Schulz attackiert Siemens-Manager

Foto: epa/Silas Stein
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BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Der geplante Abbau tausender Arbeitsplätze bei Siemens ist nach Auffassung von SPD-Chef Martin Schulz «völlig inakzeptabel». Schulz sprach am Dienstag in Berlin von «verantwortungslosen Managern». Er kritisierte im Bundestag: «Wenn es hart wird, muss am Ende die Belegschaft bluten.»

Mit Blick auf öffentliche Aufträge für Siemens kritisierte Schulz, der Konzern habe jahrzehntelang vom deutschen Staat profitiert. Außerdem mache Siemens Rekordgewinne: «Was Siemens hier macht, gefährdet den Wirtschaftsstandort Deutschland.» Der bestehe auch aus Vertrauen. Siemens zerschlage dieses Vertrauen.

Der Industriekonzern will wegen schlechter laufender Geschäfte in der Kraftwerks- und Antriebstechnik weltweit rund 6.900 Jobs streichen, etwa die Hälfte davon in Deutschland. Zwei Standorte in den sächsischen Städten Görlitz und Leipzig mit zusammen 920 Arbeitsplätzen sollen geschlossen werden. Einschnitte sind auch in Berlin, Offenbach und Erfurt geplant.

In der thüringischen Landeshauptstadt protestierten am Dienstag Siemens-Mitarbeiter mit einem Schweigemarsch gegen den angekündigten Stellenabbau. Rund 1.200 Menschen zogen laut Veranstalter vom Generatorenwerk in die Innenstadt. An der Demonstration nahm unter anderem auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) teil. «Es kann nicht sein, dass die Neuausrichtung des Konzerns vor allem auf dem Rücken Ostdeutschlands ausgetragen wird», sagte er.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) forderte die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, für die ostdeutschen Interessen einzustehen. «Merkel darf der Schwächung der ostdeutschen Wirtschaft nicht weiter untätig zusehen», sagte er.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer sagte im Bundestag, Siemens müsse auf die Weltmarktlage für Gasturbinen reagieren, die sich verschlechtert habe. Dies sei eine Reaktion auch auf die Energiewende, die politisch gewollt sei. Pfeiffer bedauerte den Jobabbau, betonte aber, «Siemens-Bashing» helfe nicht weiter.

Schulz sowie Fraktionschefin Andrea Nahles hatten zuvor zu rund 50 Siemens-Mitarbeitern gesprochen, die sich vor dem Reichstag zu versammelten. Dabei sagte Schulz, die SPD werde sich die Pläne von Siemens nicht gefallen lassen. «Das ist das Verhalten von Manchester-Kapitalisten.» Er appellierte an die «soziale Kompetenz» von Siemens-Chef Joe Kaeser. Nahles kritisierte, Siemens mache den «billigen August» auf dem Rücken der Arbeitnehmer: «Die SPD wird weiter für Euch trommeln.»

Unterdessen verwies ein Siemens-Sprecher auf Aussagen aus dem Kanzleramt vom Montag. Merkels Sprecher hatte erklärt, die Bundesregierung gehe davon aus, dass sich die Unternehmensführung nun um faire Regelungen für die betroffenen Standorte kümmere. Der Siemens-Sprecher sagte, das Unternehmen habe einen «fairen und offenen Dialog» zugesagt und die Arbeitnehmervertreter zu Gesprächen eingeladen. Diese seien bedauerlicherweise nicht gesprächsbereit.

Siemens-Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn hatte gesagt, die Ankündigung des Vorstands sei «keine Basis für Verhandlungen». Ähnlich formulierte es IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner: «Wir werden dann mit der Siemens-Führung über die Schließungspläne verhandeln, wenn diese zurückgenommen werden. Vorher gibt es nichts zu besprechen.» Als letztes Mittel schloss Kerner auch Streiks nicht aus, um den Konzern zum Einlenken zu bewegen.

Zunächst gehen die Protestaktionen weiter. Am Donnerstag ist in Berlin eine bundesweite Kundgebung geplant. Die IG Metall erwartet rund 2.500 Beschäftigte und Betriebsräte von Siemens. Kommen soll neben anderen erneut auch SPD-Chef Schulz. Die Kundgebung findet vor der Betriebsräteversammlung des Gesamtbetriebsrates in Berlin statt.

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Jürgen Franke 23.11.17 00:46
Herr Heinz Jörg, es ist zwar etwas
befreiend, wenn man Gelegenheit hat, hier in diesem Forum seinen Ärger Luft zu machen, doch wir leben nun mal in einer parlamentarischen Demokratie und alle Macht geht vom Volke aus, die diese Partei dieser Kanzlerin nun mal wieder, mit einigen Abstrichen, gewählt hat. Sie dürfen aber davon ausgehen, dass es ab sofort, durch den Einzug der AfD in den Bundestag etwas lebhafter zugehen wird. Das Durchwinken durch den Bundestag von Entscheidungen aus dem Kanzleramt wird der Vergangenheit angehören. Neuwahlen würden 100 Millionen Euro kosten, die man sich sparen will.
Jürgen Franke 22.11.17 16:53
Diese Diskussion wurde später
im Bundestag fortgesetzt, wo sie auch hingehört. Dort hatte später auch die AfD Gelegenheit, die SPD auf ihre Fehler in der Wirtschaftspolitik hinzuweisen. Einer von fünf gelungenen Redebeiträge der AfD an diesem Tag.