Rama V kurte in Bad Homburg

König Chulalongkorn schenkte der deutschen Stadt einen thailändischen Pavillon

König Chulalongkorn stiftete Bad Homburg die Thai Sala. Sie wurde im Mai 1914 eingeweiht und jetzt restauriert.
König Chulalongkorn stiftete Bad Homburg die Thai Sala. Sie wurde im Mai 1914 eingeweiht und jetzt restauriert.

Gold-und rotfarben erhebt sich der kleine Tempel unter den mächtigen Bäumen des Kurparks. Auf vier reich bemalten und mit Schnitzereien versehenen Säulen sitzt ein doppeltes Dach, auch dieses mit exotischen Verzierungen geschmückt. Der siamesische Tempel, die Thai Sala: eine der wichtigen Sehenswürdigkeiten Bad Homburgs, der Kurstadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus Dankbarkeitgeschenkt vom siamesischen König Chulalongkorn.

„Wir pflegen auch mit dem heutigen Thailand ausgezeichnete Kontakte“, sagt Kurdirektor Peter Bruckmaier. Und so waren denn kürzlich sechs Spezialisten aus Bangkok angereist, um Schäden an demBauwerk zu beheben. Das für die Restaurierungsarbeiten notwendige Material hatten sie in ihrem Gepäck dabei - Holz, Farben, Schindeln und 50.000 Stück Blattgold.

Mit überlieferten Werkstoffen

Auf beiden Seiten des Erdballs war man bestrebt, den alten Pavillon mit überlieferten Werkstoffen originalgetreu instand zu setzen. Schon im November des vergangenen Jahres war ein Bauexpertedes Fine Arts Departements, der Abteilung „Schöne Künste“ im Erziehungs ministerium, von Bangkok nach Bad Homburg ge- kommen, hatte die Thai-Sala eingehend untersucht und den Restaurierungsplanerstellt.

Auf 45 Tage waren die Arbeiten angesetzt. Die vier Männer und zwei Frauen aus Thailand hatten Akribisches zu leisten. Der Zahn der Zeit hatte an den Substanzen und an den wertvollenVerzierungen ebenso genagt wie die Natur. Und leider stammte mancher Schaden auch von Menschenhand, die z. B. mit Taschenmessern ihr Unwesen trieb. So mussten denn - neben dem Austauschzerbrochener Dachziegel - Holzstücke herausgeschnitten und ersetzt, goldene Einlegearbeiten erneuert und die gemalten Ornamente aufgefrischt werden. Allein die Wiederherstellung der Malerei anden vier Säulen beschäftigte vier der thailändischen Spezialisten fast die gesamten sechs Wochen.

Zeugnis einer langen Geschichte

Aber der Aufwand hat sich gelohnt. Kurdirektor Peter Bruckmaier: „Wenn die Feuchtigkeit weiter in die Substanz eingedrungen wäre, hätten wir noch grössere Schäden. Davor musste die Thai Salageschützt werden. Sie ist nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch ein Zeugnis der Geschichte Bad Homburgs als Fürstenbad.“

Damals, von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg, kamen sie in Scharen aus den Adelshäusern Europas, des Nahen und des Fernen Ostens, um in Homburg v. d. Höhe Genesung,Erholung und Geselligkeit zu finden. König Chulalongkorn, der 1868 als 15-jähriger und unter dem Namen Rama V. die Herrschaft in Siam angetreten hatte, bereiste Europa 1907. Er, der seinem Landdie Unabhängigkeit bewahrt und es zu einem modernen Staat reformiert hatte, wollte Verhandlungen mit den Kolonialmächten führen. Aber Chulalongkorn war krank. Der Monarch litt an Herz- undNierenschädigungen sowie einer chronischen Entzündung der Nasenschleimhaut - was ihn freilich nicht von seiner Passion abhielt: dem Zigarren rauchen.

Die von ihm konsultierten Ärzte in Wien, Berlin und Heidelberg empfahlen eine Kur in Homburg am Taunusrand. Am 23. August 1907 traf Chulalongkorn mit seinem Gefolge ein. Trinkkuren,Mineralbäder, Tonschlammpackungen und Massagen bestimmten vier Wochen lang seinen Tagesablauf, aber auch Festlichkeiten wie die Einweihung der neu erbohrten „König-Chulalongkorn-Quelle“ undsein 54. Geburtstag am 20. September, zu dem sich der Siam-Herrscher äusserst spendabel nicht nur gegenüber den Honoratioren der Stadt sondern auch gegenüber der Homburger Bevölkerung zeigte.

Zwei Tage nach der Feier verliess Chulalongkorn das Kurbad gut gestärkt. Noch vor seinem Tod 1910 leitete er alles in die Wege, um sein Homburg gegebenes Versprechen zu erfüllen: die Lieferungeines Pavillons für die nach ihm benannte Heilquelle. Ende 1910 traf der siamesische Tempel in Homburg ein - zerlegt und in viele, viele Kisten verpackt. Allerdings beschädigt. Eine ganze Reihevon Bauteilen musste nachgearbeitet werden, auch Fachleute, die sich mit siamesischen Baumethoden auskannten, mussten für den Zusammenbau gefunden werden. So konnte der Tempel erst ab 1913errichtet werden - nicht über der Quelle, sondern auf Wunsch Kaiser Wilhelms II. an dem Platz, an dem er noch heute steht. Am 22. Mai 1914 wurde die Thai-Sala eingeweiht.

Thais kommen zur Gedenkfeier

Abgesehen von den Kriegszeiten ist die Tempelhalle seitdem zu einem Anziehungspunkt der in Deutschland lebenden Thais geworden. Alljährlich veranstal-ten sie hier zum Todestag Chulalongkornseine Gedenkfeier, denn der König wird nach wie vor hoch verehrt. Auch Mitglieder des Königshauses, die nach Europa kommen, statten Bad Homburg und seiner Thai-Sala einen Besuch ab. Auf dieseWeise haben sich die Verbindungen mit dem fernen Land immer weiter gefestigt.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.