Oskar dachte bisher, alle erdenklichen Verkehrsverstöße auf Thailands Straßen miterlebt zu haben. Das Parken im absoluten Halteverbot, um ja nicht ein paar Meter gehen zu müssen, das Überholen in unübersichtlichen, scharfen Kurven, das Überholen auf dem Seitenstreifen bei hohem Tempo, Nötigung durch zu dichtes Auffahren und Abdrängen von der Fahrbahn, plötzliches grundloses Bremsen, Missachtung des Rotlichts, grobfahrlässiges Überschreiten des Tempolimits…

Zwei Machos haben Oskar eines Besseren belehrt. Der Fahrer einer schwarzen Limousine rollte vor dem Ampelrot auf der Abbiegespur an einem Dutzend wartender Fahrzeugen vorbei bis zur Mitte der Kreuzung. Von links kommende Motorisierte waren gezwungen, beim Rechtsabbiegen Slalom zu fahren. Als von links kein Auto mehr kam, raste die schwarze Limousine über die Kreuzung – die Ampel zeigte nach wie vor Rot.

Von Rot ließ sich auch der Fahrer eines Geländewagens nicht beeindrucken. Ihm waren wohl die zehn vor der Ampel auf Grün wartenden Fahrzeugführer zu viel. Also bog er nach rechts auf die Gegenspur, hatte Glück, dass ihm kein Wagen entgegenkam, und setzte sich schlussendlich vor die Fahrzeugschlange. Noch vor der Ampelschaltung war er auf und davon.

Anscheinend müssen Männer, nicht nur Thais, im Straßenverkehr ihre Männlichkeit ständig unter Beweis stellen. In Deutschland geltende Grundregeln wie „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“ und „Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird“ sind in Thailand unbekannt, werden bei der Führerscheinprüfung nicht abgefragt. Sie sollten bereits in den Schulen gelehrt werden.