Verhaltene Meisterparty in München - HSV, Wolfsburg und Mainz zittern

Münchens Spieler und Münchens-Trainer Carlo Ancelotti (M) jubeln nach dem Spiel. Foto: Swen Pförtner/Dpa
Münchens Spieler und Münchens-Trainer Carlo Ancelotti (M) jubeln nach dem Spiel. Foto: Swen Pförtner/Dpa

DÜSSELDORF (dpa) - In beeindruckender Manier hat Bayern München vorzeitig seine 27. deutsche Fußball-Meisterschaft gewonnen. Doch nicht einmal die Clubbosse sind sich angesichts der verpassten höheren Ziele einig bei der Bewertung des fast programmierten Erfolgs auf nationaler Ebene. «Das ist nichts Normales, das ist schon etwas Außergewöhnliches», betonte Karl-Heinz Rummenigge nach dem 6:0 beim VfL Wolfsburg - und ergänzte: «Wir haben nicht den arroganten Anspruch, jedes Jahr das Triple zu gewinnen». Präsident Uli Hoeneß geriet nicht ganz so ins Schwärmen wie der Vorstandschef und gestand: «Auf die Dauer ist ein Titel schon ein bisschen wenig für uns.»

Zwar war die Meisterschaft Balsam auf die Bayern-Seele. Doch auch der am Saisonende scheidende Kapitän Philipp Lahm ließ durchblicken, dass er das Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen Real Madrid und das Halbfinal-Scheitern im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund nicht ganz verwunden habe. «Die Saison war okay mit einem Titel. Aber dass wir uns mehr vorgenommen haben, ist auch klar.»

Wie schon in den vergangenen Jahren ist der Kampf um die restlichen Europapokalplätze und um den Klassenverbleib spannender als das entschiedene Titelrennen. Während RB Leipzig trotz des mageren 0:0 gegen den FC Ingolstadt Platz zwei kaum noch zu nehmen sein dürfte, steht im Ringen um die direkte Qualifikation für die Champions League am Samstag ein (fast) echtes Finale an: Im Duell des Tabellenvierten Borussia Dortmund mit den um einen Punkt besseren Hoffenheimern könnte sich entscheiden, wem im Sommer der unbequeme Umweg über die Qualifikationspartien für die Königsklasse erspart bleibt.

Beim 0:0 gegen Köln verspielte der BVB eine bessere Ausgangsposition im Kampf um Platz drei und ermöglichte es Hoffenheim, am Sonntag wieder vorbeizuziehen. Borussias Coach Thomas Tuchel demonstrierte dennoch Zuversicht: «Es gibt keinen Grund, sich die Laune vermiesen zu lassen. Wir haben die Form und die Mentalität, uns einen Heimsieg gegen Hoffenheim zuzutrauen. Wir werden bereit sein.»

Tuchels Kollege Julian Nagelsmann weiß aber sehr genau, was der 1:0-Last-Minute-Sieg gegen den Pokalfinalisten Eintracht Frankfurt wert war. Er wähnt sein Team nun auch psychologisch im Vorteil. «Ich glaube bei aller Bescheidenheit, dass der Druck bei Dortmund liegt», erklärte der 29-Jährige. Schon mit einem Remis würde 1899 Platz drei erfolgreich verteidigen und hätte weiter alles selbst in der Hand.

Ein Herzschlagfinale deutet sich auch im Kampf gegen den Abstieg an. Nach dem blamablen 0:4 am Sonntag beim FC Augsburg ist der Hamburger SV auf den Relegationsrang zurückgefallen. Der VfL Wolfsburg (Platz 15) und der FSV Mainz 05 (14) haben wie Hamburg 33 Zähler, aber die wesentlich bessere Tordifferenz als Trumpf im Saisonendspurt.

Selbst der direkte Absturz in Liga zwei ist für das Trio noch möglich. Zwar hat der Tabellen-17. Ingolstadt mit vier Zählern Rückstand auf Platz 16 weiter die schlechtesten Aussichten, doch in Hamburg, Wolfsburg und Mainz hat das große Zittern begonnen. Ungeachtet dessen verbreiten die Protagonisten Zuversicht.

«Ich weiß, dass unsere Mannschaft gute Nehmerqualitäten hat, um dann wieder da zu sein, wenn es darum geht», sagte HSV-Trainer Markus Gisdol vor dem Showdown gegen Mainz am kommenden Sonntag. FSV-Coach Martin Schmidt fühlt sich mit seiner Elf trotz des 1:2 gegen Mönchengladbach ebenfalls gerüstet: «Der Abstiegskampf beginnt jetzt erst richtig. Jedes Spiel, in dem du nicht punktest, macht die Arbeit schwerer.» Gut möglich, dass es angesichts der Konstellation am letzten Spieltag erste zum alles entscheidenden Abstiegsgipfel zwischen dem HSV und Wolfsburg kommt.

Sogar das vor der Saison als Champions-League-Anwärter gehandelte Team von Bayer Leverkusen ist nach dem desaströsen 1:4 gegen Schalke 04 mit 35 Punkten als Tabellenzwölfter mittendrin im dramatischen Geschehen. Zwar spricht Sportchef Rudi Völler dem glücklosen Tayfun Korkut eine Jobgarantie bis zum Saisonende aus, doch die Tendenz und Form sprechen nicht gerade für Bayer. Laut Völler sollen für die restlichen Partien nun «die Spieler herausgefiltert werden, die dem Druck gewachsen sind».

Wie ein Schneckenrennen ist auch der Kampf um die Europa-League-Plätze. Der Kandidatenkreis reicht vom Tabellenfünften bis zum Elften aus Frankfurt. Den maximalen Rückenwind für den Schlussspurt hat Werder Bremen. Die Norddeutschen sind dank ihrer fast unglaublichen Bilanz als zweitbestes Rückrundenteam auf Rang sechs gerauscht. «Wir haben unser wichtigstes Ziel, den Klassenerhalt, erreicht. Alles, was jetzt noch kommt, ist Bonus», sagte Trainer Alexander Nouri entspannt.

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