Phuang malai - die Kunst des Blumensteckens

Foto: epa/Barbara Walton
Foto: epa/Barbara Walton

THAILAND: Jedem Urlauber mögen schon öfters die vielen bunten Blumengirlanden und Blumenkränze, aber auch die kunstvollen Blumengestecke aufgefallen sein, die die Thais zu vielen Gelegenheiten verwenden, und die vielerorts angeboten und verkauft werden.

Blumenkränze und Blumengirlanden werden allgemein in Thailand als Phuang malai bezeichnet und sind in Thailand sowie anderen südostasiatischen Ländern der Ausdruck einer gepflegten Kunstform mit langer Tradition. Obwohl diese Kunstform des Blumensteckens schon seit dem 16.Jahrhundert bekannt gewesen sein soll, wurde sie erst wieder während der Herrschaft von König Chulalongkorn, Rama V., zunächst unter den Adeligen populärer. Die Damen am Königshof, Königinnen wie Prinzessinnen, verbrachten ihre Freizeit auch mit dem Entwerfen von herrlichen Blumengirlanden und Blumengestecken.

Die Herstellung und Darbietung von Blumengirlanden und Blumengestecken ist heute eine der vielen gepflegten Kunstfertigkeiten der Thais, die auch von Ihrer Majestät, Königin Sirikit, unterstützt wird. Dabei geht es hier um Blumengirlanden aus frischen Blumen und nicht um die auch angebotenen künstlichen Blumengirlanden.

Benötigt wird nicht nur eine kunstfertige Hand, sondern auch eine immense Geduld. Foto: epa/Barbara Walton
Benötigt wird nicht nur eine kunstfertige Hand, sondern auch eine immense Geduld. Foto: epa/Barbara Walton

Die Herstellung von Blumengirlanden

Das Anfertigen von Blumengirlanden und Blumengestecken ist immer noch eine Domäne der Frauen. Bereits in der Schulzeit werden den Schülern im Kunstunterricht die Kunst des Blumensteckens vermittelt, wobei besonders die Mädchen großes Interesse zeigen. Dazu werden auch spezielle Wettbewerbe in der Schule veranstaltet. Traditionell lehren auch viele Mütter ihren Töchtern die Fertigkeit des Phuang malai. Dabei entwickeln die Frauen und Mädchen nicht nur eine kunstfertige Hand, sondern auch eine immense Geduld und Feinheit, die man benötigt, um dann in Routine schöne Blumengirlanden und Blumengestecke aus den vielen zarten Blütenblätter anzufertigen, ohne diese dabei zu beschädigen. Mit Hilfe einer Nadel wird dann Blütenblatt für Blütenblatt auf Fäden aufgezogen. Routinierte Frauen und Mädchen fertigen bis zu hundert solcher Girlanden am Tag.

Blumensteck-Kunst

Dort, wo die Blumengirlanden verkauft werden, besonders in der Nähe eines Wat, kann man frühmorgens vielen Frauen und Mädchen, aber auch einige Männer und Jungen dabei zuschauen, wie sie auf Tischen, auf dem Boden oder auf einer Decke, Blütenblätter verschiedener Blumensorten geschickt zu kleinen und großen Blumengirlanden zusammenflechten. Am häufigsten verwendet man Blätter von Jasminblüten, kleinen violetten Orchideen, eine Art Ringelblume und zierliche rote Rosen. Alle Blumengirlanden werden dann mit einem bunten Band verbunden, damit man sie aufhängen kann. Die sehr schönen, fertigen Blumenkreationen riechen alle verführerisch und süßlich, und werden dann den Besuchern des Wat zum Verkauf angeboten, wo sie dann an Buddha-Bildnissen gespendet werden.

