünf Wochen reichlich gegeben. Sie und mein Sohn und in den letzten 2 Wochen dazu gekommen auch ich haben aber auch viel bekommen. Natürlich wurde unser Farang-Thai-Bub dauernd angehimmelt. Jetzt ist er noch freundlicher als vorher. Wer ihn bei Aldi, usw. anschaut ob alt ob jung wird von ihm angestrahlt.
Manche lächeln zurück, manche sind verwundert und manche schauen grantig betreten weg.
Das Geben und Nehmen in Thailand mag ich sehr!
Danke, mit Grüßen von einem arschkalten 1. Mai, Wilhelm Fitz