Vier Festnahmen seit Verschärfung der Reisehinweise

Istanbul. Foto: epa/Staton R. Winter
Istanbul. Foto: epa/Staton R. Winter

BERLIN (dpa) - Die türkische Regierung hofft nach zwei Jahren Flaute auf einen neuen Touristenboom aus Deutschland. Sie ärgert sich aber über fortbestehende Warnungen des Auswärtigen Amts an deutsche Reisenden. Die Gründe dafür sind offensichtlich nicht verschwunden.

Seit der Verschärfung der Reisehinweise für die Türkei im Juli 2017 sind dort vier deutsche Staatsbürger aus politischen Gründen festgenommen worden. Nach einer Antwort des Auswärtigen Amts auf eine Anfrage der Linksfraktion ist einer von ihnen bis heute in Haft. Mindestens 67 Deutschen wurde im selben Zeitraum die Einreise in die Türkei verweigert. «Vor der Rückführung nach Deutschland befanden sich die Betroffenen mehrere Stunden bis wenige Tage in Gewahrsam», heißt es in einem Schreiben von Staatsminister Michael Roth an den Bundestagsabgeordneten Stefan Liebich, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Das Auswärtige Amt warnt seit dem 20. Juli vergangenen Jahres vor willkürlichen Festnahmen in allen Regionen der Türkei inklusive touristischen Gebieten. Zudem könne es vorkommen, dass Reisenden aus Deutschland an türkischen Flughäfen die Einreise ohne nachvollziehbaren Grund verweigert werde, heißt es in den damals geänderten Reisehinweisen, die bis heute gültig sind. Auslöser für die Verschärfung war die Festnahme des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner, der inzwischen genauso wie der prominenteste Häftling - der Journalist Deniz Yücel - wieder freigelassen wurde.

Die Gründe für die Verschärfung der Reisehinweise blieben auch in der Folgezeit bestehen. Allerdings ist die Frequenz der Festnahmen zurückgegangen. Im ersten Jahr nach dem gescheiterten Putschversuch zwischen Juli 2016 und Juli 2017 gab es laut Auswärtigem Amt 24 Festnahmen aus politischen Gründen. In den siebeneinhalb Monaten danach nur noch vier. 24 der Festgenommenen sind nach Angaben des Ministeriums wieder auf freiem Fuß, vier sind immer noch in Haft.

Der Linken-Außenexperte Stefan Liebich warnte angesichts der Zahlen vor einer Entschärfung der Reisehinweise: «Wie willkürlich die Festnahmen von 28 deutschen Bürgern seit dem Putsch 2016 gewesen sind, zeigt der Fakt, dass 24 von ihnen, darunter Deniz Yücel, ohne den Abschluss eines Strafverfahrens wieder frei sind», sagte er. «Die politische Situation in der Türkei hat sich nicht verändert.»

Die türkische Regierung hofft dagegen seit der Freilassung des «Welt»-Korrespondenten Yücel Mitte Februar auf eine Entschärfung der Reisehinweise und auf einen neuen Schub für das Tourismusgeschäft. Das machte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bei seinem Treffen mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel am Dienstag in Berlin und bei einem Besuch der Internationalen Tourismusbörse (ITB) am Mittwoch deutlich.

«Die aktuelle Reisewarnung entspricht nicht der Realität in der Türkei. Und sie spiegelt auch nicht die aktuellen bilateralen Beziehungen wieder», sagte er. «Die Türkei ist nicht weniger sicher als viele europäische Länder. Antalya und Istanbul sind nicht weniger sicher als Paris, Berlin, Brüssel oder viele andere Ziele in Europa.»

Cavusoglu hat seinen Wahlkreis in Antalya, der unter deutschen Touristen beliebtesten türkischen Urlaubsregion. Der Außenminister erwartet in diesem Jahr wieder mehr als fünf Millionen deutsche Touristen in der Türkei. «Ich sehe einen gewaltigen Anstieg», sagte er. Rekordzahlen wie die 5,6 Millionen von 2015 könnten bis Ende 2018 wieder erreicht werden. Im vergangenen Jahr lag die Zahl der Türkei-Besucher aus Deutschland angesichts von Terrorgefahr und Festnahmen deutscher Staatsbürger bei nur 3,6 Millionen.

Am Donnerstag gibt der türkische Tourismusminister Numan Kurtulmus eine Pressekonferenz auf der ITB.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.