Die kunstvollsten und teuersten Blumengirlanden oder Blumengestecke bestehen aus bis zu zehn unterschiedlichen Blumensorten sowie Farben und können die unterschiedlichsten Formen und Größen haben. Diese werden bei besonderen Anlässen gerne verwendet. Dabei sind manche Kunstwerke derart schön und vollkommen, dass man sie oft sogar mit Porzellan verwechseln kann. Die höchste Fertigkeit von Phuang malai findet man im Königspalast, in der Chitralada-Residenz. Nicht nur zur Ausschmückung einzelner Räume dienen die vielen Blumengestecke und Blumengirlanden, die jeden Tag bewundernswert von geschickten Blumenbinderinnen entworfen werden, sondern natürlich lässt man zu jedem offiziellen Anlass die Residenz mit den wunderschönsten Blumengestecken und Blumengirlanden schmücken. Alleine für die Ausschmückung der königlichen Residenzen und für die vielen offiziellen königlichen Auftritte und Anlässe sollen bis zu 60 erfahrende Blumensteckerinnen beschäftigt sein. Damit wird einer der schönsten Kunstfertigkeiten königlich gefördert.

Der Verkauf von Blumengirlanden

An vielen Verkehrsschwerpunkten im Straßenverkehr, wo obligatorisch auch Wartezeiten für Autofahrer entstehen, sieht man Erwachsene und Kinder, die in der Nähe bereitstehen und von Auto zu Auto gehen, um ihre mit Bändern geschmückte Blumengirlanden für wenige Baht an den Fahrern zu verkaufen. Viele Kinder unterstützen so mit dem verdienten Geld ihre Familie oder bessern ihr Taschengeld auf. Die meisten Autofahrer hängen die Blumengirlande am Innenspiegel im Wagen, was ihnen dann Schutz und Glück bieten soll.

Meistens wird die einfachste Form einer Blumengirlande verkauft, die als ma lei bezeichnet wird. Eine ma lei besteht oft nur aus zwei Blumensorten und zwei Farben. Dabei ist der Verkauf im Straßenverkehr nicht so leicht und manchmal auch die Konkurrenz groß. Oft bleibt es Glückssache ist, ob ein Autofahrer, unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung und des Autotyps, eine oder mehrere Blumengirlanden kauft oder nicht. Auch das ständige Eilen zwischen den Autos gehen sowie die vielen Abgase machen dies alles zu einem mühseligen Geschäft. Es kann auch mehrere Stunden dauern, bis jemand alle Blumengirlanden verkauft hat oder nicht.

Das Girlandenmachen und der Verkauf von solchen sieht man immer noch am häufigsten in der Nähe von Tempel und Schreinen. Alleine am Erawan-Schrein in Bangkok werden tagtäglich so viele Girlanden abgelegt, dass der Schrein täglich von solchen gereinigt werden muss. Aber auch auf Märkten und in Geschäften werden frische Blumengirlanden angeboten. Somit ist Puang malai ein alltäglicher Bestandteil der thailändischen Kultur.

Die Verwendung der Blumengirlanden

Blumengirlanden werden zu vielen Gelegenheiten gekauft, gespendet und verschenkt. Die meisten werden tagtäglich in den vielen Wats des Königreiches als fromme Weihegabe an Buddha und zu anderen, ebenfalls religiösen Zwecken, verwendet. Blumengirlanden werden dort jeweils mit drei Rauchstäbchen und Lotosknospen oder anderen Blumen verkauft. Auch werden alle Buddha-Schreine und Geisterhäuschen bei verschiedenen Anlässen mit frischen Blumengirlanden geschmückt. An jedem Vollmondtag setzen in der Regel die Buddhisten frische Blumen auf ihre Altäre sowie Geisterhäuschen und schmücken diese auch zusätzlich mit frischen Blumengirlanden.

