Samui muss sein Müllproblem anpacken

Überlastete Deponien eine Gefahr / Neues Großprojekt auf dem Weg

Samui muss sein Müllproblem anpacken

Die rasante Entwicklung Koh Samuis vom Rucksack-Paradies zur weltbekannten Urlaubsmetropole fordert ihren Tribut. In der Problem-Hitparade standen bisher die Wasserversorgung und aktuell die befürchteten Ölbohrungen im Golf von Siam auf dem Spitzenplatz. Von einem weitaus anrüchigeren Thema wollte kaum einer offen sprechen – dem seit Monaten bestehenden Müllnotstand. Erst wütende Demonstrationen von Samuianern vor der Mülldeponie bei Hua Thanon (der FARANG berichtete) haben deutlich gemacht: die Insel steckt in der Müllfalle und muss enorme Anstrengungen unternehmen, um halbwegs unbeschadet wieder rauszukommen.

Seit fast einem Jahr steht die einst 501 Millionen Baht teure japanische Müllverbrennungsanlage wegen technischer Defekte still. Sie war im Jahr 1997 klammheimlich auf der Insel gebaut worden - im Einvernehmen der thailändischen Regierung mit japanischen Müllkonzernen. Es flossen enorme Summen und Koh Samui war damals neben Phuket und Bangkok eine Art Versuchskaninchen für weitreichendere Verbrennungsstrategien. Japanische Konzerne machten dem Drittweltland ihre Müllanlagen erfolgreich schmackhaft. Widerstand wie im eigenen Land war nicht zu befürchten.

Müllverbrennung: Technik aus Japan

Ende der 90er Jahre war die neue Anlage bei Hua Thanon mit dem Samui-Abfall alleine nicht ausgelastet. Im Jahr 2000 fielen auf Koh Samui täglich ca. 70 Tonnen Müll an. Die Kapazität der japanischen Verbrennungsanlage wurde vom Hersteller mit 140 Tonnen pro Tag angegeben. Eine Einladung zum Mülltourismus vom Festland auf die Insel, um die teure Anlage zu füllen? Keiner hat dies seinerzeit kritisch hinterfragt oder gar kontrolliert.

Schon damals hatte Greenpeace Thailand protestiert, dass Koh Samui mit der Müllverbrennung auf einen falschen Weg geschickt und von einer reinen Interessenpolitik missbraucht werde. Anstatt auf Müllreduzierung und Recycling zu setzen und ein umweltverträgliches Zukunftskonzept zu entwickeln, sei das Gegenteil bewirkt worden. Die Müllberge seien angewachsen. Die japanischen Hersteller hätten händereibend ihre veraltete Technologie für teures Geld nach Thailand verkauft. Ein einseitiges Geschäft zulasten der hier lebenden Menschen, prangerte Greenpeace an und stand mit dem Protest allein auf weiter Flur.

Im Herbst 2010 sind diese Warnungen real, sichtbar und riechbar geworden. Auf der Deponie bei Hua Thanon türmen sich seit Monaten die Abfallberge auf. Die Sanierung der Verbrennungsanlage selbst blieb ein wohlbehütetes Geheimnis, und die Verhandlungen ziehen sich in die Länge. Bürgermeister Ramnate Jaikwang blieb nach den teils militant vorgetragenen Protesten seiner Wähler Ende August nichts anderes übrig, als schnell einen Ausweg zu suchen: einen Kompromiss, der ihm ein wenig Luft verschafft.

Neue Deponie als Überbrückung

Die Zwischenlösung wird eine ausgebaute Lagerdeponie sein, "unter moderneren und umweltgerechteren Voraussetzungen", versichert Samuis Inseloberhaupt. Bei der Distriktverwaltung Tesaban steht eine knapp 30.000 Quadratmeter große Lagerstätte in der Planung. Kosten dafür etwa 13 Millionen Baht. "Die existierende und aus allen Nähten platzende Deponie muss komplett geräumt werden", sagt Jaikwang. Wie er dieser gigantische Altlast Herr werden will, werden die nächsten Monate zeigen. Von den damaligen Entscheidungsträgern auf Samui, in Suratthani und bei der thailändischen Staatsregierung wird er wenig Hilfe zu erwarten haben.

Dass eine Rückkehr zur Sorglosigkeit der vergangenen Jahre das Image der Urlaubsinsel nachhaltig beschädigt, wissen der Bürgermeister und seine Mitarbeiter beim Umweltamt. Die eigene Bevölkerung, allen voran die direkt betroffenen Anwohner von Hua Thanon, haben es Ende August mehr als deutlich gemacht. Sie haben ihre Angst vor Giftstoffen wie Dioxin, Quecksilber und schädlichen Schwermetallen regelrecht herausgeschrien.

Bürgermeister an zwei Fronten aktiv

Das Müllproblem seiner Insel kommt für den Bürgermeister zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Politisch kämpft er in Bangkok für die Unabhängigkeit des Inselarchipels und einer damit verbundenen Verwaltungssouveränität. Dafür braucht er viele jener Landespolitiker, denen er mit seinen Umweltaktionen ins Gehege kommt. Dass Ramnate Jaikwang einer der Protestführer gegen geplante Ölförderungen vor den Küsten Samuis, Phangans und Koh Taos ist, blieb in der Hauptstadt nicht unbemerkt.

Wenn der streitbare Bürgermeister ihnen nun auch noch wegen der Umwelt- und Müllpolitik der späten 90er Jahre aufs Dach steigt, der Abfallproblematik und ihrer Folgen, dann wird er sich nicht beliebter machen. Noch vor wenigen Wochen hätte sich Ramnate Jaikwang nicht träumen lassen, wie wichtig die Hilfe von Greenpeace für ihn noch werden kann. Zunächst beim Ölprotest gegen die Konzerne. Und nun auch beim Weg zu einer neuen Müllstrategie, die Abfall vermeidet, anstatt die Umwelt und die touristische Zukunft der Inseln zu verheizen.

Sam Gruber
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