Trump überrollt das Weltwirtschaftsforum

 Protest in Bern gegen das Weltwirtschaftsforum und US-Präsident Donald Trump. Foto: epa/Christian Merz
Protest in Bern gegen das Weltwirtschaftsforum und US-Präsident Donald Trump. Foto: epa/Christian Merz

DAVOS (dpa) - Alle Augen auf Trump - nun auch in Davos. Dabei setzte das Treffen der Starpolitiker und Konzernbosse in den vergangenen Jahren doch auf die Kraft des Gemeinsamen, nahm betont Globalisierungskritiker mit. Wie passt das mit den Alleingängen des US-Präsidenten zusammen?

Und plötzlich steht das Weltwirtschaftsforum in Davos, trotz ranghoher Besuche in den vergangenen Jahren doch bisweilen belächelt, wieder im Rampenlicht. Mit dem angekündigten Besuch von Donald Trump ist WEF-Gründer Klaus Schwab ein echter Coup gelungen. Kaum jemand hätte gedacht, dass der US-Präsident, der mit seiner Politik des «America First» den WEF-Zielen von Globalisierung und Welthandel völlig entgegenzustehen scheint, wirklich in das schweizerische Alpenstädtchen reist. Doch Trump kommt. Das bedeutet aber auch: In Davos dreht sich alles nur noch um den 71-Jährigen.

Dass Polit-Stars wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron oder der kanadische Regierungschef Justin Trudeau erwartet werden? Dass Indiens Ministerpräsident Narendra Modi die Eröffnungsrede halten wird? Ansprachen von Großbritanniens Premierministerin Theresa May oder Spaniens König Felipe VI.? Gerät alles in den Hintergrund. Am Rande wird höchstens noch diskutiert, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trotz der Verhandlungen um eine Große Koalition nach Davos kommt.

Im Zentrum allein: Trump. Die «Neue Zürcher Zeitung» erwartet das «Sturmtief Donald», von «Aufregung im Alpenstädtchen» berichtet die schweizerische Zeitung «Blick». Das Boulevardblatt hat genau gezählt: Demnach haben sich 26 Mitarbeiter des amerikanischen Secret Service ein Bild von Davos gemacht, sich im Supermarkt mit Cola und Snacks eingedeckt. Alle Aspekte werden ausgeleuchtet: Wo wird Trump wohnen? Wer darf ihm die Hand schütteln? Wie viele Hubschrauber sind für den US-Präsidenten im Einsatz? Wie hoch sind die Kosten für die Sicherheit? Wie viele Soldaten unterstützen die Polizei?

Über Inhalte ist indes bisher nicht so viel zu hören. «Ich weiß, dass der Präsident bereits an seiner Rede arbeitet», erzählt WEF-Präsident Borge Brende. Darin werde Trump «seine Version eines Weltwirtschaftswachstums und von Amerika erläutern». Welcher Zungenschlag zu erwarten ist, hatte Trumps Sprecherin Sarah Huckabee Sanders bereits klargemacht: «Der Präsident freut sich darauf, beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum für seine Politik zur Stärkung amerikanischer Unternehmen, amerikanischer Industriezweige und amerikanischer Arbeiter zu werben.»

Doch wie passt das zum Motto des Weltwirtschaftsforums «Für eine gemeinsame Zukunft in einer zersplitterten Welt»? Denn dass sich das Wörtchen «zersplittert» vor allem auf Trump bezieht, daraus machte das WEF kaum einen Hehl. So sollen bei der Jahrestagung vom 23. bis 26. Januar «innovative Ideen» vorgelegt werden, um etwa den Freihandel beizubehalten und den Umweltschutz zu stärken. Trump aber propagiert eine Abschottungspolitik und will die USA aus dem Pariser Klimaabkommen herausführen.

Von einem «politischem Sprengsatz» spricht Oliver Claasen mit Blick auf den Trump-Besuch in Davos. «Bislang demonstrierten die Anti-Globalisierer vor den Mauern des WEF, nun spricht der wirkungsmächtigste Vertreter des Protektionismus drinnen», sagt der Sprecher der globalisierungskritischen Bewegung Public Eye der «Aargauer Zeitung». Vor allem wegen Trump hofft nun auch die Protestbewegung auf mehr Zuspruch. Die WEF-Gegner kündigten bereits weitere Demonstrationen an, in der Schweiz erhielt die Online-Petition «Trump not welcome» bisher schon fast 15.000 Stimmen.

Bereits im vergangenen Jahr stand das WEF-Treffen, das nur wenige Stunden vor Trumps Amtseinführung zu Ende ging, im Schatten des ehemaligen Immobilienunternehmers - und fast stündlich warnten Top-Manager und Spitzenpolitiker, wenn auch manchmal nur hinter vorgehaltener Hand, vor dessen angekündigter Politik. Damals ließ Trump nur einen Berater - Anthony Scaramucci, der später als Kurzzeit-Sprecher des Präsidenten bekannt wurde - in Davos für sich werben. Nun geht der US-Präsident aufs Ganze. Mit ihm reist eine große Delegation an, darunter mehrere Kabinettsmitglieder wie Handelsminister Wilbur Ross und Finanzminister Steven Mnuchin.

WEF-Präsident Brende gibt sich gelassen und betont den Dialog. «Es obliegt uns nicht, über einen US-Präsidenten zu urteilen. Aber wir laden ihn ein und lassen ihn seine Sicht schildern», sagt er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Immerhin repräsentiere Trump nach wie vor 25 Prozent der globalen Wirtschaftskraft und 5 Prozent der Erdbevölkerung. Gleichzeitig wird der norwegische Ex-Außenminister nicht müde zu betonen, das WEF sei keine Versammlung der Eliten, trotz der Top-Politiker und rund 900 Chefs der wichtigsten globalen Konzerne. Sondern eben eine «multi stakeholder community», also eine Gemeinschaft der vielen, die zum Beispiel auch globalisierungskritische Nichtregierungsorganisation mitnimmt. Doch wie die Wahrnehmung der Konferenz ausfällt, daran dürfte Trump einen entscheidenden Anteil haben.

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Jürgen Franke 17.01.18 11:01
In Davos kommen wieder einmal die
wichtigsten Politiker der Welt zusammen und treffen auf einen Mann, dem es gelungen ist, innerhalb eines Jahres alles durcheinander zu bringen. Das konnte bisher auch nicht jeder, in so einer kurzen Zeit schaffen. Die Medien werden in Zukunft damit beschäftigt sein, entsprechend zu filtern, was wir glauben sollen. Einiges werden uns die Internetforen zu sagen haben, sofern sie nicht vorher gesperrt werden.