Pattaya goes Culture (2)

Zwischen Schinkenproduzent und anspruchsvollem Künstler

Bürgermeister Khun Itthipol Khunpeum (rechts) eröffnet im Beisein von Khun Manat Mepong, Geschäftsführer des “Pattaya Floating Markets”, die Ausstellung “Arom Thai”.
Bürgermeister Khun Itthipol Khunpeum (rechts) eröffnet im Beisein von Khun Manat Mepong, Geschäftsführer des “Pattaya Floating Markets”, die Ausstellung “Arom Thai”.

Die Suche nach einer eigenständigen Kunstszene in Pattaya geht weiter

Im ersten Beitrag "Pattaya goes Culture" (FARANG Nr. 6) hatte ich den fulminanten Eindruck, den die im Sheraton Pattaya Resort gezeigte Ausstellung "New Ecologies" auf mich gemacht hatte, zum Anlaß genommen, mich auf die Suche nach einer eigenständigen Kunstszene in Pattaya zu machen und ernüchtert feststellen müssen, daß es sie offenbar nicht gibt.

Aber, das war wohl etwas zu kurz gesprungen, denn jüngste Aktivitäten belegen: es gibt ermutigende Anzeichen dafür, daß sie doch existiert und sogar auf dem besten Weg ist, sich durch spektakuläre Events immer lauter Gehör zu verschaffen! Was aber wohl noch nicht so recht zu funktionieren scheint, ist vielmehr der Kontakt untereinander, also das, was man heute als "Netzwerk" bezeichnet, so daß man zunächst tatsächlich den Eindruck gewinnen kann, als friste sie angesichts von Vergnügungstempeln und Bierbars in der Stadt eher ein bescheidenes und zurückgezogenes Schattendasein.

Die Antwort also: lediglich ein Kommunikationsproblem?

Auf das zweite Fundstück auf meiner Suche nach einer eigenständigen Kunstszene in Pattaya stieß ich während eines Besuchs in der neuen Touristenattraktion der Stadt, dem "Pattaya Floating Market". Erst seit November 2008 in Betrieb, hat sich diese Sehenswürdigkeit zum Zentrum thailändischer Kunst und Kultur sämtlicher Regionen des Landes entwickelt und zieht inzwischen als lohnendes Ausflugsziel Locals wie Farangs gleichermaßen an. Was durch die umfassende Zuschüttung der Klongs in Bangkok weitgehend verlorengegangen ist, hier wird es – quasi in Bonsai-Form – zu neuem Leben erweckt! Auf verschlungenen Holzstegen schlendert man durch die in typisch thailändischem Stil gebauten Boutiquen, in denen anspruchsvolle und dekorative Produkte regionaler und lokaler Handwerkskunst zum Verkauf angeboten werden, kann sich aus einem der zahlreichen umherfahrenden kleinen Boote versorgen lassen oder auch selbst ein solches besteigen, um das ganze Drum und Dran vom Wasser aus zu erleben.

Zieht man jedoch die Stege vor, so findet man sich urplötzlich auf der Theud Theung Stage in einer veritablen Kunstausstellung mit dem klangvollen Namen "Arom Thai" wieder, was frei übersetzt so viel heißt wie "…ein Hauch von Thailand". 27 Künstler präsentieren dort ihre Werke. Zunächst überrascht es, einige Bekannte wiederzutreffen, deren Namen uns schon aus dem ersten Beitrag geläufig sind. Da wäre zunächst einmal Mana Yaprakham ("Artist Mana"), der "Klimt-Kopierer", zu nennen. Er ist u.a. mit einem phantasievollen Bild mit dem Titel "Vergänglichkeit" vertreten. Auch die beiden Brüder Vasin und Wasan Suttikasem treffen wir wieder. Sie waren mir bereits als zwei Vertreter der "Thappraya Group" begegnet, die ihre Erstausstellung im vergangenen Jahr in Bangkok hatte. Von ihnen wird an späterer Stelle noch etwas ausführlicher zu berichten sein.

