«Traurig und schockierend» - Hymnen-Panne bei Fed Cup in den USA

Foto: dpa/Wolfgang Müller
Foto: dpa/Wolfgang Müller

LAHAINA (dpa) - Julia Görges schossen die Tränen in die Augen, Andrea Petkovic setzte zu einer emotionalen Wutrede an, und Bundestrainerin Barbara Rittner sprach von einem «Skandal». Noch Stunden nach dem peinlichen Nationalhymnen-Zwischenfall beim Fed-Cup-Gastspiel auf Hawaii debattierten die deutschen Tennis-Damen über den «traurigen und schockierenden Moment», wie es Teamchefin Rittner formulierte.

Es war schon nach Mitternacht Ortszeit, als in dem frei stehenden Häuschen auf der Anlage des Royal Lahaina Resorts noch immer das «Hymnen-Gate» thematisiert wurde, wie es aus der Delegation des Deutschen Tennis Bundes verlautete. «Das ist mit Abstand das Schlimmste, was mir jemals passiert ist in meinem Leben», sagte Andrea Petkovic nach ihrer 6:7 (10:12), 2:6-Niederlage gegen Alison Riske. «Das war das absolut Letzte, das absolut Allerletzte.»

Was Spielerinnen und Verantwortliche des DTB so dermaßen erzürnte, war eine nicht für möglich gehaltene Panne bei der ansonsten so feierlichen Eröffnungszeremonie. Der Solist auf dem Center Court in Lahaina schmetterte bei der Nationalhymne die erste Strophe des Deutschlandliedes, die mit den Worten «Deutschland, Deutschland über alles» beginnt - und die in der Zeit des Nationalsozialismus mit der heute verbotenen NS-Kampfhymne «Horst-Wessel-Lied» gesungen wurde.

Wie es zu dem verhängnisvollen Fehler kommen konnte, war den Verantwortlichen des ausrichtenden amerikanischen Tennisverbandes zunächst unerklärlich. Zwar entschuldigten sich die Gastgeber sofort bei der Mannschaft, beim DTB und den wenigen deutschen Fans im Royal Lahaina Resort. Doch vor allem die politisch interessierte und hochemotionale Petkovic fand den Vorfall unverzeihlich.

«Das war der Inbegriff der Ignoranz. Wir sind in 2017, wir sind im 21. Jahrhundert. Und dann kann und darf so etwas nicht mehr passieren», sagte Petkovic. Einmal in Rage, fuhr die 29 Jahre alte Darmstädterin unmissverständlich fort: «Ich habe mich noch nie in meinem Leben so respektlos behandelt gefühlt. Wenn wir irgendwo in Timbuktu spielen oder weiß der Geier wo, okay, aber in Amerika? Im 21. Jahrhundert? Dass so etwas passiert, ist echt bezeichnend und eine absolute Unverschämtheit, eine Frechheit in meinen Augen.»

Um kurz nach elf Uhr Ortszeit hatte der Stadionsprecher gerade mit den üblichen Freundlichkeiten beide Teams begrüßt. Nur wenige Sekunden nachdem er die Zuschauer mit den Worten «Bitte erheben Sie sich für die Nationalhymnen» zum Aufstehen aufgefordert hatte, begann der Solist direkt gegenüber der Ehrentribüne zu singen.

Nach den ersten vier Worten schauten sich die Spielerinnen und Teambetreuer ungläubig an. Görges fing an zu weinen, Co-Trainer Dirk Dier schlug fassungslos die Hände vors Gesicht. Mannschaft und Zuschauer stimmten «Einigkeit und Recht und Freiheit» an, was aber gegen die Lautsprecher-verstärkte Stimme keine Chance hatte.

Für einen kurzen Moment dachte Petkovic daran, das Stadion zu verlassen. Rittner überlegte, auf die andere Seite des Platzes zu gehen und dem Sänger das Mikrofon zu entreißen. «Ich konnte das nicht glauben», sagte die sichtlich mitgenommene Teamchefin später. «Ich hätte heulen können. Ich war fassungslos, wie das passieren konnte.»