Blumengirlanden werden an Tempeln jeweils mit drei Rauchstäbchen und Lotosknospen oder anderen Blumen verkauft. Foto: epa/Narong Sangnak
Blumengirlanden werden an Tempeln jeweils mit drei Rauchstäbchen und Lotosknospen oder anderen Blumen verkauft. Foto: epa/Narong Sangnak

Viele Auto- und Busfahrer hängen sie auch an den Innenspiegel im Wagen, was ihnen dann Schutz und Glück bieten soll. Nach dem Aufhängen am Spiegel begrüßt man die Blumengirlande mit einem kurzen Wai. Auch überreicht man Blumengirlanden zu verschiedenen Anlässen wie Geburtstag oder Hochzeit sowie anderen Feierlichkeiten an Verwandte, Eltern, Großeltern und Freunde. Ebenso werden Blumengirlanden und kunstvolle Blumengestecke bei Festen und Feierlichkeiten als schöne Tischdekoration verwendet. Auch ist es üblich, bei Beerdigungen das Bild der Verstorbenen oder des Verstorbenen mit Blumengirlanden zu schmücken, als Zeichen des Respektes und letzten Abschiedsgruß.

Weiterhin werden Bilder des Königs und der Königin zu bestimmten Anlässen mit Blumengirlanden geschmückt, als ein Zeichen der Loyalität, Liebe und Respekt zum Königshaus. An Festtagen werden Denkmäler und Bilder von früheren Herrschern und weiteren Persönlichkeiten mit Blumengirlanden geschmückt. Wie auch in der Heimat an tragischen Unfallstellen Angehörige Blumen und Kerzen hinstellen, so werden auch in Thailand an solchen Unfallstellen Blumengirlanden von vorbeifahrenden Autofahrer gespendet, um den dort anscheinend ruhelosen Geist zu besänftigen.

Die Arten von Blumengirlanden und Blumengestecke

Zu der ersten Kategorie gehören die ma lei. Das sind Kränze, die hauptsächlich aus schön duftenden Jasminblüten und anderen duftenden Blüten bestehen. Diese Art von Blumengirlanden, die auf den vielen Straßen angeboten werden, bestehen oft nur aus zwei Blumensorten und zwei Farben. Sehr häufig werden solche ma lei vor jedem Wat, an Schreinen und Denkmälern verkauft. Es gibt einfache Ausführungen, aber natürlich auch große aufwendige Kränze, mit mehreren Blumensorten und Farben.

Zur zweiten Kategorie gehören die chat phan. Hierbei werden viele Blüten in Kugelform oder in nachgebildeter Form einer Lotosknospe kunstvoll zusammengesteckt. Eine chat phan dient zur besonderen Dekoration und wird in der Regel immer auf einer schönen Schale gestellt. Dies können schon, je nach Ausführung, wahre Kunstwerke sein. In gehobenen Haushalten wird eine oder mehrere chat phan gerne zur Dekoration aufgestellt. Auch auf vielen Festlichkeiten sieht man sie immer wieder in unterschiedlichen Größen, Formen und Farben.

Zur dritten Kategorie gehören die bai si. Eine bai si ist weniger bekannt als eine ma lei oder chat phan. Das liegt aber daran, dass bai si eine spezielle Form des Blumensteckens, bzw. auch Schmücken mit Blumen, ist und wird bei besonderen bei traditionellen Zeremonien sowie einigen Feierlichkeiten angewendet.

Traditionell werden Bananenblättern so geschickt zugeschnitten, dass man dann daraus eine Art Basis für die bai si in Schalenform flechtet. Am häufigsten nimmt man aber eine schöne silberfarbene oder goldfarbene Schale als Basis. Darauf kann man dann, je nach Anlass, unterschiedliche Gegenstände wie Früchte, Essen, Süßigkeiten und auch Geld als Spende legen. Dies alles wird dann mit Blumen oder Blumengestecke ausgeschmückt. Symbolisch ist also bai si Teil einer Art Opferschale. Solche „Opferschalen“ werden nicht nur Mönchen überreicht, sondern können auch Lehrern und älteren Personen als Symbol des Dankes überreicht werden. Auch opfert man hin und wieder zu bestimmten Anlässen solch eine Opferschale vor dem Geisterhäuschen oder Hausaltar.

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