Sensation: Fall Schwartges nun doch vor Gericht

Mutter erhält Hilfe von thailändischem Tourismusministerium

Beisetzung von Volker Schwartges Anfang September 2014 in Chaweng: Seine Verlobte Chariya C. (39) Schritt Traurig Dem Sarg Voran Und Hielt Ein Foto Ihres Geliebten In Den Händen.
Beisetzung von Volker Schwartges Anfang September 2014 in Chaweng: Seine Verlobte Chariya C. (39) Schritt Traurig Dem Sarg Voran Und Hielt Ein Foto Ihres Geliebten In Den Händen.

KOH SAMUI: Damit hatte niemand mehr gerechnet: Der mutmaßliche Killer des Düsseldorfer Gastronomen Volker Schwartges muss sich zwei Jahre und drei Monate nach der Tat in der Soi Green Mango in Chaweng doch noch vor Gericht verantworten. Beschwerdebriefe der Mutter Gisela in Düsseldorf erreichten Thailands Regierungskreise und von dort scheint der Druck nach unten durchgeschlagen zu sein.

Schwartges (46) war am 20. August 2014 gegen 6 Uhr morgens von mindestens vier einheimischen Jugendlichen attackiert, mit Füßen zu Boden getreten, mit abgeschlagenen Bierflaschen malträtiert und am Ende vom Hauptangeklagten Ittison T. (damals 17 Jahre und acht Monate alt) mit einem Messer tödlich an der Halsschlagader verletzt worden. Er verblutete hilflos vor dem Parkplatz hinter der berüchtigten Diskothek Sound Club, die zwischenzeitlich von der Polizei und Armee geschlossen worden ist.

Zwei Jahre lang war es still um die Ermittlungen in diesem Mordfall geblieben, auch DER FARANG berichtete mehrfach von einer "lähmenden Polizei- und Justizaufarbeitung". Obwohl die Thailändische Botschaft in Berlin auf Nachfrage der Tageszeitung "Düsseldorfer Express" bereits vor zwei Jahren geantwortet hatte, die Ermittlungsakte der Kriminalpolizei Bo Phut sei fristgerecht im November 2014 an die Staatsanwaltschaft Koh Samui weitergeleitet worden, gab es nie ein Gerichtsverfahren. Die Täter – so ergaben Recherchen unserer Redaktion – verbrachten nicht eine einzige Nacht hinter Gittern.

In ihrer Not und Frustration griff die Mutter des Mordopfers, Gisela Schwartges (71) aus Düsseldorf, zum zweiten Todestag zum allerletzten Strohhalm. Sie ließ Briefe auf Deutsch, Thailändisch und Englisch verfassen und schickte diese an oberste Behörden und Ministerien in Thailand und Deutschland. Vor zwei Tagen kam die überraschende Antwort des Tourismusministeriums Thailand. Es wurde mitgeteilt, dass das Hauptverfahren gegen den des Mordes bzw. Totschlages verdächtigen Ittison T. (19) am 11. November vor dem Provinzgericht Koh Samui eröffnet werde. Aktenzeichen des Polizeiberichts: ตช.0023(สฎ)(10).3/4086, Verfahrensnummer des Provinzgerichts: NO. 1102/2559.

Auf Nachfragen im Auftrag der Mutter Gisela Schwartges wurde von der Staatsanwaltschaft Koh Samui gestern lediglich das Verfahren sowie die dazugehörige Aktennummer bestätigt. Kommentare zum Inhalt der Anklage und den Grund für die jahrelange Verschleppung des Prozesses wollte der Sachbearbeiter nicht abgeben. Er verwies sichtlich verärgert auf "die Stelle, die diesen Brief an die Mutter geschrieben habe.“

Dass ein Mord- bzw. Totschlagverfahren mehr als zwei Jahre nach der Tat doch noch eröffnet wird, bewerten Kenner der Justiz in Thailand als zumindest "sehr ungewöhnlich". Da es sich bei dem Mordopfer Volker Schwartges (47) um einen deutschen Staatsbürger gehandelt hatte, hätte von der Justiz zwingend die Deutsche Botschaft in Bangkok oder das Auswärtige Amt über einen Verfahrensausgang informiert werden müssen. Dies ist bis heute nicht geschehen.

Unerklärlich bleibt deshalb auch ein weiterer Passus des Antwortschreibens des Touristenhilfszentrums des Thailändischen Tourismusministeriums. Darin heißt es, eine sogenannte ‚red case NO. 1252/2559’ sei bereits am 15 Juni 2016 vor dem Provinzgericht Koh Samuis verhandelt und geahndet worden. Red case wie roter Fall bedeutet in der thailändischen Justizsprache, ein Verfahren sei abgeurteilt, black case wie schwarzer Fall, dass der Prozesstermin noch ansteht.

Wer vor nunmehr vier Monaten tatsächlich wegen des Mordfalls Volker Schwartges vor Gericht gestanden haben soll, konnte oder wollte der Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft nicht erläutern. Es könnten die drei Mittäter Wisrut Sr. (18), Kulthorn N., 16 Jahre alt, sowie Kornvichit Th. (16) gewesen sein, die schnell vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung entlastet worden waren, aber wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung und Mitführen von Waffen in der Öffentlichkeit im Polizeirapport standen. Über ein Urteil gegen sie ist allerdings nie etwas öffentlich verlautbart worden und auch die deutschen Behörden sind nicht über einen solchen Verfahrensabschluss informiert worden.

Mit Spannung erwarten Mutter Gisela Schwartges und seine Freunde in der Düsseldorfer Altstadt nun den 11. November und den Auftritt des mutmaßlichen Haupttäters Ittison T. Der Samuianer, Mitglied einer berüchtigten lokalen Jugendbande, ist nach der Bluttat vom 20. August wiederholte Male in Tatortnähe gesichtet worden. Er besuchte ungeniert regelmässig die Diskothek Sound Club und führte sein Leben so weiter, als hätte die Gewalttat an dem deutschen Auswanderer nie stattgefunden.

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