Schulz attackiert Merkel in Renten- und Mietpolitik

Foto: epa/Carsten Koall
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LÜBECK (dpa) - SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ist in der Renten- und Mietpolitik auf Konfrontationskurs zu Kanzlerin Angela Merkel und zur Union gegangen. Die Regierungschefin sehe beim Thema Renten keinen Handlungsbedarf und fahre in der Mietpolitik einen völlig falschen Kurs, sagte er am Montagabend in der ARD-Sendung «Wahlarena» in Lübeck. «Wir wollen eine Solidarrente, die mindestens zehn Prozent oberhalb der Grundsicherung liegt.» Außerdem wolle die SPD die in dieser Wahlperiode eingeführte Mietpreisbremse verschärfen.

Schulz versprach, im Fall eines Wahlsiegs in den ersten 100 Tagen als Kanzler die Musterfeststellungsklage auf den Weg zu bringen und so die Verbraucherrechte zu stärken. Auch einen «Neustart in der Pflege» werde eine von ihm geführte Bundesregierung in den ersten 100 Tagen anpacken.

Schulz betonte, in der Rentenpolitik gebe es entscheidende Unterschiede zwischen ihm und der Kanzlerin: «Wenn Frau Merkel sich durchsetzt, sinken die Renten weiter ab, (...), werden die Beiträge steigen, und dafür werden wir auch noch bis 70 arbeiten dürfen.»

Zum Kurswechsel in der Pflegepolitik sagte Schulz: «Das ist eine Staatsaufgabe Nummer eins.» Der SPD-Vorsitzende beklagte: «In der Altenpflege wird die Würde des Menschen mit Füßen getreten in vielen Fällen.» Nötig seien mehr Personal in der Pflege, eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte und mehr Plätze für Pflegebedürftige. Unter anderem wolle er mindestens 30 Prozent mehr Gehalt für Pflegemitarbeiter in Deutschland.

Steigende Mieten seien «eines der virulentesten Probleme» in Deutschland, sagte Schulz. Er räumte ein, die von der SPD konzipierte Mietpreisbremse habe nicht funktioniert. Seine Partei habe hier nachbessern und die Mietpreisbremse verschärfen wollen, die Union habe das jedoch verhindert. «Angela Merkel hat das abgelehnt», beklagte Schulz. Die Union wolle das Instrument nun sogar ganz abschaffen. «Dann wird der Wohnungsmarkt erst richtig explodieren.»

Die 2015 von der großen Koalition beschlossene Mietpreisbremse soll insbesondere in Ballungszentren verhindern, dass die Kosten für Wohnungen und Häuser immer weiter steigen. Jedoch gilt das Instrument in vielen Gegenden als gescheitert, da die Mieten wegen Ausnahmeregelungen und juristischer Schlupflöcher trotzdem weiter klettern. Schulz hatte zuletzt CDU und CSU vorgeworfen, die Mietpreisbremse kaputt gemacht zu haben. Er kündigte deshalb für den Fall eines SPD-Wahlsieges eine effektivere Neuauflage an.

Merkel lehnt eine neue Mietpreisbremse dagegen ab. Am Montag sagte sie bei einer Wahlkampfveranstaltung in Passau: «Bei der SPD ist das so, wenn eine Mietpreisbremse nicht funktioniert, sagen sie, dann brauchen wir eine zweite Mietpreisbremse. Wir sagen, wenn Wohnungen fehlen, sollen wir die Bedingungen dafür verbessern, damit man Wohnungen bauen kann.» Statt neuer Reglementierungen müsse die Politik die Baubedingungen verbessern.

In der ARD-Sendung sprach sich Schulz auch für eine Reduzierung der Waffenexporte auf europäischer Ebene aus. «Deutschland muss mit gutem Beispiel vorangehen.» Aber: «Wir werden nicht nur deutsche Waffenexporte reduzieren müssen», sagte Schulz und erwähnte Belgien und Frankreich.

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Jürgen Franke 22.09.17 22:13
Herr Thiele, Ihr Beitrag zu diesem Thema
ist zwar sehr interessant, weicht aber bedauerlicherweise von der Realität ab. Beide Themen werden jedoch so an Aktualität zunehmen, dass zu befürchten ist, dass die Menschen diese Situation in Zukunft nicht unwidersprochen hinnehmen werden, sofern nicht zeitnah eine Änderung eintritt.
Jürgen Franke 19.09.17 15:27
Wenn dem Schulz heute zuhört, kann man
wirklich den Eindruck gewinnen, dass die SPD in den letzten Jahren nicht mitregiert hat. Oder erinnert sich heute keiner mehr daran, wer die Rentenbesteuerung die SPD seinerzeit überhaupt erst eingeführt hat. Dass die Mietpreisbremse nicht funktioniert, war den Experten von Angang an klar. Schulz will sie jetzt ändern. Plötzlich fällt auch allen ein, dass auch der Pflegedienst dringend einer Reform unterzogen werden muß.