China und Deutschland setzen auf Kooperation

Chinas Präsident Xi Jinping (r.) schüttelt der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (l.) die Hand. Foto: epa/Jason Lee
Chinas Präsident Xi Jinping (r.) schüttelt der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (l.) die Hand. Foto: epa/Jason Lee

PEKING (dpa) - Ganz reibungslos verläuft der elfte Besuch der Kanzlerin in China nicht. Es gibt Streit über Markthürden und Diskriminierung deutscher Unternehmen. Doch irgendwie ist man aufeinander angewiesen.

Trotz unveränderter Differenzen beim Marktzugang für deutsche Unternehmen wollen Deutschland und China ihre Zusammenarbeit vertiefen. Bei einem Treffen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping betonte Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in Peking, dass für sie eine weitere Öffnung des chinesischen Marktes und gleiche Behandlung von Unternehmen in beiden Ländern bei der Entwicklung der Beziehungen «eine große Rolle spielen» werden.

Xi Jinping lobte, die Beziehungen hätten eine «nie da gewesene Breite und Tiefe erreicht». Die Aussichten seien vielversprechend. Auch werde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier noch dieses Jahr erstmals China besuchen.

Mit Blick auf die am 9. Juli in Berlin anstehenden deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen sagte Merkel, es gebe eine intensive Phase der Arbeit zwischen beiden Ländern. «Bei aller Breite der umfassenden strategischen Partnerschaft ist es so, dass sich die Welt sehr schnell ändert.» Dies betreffe die Technologien und wirtschaftlichen Aktivitäten. «Deshalb dürfen wir uns nicht ausruhen auf dem, was wir erreicht haben.» Vielmehr müssten die neuen Entwicklungen immer wieder einbezogen werden.

In der Unsicherheit über das geplante Gipfeltreffen des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un mit US-Präsident Donald Trump appellierten Merkel und Chinas Regierungschef Li Keqiang zuvor an beide Führer, an den Verhandlungen festzuhalten. Es komme auf eine friedliche Lösung der Probleme durch Dialog an, sagte Li nach ihrem Treffen. Es gebe Anzeichen für eine Entspannung in dem Konflikt um Nordkoreas Atomwaffen- und Raketenprogramm. «Alle sollten weiter daran arbeiten.» Merkel sagte, sie hoffe, dass es zu einer atomaren Abrüstung komme. Man habe dazu «sehr hoffnungsvolle Dinge gesehen».

Sehr kritisch äußerte sich Li Keqiang über den Ausstieg der USA aus dem multilateralen Atomabkommen mit dem Iran, das selbst von den Vereinten Nationen abgesegnet worden sei. «Das hat sehr, sehr negative Folgen für die Lösung anderer Konflikte.» Merkel bekräftigte, dass Deutschland wie der Mitunterzeichner China weiterhin dem Abkommen verpflichtet seien. Das Abkommen sei nicht perfekt, die Alternativen dazu seien aber noch unsicherer. Deswegen sei es besser, zu dem Atomabkommen zu stehen.

Beide Regierungschefs bekannten sich angesichts der Abschottung der USA unter Trump zu globalem Freihandel und internationalen Lösungen für Krisen. Merkel wünschte sich Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Investitionsschutzabkommen der EU mit China. Dies könne eine Grundlage für ein späteres Freihandelsabkommen sein. Chinas Premier sagte deutschen Unternehmen auf einer Sitzung des gemeinsamen Wirtschaftsausschusses eine schrittweise Marktöffnung auch für Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister zu.

Merkel pochte in der Runde auf einen gegenseitigen Marktzugang unter gleichen Bedingungen. «Man braucht Kooperationsnetzwerke mit ähnlichen Standards.» Dies gelte bei der Entwicklung des autonomen Fahrens, beim Ausbau des Mobilfunknetzes wie auch bei der Regulierung des Industrie 4.0. Es müsse auch über Chinas Cybersicherheitsgesetz gesprochen werden. Deutsche Unternehmen fürchten um die Sicherheit ihrer Daten, wenn sie in China gespeichert werden, was jetzt nach dem Gesetz verlangt wird.

Für die Regierungskonsultationen im Juli wünscht sich Merkel ein Abkommen mit Peking über die Zusammenarbeit im Automobilbereich, etwa bei dem Thema autonomes Fahren. Zudem soll der Praktikantenaustausch ausgebaut werden. Zu den bilateralen Problemen in der Wirtschaft und im Blick auf die Menschenrechtslage in China sagte die Kanzlerin, man habe zwischen Berlin und Peking Gesprächsformate gefunden, in denen auch schwierige Themen offen angesprochen werden könnten.

Ausweichend reagierte Li Keqiang auf eine Journalistenfrage nach einer Ausreise von Liu Xia, der Witwe des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo. Ohne konkret auf das Schicksal der unter Hausarrest stehenden Fotografin und Dichterin einzugehen, sagte Li nur, beide Seiten sprächen auch über Einzelfälle. «Auch Humanität liegt uns am Herzen.» In dem Menschenrechtsdialog versuchten beide Seiten, auch Problemfelder aufzuzeigen und «mit gegenseitigem Verständnis zu angemessenen Lösungen zu kommen», sagte Li Keqiang.

Die 59-Jährige steht seit acht Jahren praktisch unter Hausarrest in Peking, ist zunehmend depressiv und möchte nach Deutschland ausreisen. Ihr Mann, der Bürgerrechtler Liu Xiaobo, war vor einem Jahr in Haft an den Folgen von Leberkrebs gestorben. Die Bundesregierung hat sich mit den USA wiederholt für eine Ausreise von Liu Xia nach Deutschland eingesetzt - bisher vergebens.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ingo Kerp 25.05.18 12:49
Egal ob der Besuch Ergebnisse bringt oder nicht, Merkel ist zumindest mit allen milit. Ehren in CHN empfangen worden. Das war keine kurze Handeschüttel Aktion wie bei der Begrüßung in den USA beim Trump Besuch der letzten Tage.