Eröffnet wurde "Arom Thai" am 21. Februar 2009 durch keinen Geringeren als Pattayas Bürgermeister Khun Itthipol Khunpluem. Ihr Titel soll dem Besucher tatsächlich einen "…Hauch von Thailand" vermitteln. Zurückzuführen ist sie auf die Initiative einer Künstlergruppe, die das traditionelle Ambiente nutzen wollte für die ästhetische Darstellung thailändischer Kunst und thailändischen Erbes. Durch ihren Titel möchten die Künstler anknüpfen an die Geschichte und Kultur ihres Landes. Und mehr noch: "Arom Thai" ist nicht nur eine Kunstausstellung, sondern interessierte Besucher sind sogar eingeladen, in besonders angebotenen Workshops ihr Wissen und Können im Austausch mit den Vertretern der Künstlergruppe zu vertiefen, so zum Beispiel in der Porträt- oder Landschaftsmalerei, in der Bemalung von Stoffen oder auch durch das Erlernen verschiedener Maltechniken, wie u.a. der Air-Brush-Technik.

Ich erinnere mich daran, daß Alan Kirkland-Roath, einer der Organisatoren der Ausstellung "New Ecologies" im Sheraton Pattaya Resort, seine Aktion in Zusammenhang mit anderen vergleichbaren Events in Pattaya gestellt sehen wollte. Voilà Alan, hier ist die Antwort!

Vasin Suttikasem (33) erläutert sein 2009 entstandenes Bild
Vasin Suttikasem (33) erläutert sein 2009 entstandenes Bild "Lady Walk”, Öl auf Zink, 110x110 cm.

"Es gehört zu unserer Politik, alles zu unterstützen, was unsere Stadt für Touristen attraktiver macht, dazu gehört auch die Kunst", verkündete Bürgermeister Itthipol im englischen Teil seiner Ansprache vor den zahlreichen Zuschauern, die es sich nicht hatten nehmen lassen, dem Eröffnungsspektakel, u.a. bestehend aus einer traditionellen Tanzdarbietung, einem Kampf zweier Säbelfechter sowie einer Life-Performance eines Künstlers beizuwohnen. In einem kurzen Interview, das er mir anschließend gewährte, fragte ich ihn, ob es in seiner Organisationsstruktur für Pattaya die Person eines "Kulturbeauftragten" gebe, wie wir ihn eigentlich aus allen Städten und Gemeinden westlicher Prägung kennen. Diese Aufgabe werde durch das "Department of Education" wahrgenommen, so seine Antwort. Diesem gehöre unter anderem auch der Sport, aber eben auch Kunst und Kultur an. Schließlich wollte ich von ihm wissen, ob ihm die noch bis Ende April im Sheraton-Hotel gezeigte Kunst-Ausstellung "New Ecologies" bekannt sei, wenn nein, sei er herzlich eingeladen, sich diese einmal anzusehen. Bereitwillig stimmte der smarte Mittdreißiger dem zu.

Was die Ausstellung "Arom Thai" allerdings zeigt, entspricht nicht gerade dem, wonach ich seit einigen Tagen suche, nämlich der "…contemporary modern art" in Pattaya, denn letztlich ist es diese, die eine eigenständige Kunstszene ausmacht. Die Frage, wie sich die Künstler mit den Fragen und Problemen der Gegenwart auseinandersetzen, sollte dabei im Mittelpunkt stehen. "Arom Thai" indes zeigt Bilder, die aus einer begrenzten Vorstellungswelt heraus entstanden sind. Den Künstlern fehlt die Vergleichsmöglichkeit, was sonst so auf der großen weiten Welt geschieht. Wer heute in der modernen Gegenwartskunst mitreden will, muß in der Lage sein, global zu denken und zu handeln. Die gezeigten Arbeiten entsprechen deshalb vielmehr gemalter Volksmusik, als in Form und Farbe umgesetztem Hip-Hop. Da fallen die beiden Brüder Vasin und Wasan Suttikasem mit ihren Werken noch am ehesten aus der Reihe. Grund genug, sie einmal in ihrem Atelier in der Thappraya Road zu besuchen. Vielleicht sind sie mir bei meiner Suche behilflich und können mir sogar den einen oder anderen Tipp geben.

