„Ozapft is“!

„Ozapft is“!

Das größte Volksfest der Welt, das Oktoberfest in München, 183 Jahre alt, hat für dieses Jahr wieder seine Zelte aufgebaut und geöffnet. Damit beginnt die große Sause und das Geschäft, die Maß für Euro 10,70 bis 10,90 Euro. Ein Klacks! Klar die Zeltbetreiber sind inzwischen alle Millionäre. Aber sie tragen ja auch das Risiko. Und wenn, wie in diesem Jahr, zur Eröffnung Regenschauer die Wiesn überspülen und die Gäste ausbleiben, dann ist das Vermögen schnell wieder weg.

Überall in den entlegensten Gegenden der Erde wird mit dem Gerstensaft das große Geschäft betrieben, noch bis mindestens Mitte November. Natürlich auch in Thailand. Aber das sind nur Kopien. Vom Lederhosen-Original Sepp Biermosler ist das Zitat per Facebook millionenfach angeklickt worden: „Die einen ersaufen im Mittelmeer, die anderen auf der Wies’n“. Geht es noch zynischer?

Als der bayerische Ministerpräsident das erste Fass angezapft hatte – drei Schläge hat er dafür gebraucht – sagte er: „Abgschoben is“! So haben es jedenfalls die meisten verstanden. Der frenetische Beifall nahm kein Ende, berichtete mein Vertrauensmann, der Herr Orban aus Ungarn. Allerdings hatte er zu der Zeit schon einige Maß privat intus, gratis und spendiert vom Horstl, seinem Busenfreund von der CSU. Gleichzeitig zapfte der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter im Nebenzelt ein Fass mit zwei Schlägen an und dem Schlachtruf: „Ozapft is! Auf eine friedliche Wiesn“.

Und wer sind die Typen, die gegen das traditionelle bayerische Fest anstänkern? Das sind Muslime, die es nicht ertragen können, betrunkene Menschen in aller Öffentlichkeit erleben zu müssen. „Dafür isch bin nicht geflichtet“, gab Abdul zu Protokoll, „so etwas isch mussen nicht sehen“. Recht hat dieser arme Mann. Unter Lebensgefahr hat er sich bis München durchgeschlagen – und dann das! Alkohol ist für gläubige Muslime was Kuhfleisch für Hindus oder Schweinebraten für Juden ist. Da haben Katholiken es einfacher: Sie dürfen auf Teufel komm raus sündigen, und, sofern sie hinterher beichten, ist alles wieder gut. Außerdem, was geht diesen Asylanten unsere Tradition an? Sollen wir uns etwa von denen unsere Riesengaudi vermiesen lassen? Zwar gibt es kein Patent darauf, aber das könnte man ja nachholen, genauso wie das Cleverle aus Berlin-Zehlendorf, das sich nach der Wiedervereinigung die Staatshymne der DDR hat patentieren lassen. Seitdem kassiert die GEMA für diesen Typen Monat für Monat die Gebühren ein. Soweit ich weiß, ist der Name „Oktoberfest“ bisher nicht geschützt. Also, ran!

Wenn Millionen Menschen aus aller Welt jedes Jahr gegen Ende September zum Oktoberfest nach München pilgern, dann muss da doch was dran sein – oder? Was könnte das sein? Gebratene Hähnchen und Haxen gibt es auch anderswo, ebenso wie Bier und Achterbahnen. Aber vielleicht fehlt da die deutsche Gemütlichkeit, ein Wort, das bisher in keine andere Sprache übersetzt wurde, aber trotzdem wird es überall benutzt. Deutsche Gemütlichkeit. Das heißt singen, saufen und den Madelns auf den prall gefüllten Busen zu schauen. Danach geht dann nichts mehr. Aber schön war’s, gell? Wenn es nur nicht an allen Ecken und Enden nach Urin stinken würde und nach Erbrochenem.

Alle Jahre wieder steht München im Focus der Welt. Alle Medien berichten darüber, meistens positiv. Wer dann aber die Bilder veröffentlicht von menschlichen Ausscheidungen, von Bierleichen in den Ausnüchterungszelten oder anderen, die volltrunken durch die Straßen wanken, der muss Kritik ertragen können. Besoffene Autofahrer beschweren sich über verstärkte Polizeikontrollen. Verdammt nochmal! Darf man denn nicht einmal im Jahr lustig sein? Klar, darf man. Nur eine Minderheit, die Unfallopfer, sind anderer Meinung. Aber wo gibt es keine Spielverderber? In Thailand sterben während des Songkran-Festes viel mehr Menschen. Na, also! Außerdem gibt es auch hier überall sogenannte Oktoberfeste, weil es nichts gibt, was hier nicht kopiert wird. Die Herbstzeitlosen, damit meine ich die unverwüstlichen alten Farangs, werden auch weiterhin leben, lieben, saufen und grölen: „Oans, zwoa, g‘suffa“!

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