Tierliebe und Tierfreunde

Tierliebe und Tierfreunde

„Seit ich die Menschen kenne, liebe ich Tiere.“ Dieses Zitat hat wohl jeder von uns schon mal gehört, aber richtiger wird es deshalb nicht. Und wer danach lebt und handelt, wird irgendwann wunderlich und vereinsamen.

Ich selbst habe vor vielen Jahren für meinen alleinstehenden Vater einen acht Wochen alten Terrier aus dem Tierheim geholt, um meinen alten Herrn dadurch zum täglichen Spaziergang anzuregen. Zuerst zeigte er sich ablehnend, vor allem, weil der junge Welpe noch nicht stubenrein war. Aber dann wurde „Dolly“ – so hatten wir sie getauft – für meinen Vater zum unentbehrlichen Freund, der sogar bei ihm auf seinem Bett schlafen durfte. Nachdem mein Vater hochbetagt gestorben war, habe ich mich um „Dolly“ noch elf Jahre lang, bis zu ihrem Tod, liebevoll gekümmert.

Jegliche Tierquälerei empört mich zutiefst. Seit frühester Kindheit haben meine Eltern mir beigebracht: „Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.“ Spielkameraden, die sich daran nicht hielten, habe ich angegriffen und als der Kleinste meistens reichlich Schläge dafür kassiert. Trotzdem gilt für mich bis heute: Erst kommt der Mensch, dann das Tier!

Längst ist mir klar geworden, dass Leute, die ihr Haustier nach Jahren, wenn sie es leid sind, nicht aus Tierliebe im Tierheim abgeben sondern aus Bequemlichkeit. Hier werden diese Tiere, oft im Zwinger mit vielen anderen Artgenossen, zwar gefüttert, aber trotzdem leiden sie zumeist jämmerlich unter der Trennung von ihren langjährigen früheren Besitzern. Ganz zu schweigen von gewissenlosen Zeitgenossen, die auf dem Weg in den Urlaub ihren angeblichen „Liebling“ an einer Autobahnraststätte „vergessen“.

Die Thais gehen mit Tieren noch weniger zimperlich um: Lebenden Schlangen wird der Bauch aufgeschlitzt, um ihnen das angeblich potenzfördernde Blut abzuzapfen und das noch schlagende Herz zu verzehren. Fröschen werden, obwohl sie noch leben, die von den Thais gern gegessenen Schenkel ausgerissen, und Schalentiere werden lebend ins kochende Wasser geworfen. Dass diese Methode auch in Frankreich angewendet wird, macht diese Quälerei nicht besser. Über Massentierhaltung will ich mich hier, mangels effizienter staatlicher Kontrolle, gar nicht auslassen. „Macht euch die Welt untertan“, heißt es in der Bibel. Deshalb dürfen Tiere natürlich auch gezüchtet und geschlachtet werden. Aber bitte unter Aufsicht, und so human und schmerzlos wie möglich.

Vor Kurzem las ich zwei Anzeigen in der Bangkok Post. Die erste hatten Freunde für einen Kameraden aufgegeben, dem bei einem Unfall unter anderem beide Beine abgefahren worden waren. Sie erbaten für diesen Unglücklichen eine finanzielle Unterstützung. Die andere Anzeige galt der Hilfe für herrenlose Hunde, die von mitleidigen Tierfreunden aufgenommen worden sind und deren Unterhalt täglich einen größeren Betrag erfordert. Ich habe über die angegebenen Telefonnummern recherchiert: Für die Hunde kam ein Vielfaches mehr an Geld zusammen als für den verkrüppelten Thai, der nie wieder in der Lage sein wird, für sich selbst zu sorgen oder Geld zu verdienen.

Seit Jahren plädiere ich dafür, herrenlose Hunde kastrieren zu lassen. Stattdessen schauen die Verantwortlichen zu, wie professionelle Fänger frei herumlaufende Hunde einsammeln und ihre Beute, nach einem qualvollen Transport, an vietnamesische Schlachthöfe verkaufen, bis das Fleisch schließlich in Spezialrestaurants serviert wird.

Ich habe bisher nicht in Erfahrung bringen können, ob es in Thailand ein Tierschutzgesetz gibt. Sollte es eines geben, wird es ebenso ignoriert wie viele andere Gesetze, die von der Regierung verabschiedet und dann vergessen werden. Von Buddhas Leben und Lehre bleibt dabei nicht viel übrig. Er soll selbst Insekten aus dem Weg gegangen sein, um sie nicht zu zertreten. Ich gebe zu, ich folge da, ähnlich wie die Thais, auch nicht der reinen Lehre: Wenn Kakerlaken, Ameisen oder Mücken sich in meiner Wohnung breit zu machen versuchen, besorgt ein Insektenspray ihnen den schnellen Tod. Doch zu guter Letzt werden diese Gattungen uns alle überleben, denn nach dem französischen Naturforscher Jean-Henri Fabre ist die Welt, in der wir leben, uns von den Insekten nur geliehen worden.

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