Dass sich Görges in der Partie gegen Coco Vandeweghe am Knie verletzte und das Match beim Stand von 3:6, 1:3 wegen Regens abgebrochen und auf Sonntag vertagt werden musste, passte ins Bild eines «Scheiß-Tages», wie es Rittner formulierte.

Peinlich berührt, verbreitete der US-Verband USTA eine Mitteilung und schickte sogar die neue Geschäftsführerin für den Bereich Profitennis, die ehemalige WTA-Vorsitzende Stacey Allaster, persönlich in den nur spärlich gefüllten Presseraum. «Die USTA bietet dem deutschen Fed-Cup-Team und den Fans eine aufrichtige Entschuldigung an. Dieser Fehler wird nicht wieder vorkommen», schrieb der Verband im Kurznachrichtendienst Twitter.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Peter Platzer 15.02.17 11:10
Rainer Eisenschmidt - Nationalhymne - Da ist ein Irrtum passiert, na und! - - - - - Überraschend klare Ansage des Weißen Hauses Richtung Russland! „Der Präsident hat deutlich gemacht, dass er erwartet, dass Russland die Krim an die Ukraine zurück gibt und die Gewalt in der Ost-Ukraine deeskaliert“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, am Dienstag.
Peter Platzer 14.02.17 23:07
@Herr Eisenschmidt haben sie grundsätzlich
noch Verständnis für Menschenansammlungen die mit dem Spruch "Für Volk und Vaterland" durch die Gegend ziehen? Für mich ist das in der heutigen, aufgeklärten und globalisierten Welt nicht mehr Zeitgemäß und der Jugend nur noch selten zu vermitteln, was ich nicht schlecht finde. Tugenden egal von wem und mit welcher Herkunft, finde ich dagegen, werden zu wenig "gepriesen". Sind aber auch immer unglaubwürdiger zu vermitteln.
Peter Platzer 14.02.17 22:24
@ Herr Franke: Warum bedanken sie sich
für die Wiederholung des Artikels?
Peter Platzer 14.02.17 22:23
Wie Herr Franke?
Ich habe doch nur nochmal einen Teil des Artikels nochmal wiederholt um Herrn Steingruber nochmal darauf aufmerksam zu machen wo der sehr entscheidende Unterschied ist. Aber wer den Artikel nicht liest oder versteht, oder den Unterschied zwischen "Auf dem gelben Wagen" und "Deutschland, Deutschland über alles" und am besten noch "von der Maas bis an die Memel" und den nicht unerheblichen Unterschied wann und wo das passiert.
Jürgen Franke 14.02.17 10:37
Danke, Herr Platzer,
für Ihre deutlichen Worte. Wir sollten jedoch zur Kenntnis nehmen, dass deutsche Gründlichkeit nicht überall gelebt wird und diesen, zwar unverzeihlichen, Vorfall nicht überbewerten sollten.
Peter Platzer 13.02.17 23:18
@Herr Steingruber
Doch vor allem die politisch interessierte und hochemotionale Petkovic fand den Vorfall unverzeihlich.

«Das war der Inbegriff der Ignoranz. Wir sind in 2017, wir sind im 21. Jahrhundert. Und dann kann und darf so etwas nicht mehr passieren», sagte Petkovic. Einmal in Rage, fuhr die 29 Jahre alte Darmstädterin unmissverständlich fort: «Ich habe mich noch nie in meinem Leben so respektlos behandelt gefühlt. Wenn wir irgendwo in Timbuktu spielen oder weiß der Geier wo, okay, aber in Amerika? Im 21. Jahrhundert? Dass so etwas passiert, ist echt bezeichnend und eine absolute Unverschämtheit, eine Frechheit in meinen Augen.»