Trumps turbulenter Start

Foto: epa/Aude Guerrucci
Foto: epa/Aude Guerrucci

WASHINGTON (dpa) - Donald Trump hat viel geredet, viel getwittert und jede Menge Dekrete unterschrieben in den ersten beiden Monaten seiner Präsidentschaft. Erreicht hat er bisher nicht besonders viel - er hat einiges eingerissen, aber kaum etwas aufgebaut.

Sein Vorzeigeprojekt Einreisestopp ist im juristischen Nirgendwo gefangen, der Mauerbau an der Grenze zu Mexiko hat noch längst nicht begonnen und - viel schlimmer: Seine Glaubwürdigkeit leidet jeden Tag mehr. Die Affäre um russische Hacker und falsche Anschuldigungen gegen seinen Vorgänger Barack Obama lasten immer schwerer auf Trump.

Politische Gegner holen in ihrer Aufregung über den unkonventionellen Auftritt das ganz scharfe Schwert heraus: Impeachment - Amtsenthebung. Wohlwissend, dass es bis dahin ein ganz weiter Weg ist. Selbst die demokratische Opposition im US-Kongress hält ein Amtsenthebungsverfahren im gegenwärtigen Stadium gegen Präsident Trump für bloße Utopie. «Es gibt gute Gründe für Unzufriedenheit und Sorge über die Amtsführung des Präsidenten, aber das ist kein Grund für eine Amtsenthebung», sagte Nancy Pelosi, Oppositionsführerin im Abgeordnetenhaus und parlamentarisches Urgestein in Washington.

Die demokratische Stimme des Volkes, mit der Trump am 8. November 2016 gewählt worden war, hat ein enorm großes Gewicht im politischen System der USA. Ein vergleichsweise einfaches Misstrauensvotum, wie im deutschen Parlamentssystem, ist nicht vorgesehen. Unzufriedenheit reicht nicht aus, um Trump vor Ablauf von vier Jahren loszuwerden. Man müsste ihm kriminelles Handeln vorwerfen - und vor allem: nachweisen. Und das müsste dann auch noch durch eine große Mehrheit des derzeit republikanisch dominierten Parlaments als erwiesen angesehen werden.

So weit ist Amerika noch lange nicht. Das FBI ermittelt in der Affäre um eine mögliche Verbindung des Trump-Lagers zu russischen Hackerangriffen auf die US-Demokraten. Ob daraus irgendwann ein Trump persönlich zuzurechnender Straftatvorwurf entsteht - das steht in den Sternen. Für die politische Reputation des Präsidenten und seinen künftigen Handlungsspielraum könnte die FBI-Affäre jedoch Auswirkungen haben. «Es riecht nach Verrat», sagt der Historiker Douglas Brinkley der «Washington Post».

Trump wird international mehr und mehr kritisiert. Sein staksiger Empfang für Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihm keine guten Schlagzeilen eingebracht, weder in Europa noch zu Hause. Seine harten Absichten etwa bei der Klimapolitik führen nicht zu großen Freundschaften. Dass er Regierungschefs auch enger Verbündeter am Telefon anschreit, spricht sich herum, sogar das einstige Mutterland ist verschnupft: Trump brachte den britischen Geheimdienst in Verbindung mit einer angeblichen und nicht im Ansatz bewiesenen Abhöraktion gegen den einstigen Kandidaten Trump.

Brinkley verweist darauf, dass Trumps Zustimmungswerte in Meinungsumfragen historisch schlecht sind - seit der Amtseinführung am 20. Januar sind sie noch deutlich weiter gesunken. Im Mittel halten dem Portal «realclearpolitics» zufolge mehr als die Hälfte der Amerikaner Trumps Amtsführung derzeit für schlecht, nur 43,6 Prozent finden sie gut. Das hat es noch nicht gegeben. Es zeigt aber auch, dass Trump seine eiserne Basis von Unzufriedenen noch immer weitgehend halten kann.

Von ihr holt er sich Zustimmung immer dann, wenn es ihm im ungeliebten Washington besonders schlecht geht. In Louisville (Kentucky) umgarnte er am Montag wieder einmal die Kohlekumpel und alle, die sich von illegalen Ausländern in die Enge gedrängt fühlen. Der Applaus war ihm sicher.

Manchmal wirkt es ein bisschen so, als würden die Strategen im Weißen Haus um den dunkel wirkenden Stephen Bannon die negative Außenwirkung geradezu einkalkulieren. Ein Gebilde von Halbwahrheiten wenn nicht Lügen umgibt das Weiße Haus, seit Trump dort eingezogen ist, sein Sprecher Sean Spicer hat fast allen Kredit verspielt. Es wird kolportiert, Trump habe einen Teil seines Stabes geradezu zum Verbreiten von Unwahrheiten aufgefordert. Die vielstimmige Antwort soll nur «Yes, Sir!» gewesen sein - niemand habe widersprochen, berichtete CNN.

«Was zählt, ist, dass er (Richter Neil) Gorsuch voranbringt und dass das Abgeordnetenhaus den ersten Schritt für die Abschaffung von Obamacare verabschiedet», sagt der langjährige Beobachter der US-Republikaner, Scott Reed. «Der Rest ist nur Lärm.» Die Besetzung der vakanten Supreme-Court-Stelle mit dem erzkonservativen Gorsuch gilt als wichtiger politischer Hebel zur Befriedigung der konservativen Basis - eine Herzensangelegenheit seiner Partei. Solange Trump hier liefert, werden ihm die Republikaner nichts tun.

Obamacare wird am Donnerstag zum ersten parlamentarischen Test für Trump. Bisher hatte er nur über Dekrete regiert. Deren Bedeutung ist vergleichsweise vernachlässigbar, wenn sie nicht irgendwann auch parlamentarisch unterlegt werden. Die Entscheidung am Donnerstag hängt am seidenen Faden.

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