Regierung schwer unter Druck

Regierung schwer unter Druck

BANGKOK: Der Frust über die verfahrene politische Lage in Thailand entlädt sich erneut in Gewalt. Das Blatt könnte sich bald gegen die Regierung wenden: neben den Demonstranten rückt der Regierungschefin jetzt auch die Anti-Korruptionsbehörde auf die Pelle.

Das Drama auf Bangkoks Straßen entfaltet sich mit erschreckender Gewalt vor laufenden Fernsehkameras. Polizisten mit Gasmasken feuern Tränengaspatronen, vermummte Demonstranten schleudern Wurfgeschosse. Gummigeschosse werden abgefeuert, und scharfe Munition: der politische Machtkampf in Thailand ist um eine blutige Episode reicher, ohne dass eine Lösung in Sicht wäre. «Wie können wir diese Tragödie ohne weitere Todesopfer beenden?» fragt der Kommentator der Zeitung «Nation», Pravit Rojanaphruk, ratlos.

Seit Wochen dauert die Kraftprobe zwischen der 2011 mit absoluter Mehrheit gewählten Regierung und den Demonstranten. Für letztere ist Regierungschefin Yingluck Shinawatra die Marionette eines maßlosen, korrupten Despoten, der das Land in den Ruin treiben will. Damit ist Yinglucks Bruder Thaksin Shinawatra gemeint. Er wurde 2006 vom Militär gestürzt, doch wählten seine Anhänger zweimal wieder Thaksin-Vertraute an die Macht. Thaksin lenkt die Regierung aus dem Exil.

Die Shinawatras sind nicht zum Rückzug bereit, die Demonstranten nicht zum Abzug. Wer hat den längeren Atem? Keine Seite hat Lösungen parat. Die Regierung versucht seit Wochen, die Demonstranten auszusitzen. Die Regierungsgegner verlangen nebulös einen ungewählten Rat, der die Regierungsgeschäfte führen soll. Eine Seifenopern-Lösung nennt Autorin Merisa Skulsuthavong dies im Südostasienforum «New Mandala» der australischen Nationaluniversität. «Über einen Helden zu fantasieren, der zur Rettung kommt, ist einfach - da braucht man sich nicht anzustrengen, sondern nur abzuwarten.»

Beide Seiten sind mit ihrer Taktik bislang nicht vorangekommen. Aber am Dienstag neigte sich die Waage aus zwei Gründen zugunsten der Demonstranten. Zum einen dürfte die Armee anhaltender Gewalt nicht tatenlos zusehen. «Ich warne davor, die Lage erneut eskalieren zu lassen», sagte Armeechef Prayuth Chan-ocha nach mehreren Explosionen Ende Januar. «Wenn Menschen sterben, schürt das nur Hass.»

Zum anderen verkündete die Anti-Korruptionsbehörde Ermittlungen gegen die Regierungschefin. Es geht um das höchst kontroverse Programm, Bauern Reis zu völlig überhöhten Preisen abzukaufen. Es geht um Korruption. Yingluck droht ein Amtsenthebungsverfahren.

An sich politisch völlig unabhängige Gerichte und Institutionen spielen in Thailand oft keine neutrale Rolle, wie Anwalt Verapat Pariyawong erklärt. Er nennt als Beispiel das Verfassungsgericht: «Es wäre absurd zu erwarten, dass das Verfassungsgericht klar in den Schranken des Gesetzes bleibt. Die Geschichte zeigt, dass dieses Gericht bereit ist, vom Richtertisch aus in die Politik einzugreifen.»

Es wäre nicht das erste Mal: 2008 protestierten Demonstranten gegen eine Thaksin-nahe Regierung und besetzten sogar tagelang den Flughafen in Bangkok. Ihr Protest endete, als das Verfassungsgericht die Regierungspartei unter fadenscheinigen Gründen auflöste und die Regierung damit stürzte. Die Opposition kam an die Macht.

(Foto: epa)

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