Russland-Affäre: Trump sieht «Hexenjagd»

Foto: epa/Shawn Thew
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WASHINGTON (dpa) - In der Russland-Affäre verstärkt sich der Druck auf den schwer angeschlagenen US-Präsidenten Donald Trump. Das Justizministerium setzte den früheren FBI-Chef Robert Mueller als Sonderermittler ein, um die Untersuchung zu möglichen Absprachen zwischen dem Wahlkampfteam von Trump und Russland zu leiten. Trump wittert dahinter eine Kampagne politischer Gegner. «Das ist die bei weitem größte Hexenjagd auf einen Politiker in der amerikanischen Geschichte!», schrieb er am Donnerstag im Kurznachrichtendienst Twitter.

«Bei all den illegalen Handlungen, die es in Clintons Wahlkampfteam und in der Obama-Regierung gab, wurde nie ein Sonderermittler eingesetzt», erklärte der Präsident mit Blick auf seine demokratische Gegnerin im Wahlkampf, Hillary Clinton, und seinen Amtsvorgänger Barack Obama.

Vizejustizminister Rod Rosenstein hatte am Mittwochabend erklärt, die Ernennung des Sonderermittlers solle «eine umfassende und gründliche Untersuchung der Bemühungen der russischen Regierung, in die Präsidentenwahl von 2016 einzugreifen, sicherstellen». Er sei zu dem Schluss gekommen, dass die Umstände es nötig machten, dass die Ermittlungen unter Aufsicht einer Person geführt würden, die über ein Maß an Unabhängigkeit verfüge.

Der neue Sonderermittler Mueller war von 2001 bis 2013 unter den Präsidenten George W. Bush und Barack Obama Direktor der US-Bundespolizei FBI. Er war der direkte Amtsvorgänger von James Comey, den Trump in der vergangenen Woche entlassen hatte. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, Comey wegen der FBI-Ermittlungen zur Russland-Affäre entlassen zu haben. Trump gab später in einem Interview zu, er habe bei der Entlassung «dieses Russland-Ding» mit im Kopf gehabt.

Für eine unabhängige Untersuchung hatten sich die Demokraten in Washington seit Wochen eingesetzt. Sie begrüßten den Schritt.

Auch die Republikaner, die sich lange gegen einen Sonderermittler sträubten, äußerten sich positiv. Der republikanische Vorsitzende des Aufsichtsausschusses im Repräsentantenhaus, Jason Chaffetz, schrieb auf Twitter: «Mueller ist eine tolle Wahl. Tadellose Referenzen. Sollte weithin akzeptiert werden.»

Selbst die rechte Website Breitbart, deren früherer Chef Stephen Bannon nun als Trumps Strategieberater im Weißen Haus arbeitet, nannte die Entscheidung an sich «vertretbar und sogar gut, wenn auch unnötig». Allerdings sei der Schritt ungerecht, wenn man bedenke, dass kein Sonderermittler zur «Vielzahl an Skandalen» von Trumps Vorgänger Obama eingesetzt worden sei.

Der US-Justizminister kann einen vom Ministerium unabhängigen Sonderermittler für eine besonders heikle strafrechtliche Untersuchung einsetzen, wenn im Justizministerium ein Interessenskonflikt vorliegt oder die Ermittlungen im öffentlichen Interesse liegen. Letztere Begründung gab Rosenstein an. Er war es, der Mueller ernannte, weil Justizminister Jeff Sessions sich wegen Befangenheit durch frühere Kontakte zum russischen Botschafter in den USA, Sergej Kisljak, aus den Russland-Ermittlungen heraushält.

Mueller hat als Sonderermittler alle Befugnisse eines US-Staatsanwalts, kann also auch Anklage erheben. Laut Anweisung von Rosenstein kann er auch «etwaige Angelegenheiten, die durch diese Ermittlungen direkt entstanden sind oder entstehen könnten», untersuchen. Dazu kann etwa eine Rechtsbehinderung gehören. Trump soll laut Medienberichten Comey gebeten haben, Ermittlungen gegen den früheren Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen. Trump bestreitet das.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, dass die Verbindungen zwischen Mitgliedern aus Trumps Wahlkampfteam und Vertretern Russlands umfangreicher gewesen seien als bislang angenommen. Zwischen April und November 2016 habe es in mindestens 18 Fällen Telefonate, E-Mails und Text-Botschaften gegeben, sagten ehemalige und gegenwärtige US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur. Bei einem Drittel der Kontakte habe es sich um Telefonate zwischen Trump-Beratern und dem russischen US-Botschafter Sergej Kisljak gehandelt, darunter Flynn. Das Weiße Haus wollte sich nicht zu dem Bericht äußern.

Flynn hatte im Februar nach weniger als einem Monat im Amt zurücktreten müssen. Er hatte gegenüber Vizepräsident Mike Pence verschwiegen, dass er schon vor Trumps Amtsantritt Gespräche mit Kisljak über US-Sanktionen gegen Russland geführt hatte.

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