Ich treffe sie in dem nagelneuen Showroom ihrer "KC Space Art Gallery", wo sie gerade dabei sind, eine Ausstellung der erst seit zwei Monaten existierenden Kleurn Samutr (Sea Wave) Gruppe vorzubereiten, die am 1. März ihr Opening haben soll. KC Space Art Gallery, erläutert mir Wasan, der jüngere der beiden Brüder, geht zurück auf seinen Vater Kob Chai Suttikasem, der es vor Jahren ebenfalls als Maler zu Ruhm und Anerkennung gebracht habe. Heute, mit 63 Jahren, habe er sich zur Ruhe gesetzt. Die im Pattaya Floating Market ausstellende "Arom Silp Group" sah Wasan weniger als eigenständige Gruppe an, denn als Künstler, die sich zufällig zu der Ausstellung zusammengefunden hätten, nach deren Abbau aber wohl wieder auseinander gingen. Bei der Kleurn-Samutr-Gruppe dagegen sei das etwas anders. Sie alle seien Absolventen des Ratchamongkol- (Korat) oder Poh Chang-(Bangkok) College und würden sich seit Jahren kennen. Jeder einzelne von ihnen habe dort mit einem Diplom abgeschlossen. Er selbst besitze einen Bachelor of Arts der nahe Bangkok gelegenen Rangsit-Universität.

"Viele dieser Künstler aus unserer Gruppe kommen aus bescheidenen Verhältnissen. Sie wissen, daß man mit Malen nicht reich werden kann, aber sie lieben die Kunst und haben sich deshalb trotz allem für diesen Weg entschieden. Wenn man heute den Beruf eines Künstlers einschlägt, muß man bereit sein, Opfer zu bringen. Mein Bruder und ich sind in der glücklichen Lage, daß uns unser Vater unseren Weg sehr leicht gemacht hat, aber nur von der "…contemporary modern art" könnten auch wir nicht leben. Geld verdient wird eben immer noch mit der Anfertigung seichter und gefälliger Darstellungen."

Hinzu käme, so Wasan weiter, daß bei den Thailändern das Interesse an moderner Gegenwartskunst begrenzt sei.

"Thailand ist ein Land, das sich noch im Entwicklungsstadium befindet. Es sind die Bürger von Pattaya, die durch ihr Interesse dazu beitragen müssen, daß sich die zarte Pflanze einer eigenständigen Kunstszene weiter entwickeln kann."

Wasan Suttikasem (30) vor seinem 2008 entstandenen Bild
Wasan Suttikasem (30) vor seinem 2008 entstandenen Bild "Walking Street”, Öl auf Leinwand, 150x150 cm.

Hinsichtlich seiner Berufsgenossen bemängelte Wasan, daß jeder einzelne von ihnen noch zu sehr sein eigenes Ding mache und nicht über den Tellerrand hinausschaue.

"Wir müssen Pattaya eine andere, bessere Richtung geben."

Unter lebhafter Zustimmung seines Bruders Vasin fügt er hinzu:

"Insofern sind wir Khun Manat Mepong, dem CEO des Pattaya Floating Markets, zu Dank verpflichtet, daß er die Ausstellung dort ermöglicht hat. Genau das ist der richtige Weg, das Image Pattayas zu verbessern."

Nach der Eröffnungsveranstaltung bezeichnete der Kunstkritiker Tony Godel die KC Space Art Gallery als eine willkommene Ergänzung für die Kulturszene Pattayas: "Sie ist eine inspirirende und aufregende Bereicherung, in der man künftig die aufstrebenden Talente in der thailändischen Kunst wird sehen können."

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