Terrorverfahren belasten Bundesanwaltschaft

Foto: epa/Ronald Wittek
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BERLIN (dpa) - Verfahren wegen Terrorismusvorwürfen lasten die Bundesanwaltschaft einem Medienbericht zufolge immer mehr aus. Der Trend ist nicht neu. «In all unseren Geschäftsfeldern boomt es», sagte kürzlich Verfassungsschutzpräsident Maaßen.

Der Terrorismus bindet die Kapazitäten der Bundesanwaltschaft zufolge immer stärker. Wie die «Welt am Sonntag» unter Berufung auf Informationen aus der Behörde berichtete, leitete die Bundesanwaltschaft in diesem Jahr mehr als 900 Terrorismus-Verfahren ein, darunter mehr als 800 mit Bezug zu radikalen Islamisten. Das sind deutlich mehr als in den Vorjahren. Nach Angaben von Generalbundesanwalt Peter Frank aus dem Sommer hatte es 2016 knapp 240 neue Verfahren gegeben, davon rund 85 Prozent im Bereich Islamismus; 2013 waren es nur knapp 70.

Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe sagte am Sonntag zu dem Bericht, die Zahlen seien zutreffend. Die Bundesanwaltschaft weist seit längerem darauf hin, dass ihre Abteilung Terrorismus, die auch für Links- und Rechtsextremismus zuständig ist, einen massiven Anstieg der Verfahren verzeichnet. Dabei geht es allerdings bei weitem nicht immer um Anschlagspläne in Deutschland. So können etwa auch Syrer, die in ihrer Heimat für den Islamischen Staat (IS) gekämpft haben, wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung belangt werden.

Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, erklärte am Sonntag: «Der rasante Anstieg der Terrorismusverfahren beim Generalbundesanwalt belegt einmal mehr, dass die Strafjustiz mit der Arbeit kaum noch hinterherkommt. Das gilt selbst im besonders sensiblen Bereich des Terrorismus-Strafrechts.» Staatsanwaltschaften und Strafgerichte seien vielerorts deutlich überlastet und entwickelten sich zusehends zum Nadelöhr bei der Strafverfolgung. Die prekäre Lage der Justiz gehöre auf die Agenda der Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition.

Die Bundesanwaltschaft war Ende April für 2017 von insgesamt 500 bis 600 Terrorverfahren in der eigenen Behörde ausgegangen. Mitte August rechnete Frank mit 800 bis 900 neuen Ermittlungsverfahren in diesem Jahr. Diese Zahl wurde dem Zeitungsbericht zufolge bereits jetzt erreicht. Die Bundesanwaltschaft beim Bundesgerichtshof verfolgt Straftaten gegen die innere und äußere Sicherheit, also etwa Landesverrat oder Terrorismus.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hatte zu Monatsbeginn darauf hingewiesen, dass die Sicherheitslage heute wesentlich komplexer sei als bei der Terrorserie vor 40 Jahren im sogenannten Deutschen Herbst. Derzeit gebe es in Deutschland 10.300 Salafisten sowie mehr als 1.800 Personen im islamistisch-terroristischen Spektrum. Darüber hinaus sei ein Anstieg beim gewaltbereiten Rechts- und Linksextremismus zu beobachten sowie eine wachsende Bedrohung durch Cyberangriffe. «Wäre ich Geschäftsmann, könnte ich sagen: In all unseren Geschäftsfeldern boomt es», sagte Maaßen bei einer Anhörung im Bundestag. «Leider ist dies keine positive Nachricht.»

Wie das Bundeskriminalamt (BKA) mitteilte, wurden zuletzt im Bereich islamistischer Terrorismus rund 700 Personen als Gefährder eingestuft - also Menschen, denen jederzeit ein Anschlag zugetraut wird. Nach früheren Angaben hielt sich von diesen etwa die Hälfte in Deutschland auf. Im Bereich Politisch motivierte Kriminalität links stuften die Behörden dem BKA zufolge vier Personen als Gefährder ein, im Bereich Politisch motivierte Kriminalität rechts waren es 30.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 24.10.17 18:35
Prof. Lucke war einer der Gründungsväter der AfD
seinerzeit ging es im wesentlichen um den Euro und um die Rettungsschirme, die über den Süden Europas aufgespannt wurden. Im Laufe der Jahre wurde die Partei durch Mitglieder unterwandert, die nicht begriffen haben, dass wir im 21.Jahrhundert angekommen sind und ihre Idee vom Nationalismus eingebracht und Lucke rausgedrängt haben. Das was die Herren Gauland und Höcke von sich geben, wird auf Dauer kein Bestand in Deutschland haben. Da sich jedoch auch Protestwähler unter den AfD Wähler befinden, sollte die kommende Regierung sich intensiver mit den Problemen der Menschen befassen.
Jürgen Franke 24.10.17 16:03
Es ist zu hoffen, dass zukünftig die AfD
den Politikern zeigen wird, wie ein politischer Wille auszusehen hat. Das erst so eine Partei erforderlich sein mußte, ist sehr zu bedauern, aber offensichtlich unabänderlich.
Jürgen Franke 23.10.17 23:43
Es ist zu hoffen, dass die Bundesanwaltschaft
zukünftig personell so ausgestattet wird, dass schneller abgeschoben werden kann, obwohl bekannt ist, dass von 4 Abgeschobenen, 3 dagegen klagen. Auf diesem Gebiet wird zukünftig die AfD prüfen, ob sich hier etwas zum Positiven ändert. Die Stellungnahme von Maaßen bei seiner Aussage vor dem Bundestag, war mehr als niederschmetternd.