Simbabwe ächzt, Mugabe feiert

Foto: epa/Aaron Ufumeli
Foto: epa/Aaron Ufumeli

Harare (dpa) – Während Simbabwes Regierung eine pompöse Feier zu Präsident Robert Mugabes 93. Geburtstag vorbereitet, steht Raphael Chirwa vor seiner Hütte und schaut traurig auf seine drei Kinder. «Ich frage mich, was sie wohl erwartet», sagt der 37-Jährige aus Epworth, einem armen Vorort der Hauptstadt Harare. Chirwa ist gelernter Drucker, aber einen richtigen Job hatte er schon lange nicht mehr. Er verkauft Feuerholz, um über die Runden zu kommen.

«Wir bekommen selten etwas Anständiges zu essen. Ich mühe mich ab, damit die beiden Ältesten zur Schule gehen können», schildert er seine Lage. «Und Mugabe will feiern?» Chirwa hat nur zögerlich zugestimmt, seinen Namen preizugeben, aber er will kein Foto von sich machen lassen. «Willst du, dass sie vorbeikommen und mich zusammenschlagen?» Wie viele Simbabwer fürchtet der Familienvater Repressionen, wenn er es wagen sollte, die Regierung öffentlich zu kritisieren.

Schätzungsweise zwei Millionen US-Dollar (1,9 Millionen Euro) lässt die regierende Partei Zanu PF sich - beziehungsweise den Staat - die Sause kosten, die mit Tausenden Gästen am Samstag in Matopos etwa 600 Kilometer südwestlich der Hauptstadt losgehen soll. Das ist viel Geld in einem Land, in dem etwa zwei Drittel der Menschen in Armut lebt. Für Party-Organisator Kudzai Chipanga ist der seit 1980 herrschende Mugabe so etwas wie Jesus Christus. «Wir betrachten unseren Präsidenten Mugabe als unseren Retter, unseren Befreier», sagt er.

Viel Respekt erhält Mugabe nach wie vor für seine Rolle im Befreiungskampf gegen die Herrschaft der weißen Minderheit in den 1960ern und 70ern. Doch angesichts einer schrumpfenden Wirtschaft und astronomisch hoher Arbeitslosigkeit findet ein großer Teil der Bevölkerung, dass er abtreten sollte. Gerüchte über seine schwache Gesundheit reißen nicht ab. Er wurde beobachtet, wie er öffentlich einnickte. In einem Geburtstags-Interview stammelte er herum.

Regierungsgegner Promise Mkwananzi hält die Geburtstagsparty für das «Unverantwortlichste, Idiotischste, Frivolste», das er je gesehen habe, schreibt er auf Facebook. Mkwananzi ist einer der Anführer in einer wachsenden Bewegung in sozialen Medien, die gemeinsam mit Oppositionsparteien zu Protesten aufruft. Die Polizei geht hart gegen Demonstranten vor, Hunderte wurden im vergangenen Jahr eingesperrt.

Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen den desolaten Zustand der Wirtschaft, welche nach Angaben des Internationalen Währungsfonds in diesem Jahr voraussichtlich um weitere 2,7 Prozent einbrechen wird. Dabei versucht sich das Land noch immer von der schweren Rezession zwischen 1999 und 2008 zu erholen. Die Krise halbierte die Wirtschaftsleistung und zwang die Regierung 2009 angesichts der Hyperinflation, die Landeswährung durch den US-Dollar zu ersetzen.

Die Infrastruktur Simbabwes verfällt zusehends, Gesundheitsversorgung und Schulen leiden. Die Grundschule von Kauzhumba im nördlichen Bezirk Kariba etwa besteht nur aus ein paar schrägen Holzpfeilern und einem Wellblechdach darüber. Wenn es regnet, sitzen manche Kinder im Matsch, denn es gibt nicht für alle Stühle. Seit Juni hat der Staat auch seine Angestellten nicht mehr pünktlich bezahlt.

Die Regierung versuchte im November, die Lage zu verbessern, indem sie Schuldscheine als Parallelwährung einführte. Viele Händler halten diese aber für wertlos. Eine Bargeldknappheit erdrosselt die Wirtschaft. Es gibt «keinerlei Anzeichen einer Erholung», erklärt der Ökonom John Robertson. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt von der Hand in den Mund. Wegen einer schlimmen Dürre sind zudem UN-Angaben zufolge rund vier Millionen Menschen - etwas ein Drittel der Bevölkerung - auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

Mugabe habe die Verbindung zur Realität verloren, sagt der Politik-Experte Pedzisai Ruhanya. «Das erklärt seine Opulenz.» Bitter stößt vielen Simbabwern zum Beispiel der teure Schmuck auf, den Mugabes Ehefrau Grace offen zur Schau trägt. Die 40 Jahre jüngere Chefin der Zanu PF-Frauenliga bringt sich indessen selbst in Stellung, ihren Mann eines Tages auch politisch zu beerben. Beobachter erwarten nach Mugabes Tod einen bitteren Machtkampf. Doch noch hat dieser nicht als Heilsbringer ausgedient.

«Präsident Mugabe ist der Beste und wir müssen uns glücklich schätzen ihn zu haben - alt, wie er ist», sagte die Präsidentengattin jüngst. Mugabe werde 2018 zur Präsidentschaftswahl antreten, selbst wenn er vorher sterbe, schwor sie. «Wenn Gott sich entschließt, ihn mitzunehmen, dann werden wir seine Leiche als Kandidaten aufstellen.»

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