Volkswagen und sein «Brot- und Buttergeschäft»

Foto: epa/Jan Woitas
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BERLIN (dpa) - Die «Dieselkrise», wie der Skandal inzwischen bei VW heißt, scheint weit weg. Die Weltpremiere eines neuen Autos ist für jeden Top-Manager ein Feiertag, bei Volkswagen in diesen Zeiten erst recht. VW-Markenchef Herbert Diess ist sichtlich entspannt und strahlt, als er am Freitag in Berlin den neuen Polo vorstellt. Mit der sechsten Auflage des Kleinwagens setze VW «neue Standards», der Polo spiele künftig in einer anderen Liga. «We will make the brand shine again», sagt Diess vor dem internationalen Publikum - die Marke soll wieder «glänzen».

Doch der Abgas-Skandal mit seinen Milliarden-Belastungen ist noch längst nicht vorbei. Immerhin: Auch bei VW sprechen sie seit einiger Zeit nun offiziell von einer «Dieselkrise», nicht mehr von der «Dieselthematik». Im Zentrum der Krise steht vor allem die Kernmarke des Konzerns, die Marke VW mit Modellen wie dem Golf und dem Polo.

Diess hat auch so große Aufgaben: Er muss die Ertragskraft der Marke steigern und den grundlegenden Wandel hin zu mehr alternativen Antrieben bewerkstelligen. Und dann ist da noch das arg ramponierte Image des Diesels. Die Nachfrage nach neuen Diesel-Fahrzeugen ist im Sinkflug, die Kunden angesichts immer neuer Berichte über erhöhte Abgaswerte offensichtlich verunsichert. Nach Stuttgart drohen nun auch in München Fahrverbote.

Doch Deutschland ist Diesel-Land, die Hersteller bangen um die Zukunft der Technologie, an ihr hängen Tausende Jobs. Für die Autoindustrie ist der Diesel alles andere als tot.

Der neue Polo, der im Herbst auf den Markt kommen soll, hat serienmäßig einen SCR-Katalysator an Bord, dieser senkt mit einer Harnstofflösung den Stickoxid-Ausstoß - um genau den Ausstoß des gesundheitsschädigenden Stickoxids geht es bei der aktuellen Diesel-Debatte. Der Polo sei «extrem sauber», behauptet Diess.

Zwar liegt beim Polo der Absatz-Anteil von Dieselfahrzeugen laut VW aktuell bei nur etwa 15 Prozent. Die Autoindustrie aber braucht generell den Selbstzünder - auch, um künftig strengere Grenzwerte der EU beim Ausstoß des «Klimakillers» CO2 einhalten zu können. Diesel stoßen aus Branchensicht bei vergleichbarer Motorleistung weniger CO2 aus als Benziner. Und die Nachfrage nach E-Autos ist nach wie vor gering - eine Elektroversion des Polo soll es nicht geben.

Eine Schlüsselrolle bei dem ganzen Thema spielen die sportlichen Geländewagen (SUV), die einen weitaus höheren Diesel-Anteil haben als Kleinwagen wie der Polo. SUV sind die Verkaufsschlager schlechthin der Branche in den vergangenen Jahren. Zwar sind Autos wie Golf und Polo das «Brot- und Buttergeschäft» von VW, es sind Bestseller und Fahrzeuge, für die das Unternehmen immer noch ganz wesentlich steht. Und mit dem neuen Polo will VW vor allem auch international punkten - in Märkten wie Brasilien und China, wie Diess sagt.

Doch die Gewinne besonders im Kleinwagengeschäft sind niedrig. Das dicke Geld macht die Branche mit den SUV. Branchenexperte Frank Schwope von der NordLB spricht mit Blick auf das Kleinwagengeschäft von einem «Beiwerk zum Ergebnis». Aber: «Man darf nicht vergessen, dass es gerade bei jungen Käufern und bei Zweitwagenkäufern ein wichtiges Instrument zum Einstieg in eine Marke und damit zur Kundenbindung ist.»

Bei den Wachstumszahlen allerdings dominiert das SUV-Segment. «Die Bedeutung des klassischen Kleinwagengeschäfts der Marke VW-Pkw ist deutlich geschrumpft», sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Und VW habe im Kleinwagensegment bisher noch eine klare Lücke, nämlich keinen SUV. Das allerdings soll sich ändern - im kommenden Jahr wird ein Polo-SUV erwartet. Und in Berlin bekräftigt Diess die Pläne von VW: Der SUV-Anteil soll massiv erhöht werden.

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