Trump riskiert Handelskonflikt - auch Deutschland im Visier

Foto: epa/Olivier Douliery
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WASHINGTON/BERLIN (dpa) - «America First» ist das Credo von US-Präsident Donald Trump. Deswegen ist ihm das gewaltige Handelsdefizit der weltweit größten Volkswirtschaft ein Dorn im Auge. Schuld haben aus seiner Sicht andere Länder, die ihre Produkte mit unfairen Praktiken verkaufen.

US-Präsident Donald Trump riskiert einen massiven Handelsstreit mit wichtigen Wirtschaftspartnern wie China und Deutschland. Angesichts des hohen US-Handelsdefizits lässt Trump sämtliche Handelsbeziehungen zu anderen Ländern überprüfen. Die US-Regierung will außerdem Dumping-Vorwürfe untersuchen lassen, etwa gegen mehrere ausländische Stahlproduzenten. Dazu unterzeichnete Trump am Freitag in Washington zwei entsprechende Dekrete.

Trump wirft Deutschland, China und und anderen Ländern bereits seit längerem unfaire Handelspraktiken zu Lasten der USA vor. Untersucht werden sollen nun etwaige Verletzungen von Handelsverträgen. Handelsminister Wilbur Ross sprach von einem «neuen Kapitel» in den Handelsbeziehungen der USA.

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries, die bald in die USA reisen wird, will die Amerikaner darauf hinweisen, dass die Ungleichgewichte im amerikanischen Handel auch hausgemachte Ursachen hätten. «Das sind zwar zunächst nur Prüfaufträge. Sie zeigen aber, dass die USA offensichtlich abrücken will von freiem Handel und geltenden Handelsabkommen», sagte sie am Wochenende. «Wir müssen den konstruktiven Dialog suchen und erläutern, dass die Gründe für das Handelsdefizit der USA nicht nur im Ausland liegen.»

Die USA importieren seit vielen Jahren viel mehr, als sie exportieren - Tendenz steigend. Um dies zu finanzieren, ist die größte Ökonomie der Welt stets auf einen gewaltigen Zustrom von ausländischem Geld angewiesen. 2016 war das Handelsdefizit der USA noch einmal gestiegen, und zwar auf 481 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Deutschland als einer der weltweit wichtigsten Exporteure kam 2016 auf einen Handelsüberschuss von 252 Milliarden Euro. Die USA nehmen für sich in Anspruch, dass sie im Vergleich zu anderen Ländern geringe Hürden für Einfuhren hätten.

Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest sagte dem Sender NDR Info: «Trump meint mit einem fairen Handel, dass die USA aus jedem Land so viel importieren, wie sie exportieren. Das ist allerdings nicht sinnvoll; der internationale Handel funktioniert nicht so.»

Die Ankündigung Trumps kommt nur wenige Tage vor dem ersten Treffen Trumps mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Das Thema Handel wird eines der maßgeblichen Gesprächsthemen sein. Trumps Sprecher Sean Spicer sagte, die angekündigte Untersuchung der Handelsbeziehungen habe nichts mit dem Besuch des chinesischen Staatschefs zu tun. Trump und Xi werden am 6. und 7. April in Florida zusammentreffen.

Mit Blick auf das Vorgehen gegen angebliche Dumping-Preise ausländischer Unternehmen in den USA sagte Trump, Tausende Jobs in den USA seien verloren gegangen. Diejenigen, die Regeln gebrochen hätten, würden die Konsequenzen tragen.

Ein Thema hat sich die US-Regierung bereits konkret herausgepickt: Sie sieht Dumping-Vorwürfe gegen mehrere ausländische Stahlproduzenten bestätigt - darunter auch Salzgitter und die Dillinger Hütte - und droht mit Strafzöllen.

Die US-Regierung geht von Dumping aus, wenn Produkte unter ihrem «fairen Wert» verkauft werden. Handelsminister Ross sagte, eine gründliche Untersuchung habe ergeben, dass dies in der Vergangenheit bei Stahlproduzenten aus Österreich, Frankreich, Belgien, Deutschland, Italien, Japan, Südkorea und Taiwan der Fall gewesen sei. Die Ergebnisse erlaubten es, Abgaben zwischen 3,62 und 148,02 Prozent des Importwerts zu verhängen.

Insgesamt gehe es im Untersuchungszeitraum 2015 um Einfuhren im Wert von 732 Millionen Dollar, davon entfalle der größte Anteil, 196,2 Millionen Dollar, auf Importe aus Deutschland. Salzgitter AG und Dillinger werden «Dumping-Raten» von 5,38 und 22,9 Prozent unterstellt. Das ist der Prozentsatz, um den der Preis nach Auffassung der US-Regierung unter die Herstellungskosten oder den Einkaufspreis gedrückt wurde.

Das Handelsministerium will den Zoll- und Grenzschutz anweisen, auf Basis dieser Zahlen Barsicherheiten von den Unternehmen einzutreiben. Diese Mittel sollen einbehalten werden, bis die Bundesbehörde International Trade Commission am 15. Mai abschließend über den Fall entscheidet. Sollte das Verfahren dann eingestellt werden, würde das Geld zurückgezahlt. Mit dem Vorgehen riskieren die USA einen internationalen Handelsstreit.

Die Bundesregierung kritisierte das Vorgehen und pochte auf Einhaltung internationaler Handelsregeln. Auch eine Klage vor der Welthandelsorganisation WTO wird nicht ausgeschlossen. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht ein Signal der US-Regierung, «dass sie bereit ist, amerikanische Unternehmen zu bevorzugen, auch wenn das internationalem Recht widerspricht». Der «Rheinischen Post»(Samstagausgabe) sagte er: «Das ist Protektionismus. Das werden wir Europäer uns nicht bieten lassen.»

Salzgitter und die Dillinger Hütte weisen unterdess die Vorwürfe der Amerikaner zurück. Auch wenn der US-Markt für Dillinger eine eher begrenzte Rolle gespielt habe, seien die nun angekündigten Konsequenzen der US-Regierung «schmerzhaft, da solche Handelsschutz-Maßnahmen, die viele Länder betreffen, zu Umleitungseffekten der Warenströme in die EU führen werden», hieß es in einer Erklärung vom Freitag. Dillinger habe Lieferungen in die USA bereits eingestellt. Bei Salzgitter hat das US-Geschäft Unternehmensangaben zufolge einen Anteil von sechs Prozent am Umsatz.

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Jürgen Franke 04.04.17 10:36
Bedauerlicherweise ist Trump auch
trotz seiner 70 Jahre beratungsresistent, so dass wir noch einiges zu erwarten haben. In seiner Hilflosigkeit schlägt er immer wieder auf die Presse ein. Der Mann hat weder Stil noch Format. Gewöhnen wir uns daran.
Ingo Kerp 03.04.17 10:36
Trump
muß noch sehr, sehr viel lernen. Nach seinen großmäuligen Ankündigungen wird er sich bald auf dem Boden der Wirklichkeit wiederfinden.