Reich wie Dagobert, aber Kunstschmuggel für Millionen

Foto: epa/Nicolas Armer
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BERN: Weil er über 120 Kunstwerke illegal in die Schweiz eingeführt hat, sprach die Oberzolldirektion gegen den Schweizer Urs E. Schwarzenbach, Milliardär und Besitzer des Luxushotels Dolder Grand in Zürich, eine Busse von vier Millionen Franken aus.

Schwarzenbach besitzt Luxushotels, Schlösser und Ländereien in England und Australien. Sein Privatjet, so sagen Kenner, ist eines der teuersten Modelle auf dem Markt. Sein Vermögen wird auf etwa eineinhalb Milliarden Franken geschätzt. Wie beim weltberühmten Restaurant Kronenhalle in Zürich der Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung, hängt ein Teil seiner Kunstsammlung an den Wänden seines Zürcher Hotels Dolder Grand.

Der Milliardär umging insgesamt 10 Millionen Franken Mehrwertsteuern, so die Strafverfügung der eidgenössischen Zollverwaltung vom 6. Oktober, indem er Kunstwerke nach dem Kauf ganz offiziell ins Ausland exportierte, dadurch war keine Mehrwertsteuer geschuldet, und sie dann heimlich wieder in die Schweiz zurückbrachte.

Ein riesiger Kunstschatz sei so unverzollt in die Schweiz gelangt, darunter Werke von, Matisse, Modigliani, Picasso und Schmuckstücke des russischen Meisters der Goldschmiedekunst Carl Fabergé. Bei diesem größten Fall von Kunstschmuggel in der Schweiz geht es um Kunstschätze im Wert von mehr als 130 Millionen Franken.

Schwarzenbach war schon in früheren Jahren in Zollstreitigkeiten verwickelt. Er hatte Schmuck bei der Einreise in die Schweiz nicht vorschriftsgemäß angemeldet.

Auslöser für die jetzt gefällte Strafverfügung war aber ein, aus der Sicht von Schwarzenbach, kleiner Vorfall vom 20. September 2012. Damals landete Schwarzenbach mit seinem Privatjet am Flughafen Zürich-Kloten und passierte am Zoll den grünen Ausgang. Grün heißt, nichts zu deklarieren. Aber die Zöllner stoppten ihn und fanden ein Bild im Wert von mehr als 300.000 Franken und eine wertvolle Schmuckdose.

Nun hatten die Zollbeamten genug. Anstatt die Sache wie früher als Einzelfall abzuwickeln, leiteten sie umfassende Ermittlungen ein.

Im April 2013 durchsuchten Zollfahnder fast gleichzeitig das Hotel Dolder Grand, die Villa Falkenstein in Zürich und Schwarzenbachs Privathaus in Küsnacht am Zürichsee sowie Häuser in St. Moritz.

In der Villa Falkenstein fanden die Ermittler auf den Festplatten der Computer das später wichtigste Beweisstück, die Kunstdatenbank von Schwarzenbach. Er nannte sie „Faust“. In ihr wurde im Detail festgehalten, wann welches Kunstwerk wohin transportiert wurde.

Durch „Faust“ konnte der Zoll feststellen, dass Dutzende von Kunstwerken, die mit gültigen Papieren legal ins Ausland exportiert worden waren, in Wirklichkeit in der Schweiz in den Häusern des Milliardärs hingen, also unter Umgehung der Mehrwertsteuer ins Land geschmuggelt wurden.

Wären diese Kunstwerke wieder legal eingeführt worden, hätten sie beim Zoll angemeldet werden müssen. In allen diesen Fällen sei dies nicht erfolgt, sagt der Zoll.

Laut dem Zoll gibt es weitere Vorwürfe. In 27 Fällen ließ der Kunstliebhaber Kunstwerke zwar verzollen, doch seien die vorgelegten Rechnungen zu tief ausgestellt gewesen, oft auf nur zehn Prozent des bezahlten Kaufpreises.

Aus der Strafverfügung entsteht der Eindruck, der Hotelbesitzer habe die Vorwürfe des Zolls als Kavaliersdelikte abgetan. Nachdem seine Häuser durchsucht wurden, passierte er immer noch mit teuren Handtaschen oder Kunstschätzen den Zoll, ohne sie zu deklarieren.

Er gab an, so in der Verfügung, es gehe ihm nur um „die Umgehung einer endlosen Bürokratie“. Er wolle wegen 100.000 Franken „kein Büro aufmachen“ (Schweiz: etwas aufbauschen; etwas unnötig als wichtig erscheinen lassen) und handle aus Bequemlichkeit.

Der Streit mit der Zollbehörde geht nun in die nächste Runde. Schwarzenbach hat die Nachzahlung der zehn Millionen Franken Mehrwertsteuer scheinbar akzeptiert. Aber gegen die Verfügung mit der Buße von vier Millionen Franken hat er Beschwerde eingereicht.

Möglicherweise ist auch das Interesse der Zürcher Steuerbehörde geweckt. Ende Januar 2016 ließ sie vom Vermögen des Milliardärs 200 Millionen Franken blockieren. Offenbar will die Behörde prüfen, ob er als Devisenhändler in der Villa Falkenberg eine nicht deklarierte Geschäftstätigkeit hat.

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