Öllieferstopp bleibt auf der Agenda

Foto: epa/Justin Lane
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NEW YORK/SEOUL (dpa) - 90 Prozent des nordkoreanischen Außenhandels liegen mit Hilfe von Sanktionen schon auf Eis. Doch als Lebenselixier des Landes gilt das Rohöl. Trotz wiederholten Drängens der USA macht China bisher keine Anstalten, seine Öllieferungen an Pjöngjang zu kappen.

Nach dem Test einer neuen Interkontinentalrakete durch Nordkorea will die US-Regierung den Druck auf die diplomatisch isolierte Führung in Pjöngjang erhöhen. Die USA forderten China auf, seine Öllieferungen an das benachbarte Nordkorea zu stoppen. «China muss mehr tun», sagte UN-Botschafterin Nikki Haley in einer Sitzung des Sicherheitsrats in New York am Mittwoch (Ortszeit). Chinas Präsident Xi Jinping habe die Chance, «das Richtige zum Vorteil aller Länder zu tun». Andernfalls könnten die USA die «Öl-Situation selbst in die Hand nehmen». Konkrete Schritte als Reaktion auf den Test, mit dem Nordkorea erneut gegen UN-Resolutionen verstoßen hat, beschloss der Rat nicht.

Die offizielle nordkoreanische Zeitung «Rodong Sinmun» veröffentlichte unterdessen am Donnerstag Bilder, die eine neuartige Interkontinentalrakete des Typs Hwasong-15 und ihren Starts am frühen Morgen des Vortags zeigen sollen. Die Bildinhalte wurden nicht von unabhängiger Seite bestätigt. Nordkorea hatte nach dem Start erklärt, das Land sei nun in der Lage, das gesamte Festland der USA mit Atomsprengköpfen angreifen zu können.

«Wir haben nie den Krieg mit Nordkorea gesucht und suchen ihn heute noch immer nicht», sagte Haley. Sollte der Krieg tatsächlich ausbrechen, seien die «wiederholten Aggressionen» Nordkoreas der Grund dafür. Sollte es so weit kommen, würde die Führung in Pjöngjang «absolut zerstört». Südkoreas UN-Botschafter Cho Tae Yul sagte, es gebe immer noch eine wenn auch kleine Chance, den Konflikt friedlich zu lösen.

Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats hatten die Lieferungen von Mineralölerzeugnissen wie Benzin, Diesel und Schweröl an Nordkorea im September bereits gedeckelt. Das Land bezieht nach US-Angaben jährlich aber weiterhin rund vier Millionen Barrel Rohöl aus dem Ausland - der Großteil kommt aus China. Dessen stellvertretender UN-Botschafter Wu Haitao ging auf Haleys Forderung nicht ein.

Im März 2003 hatte China seine Öllieferungen an das Nachbarland schon einmal für drei Tage gestoppt, um das Land für einen Raketentest abzustrafen. Einige Monate später nahm Nordkorea mit den USA an Sechs-Parteien-Gesprächen teil. Diese Episode ist Haley zufolge ein Beleg dafür, dass der «internationale Paria» mit Öl als Druckmittel auch diesmal an den Verhandlungstisch gebracht werden kann.

Haley forderte die Länder der Welt auf, sämtliche Verbindungen in den Bereichen Militär, Wissenschaft, Technik und Handel mit Nordkorea zu kappen. Mehr als 20 Länder hätten ihre diplomatischen Beziehungen mit dem Land bereits begrenzt oder beendet, sagte Haley. Die USA hatten am Mittwoch auch das Auswärtige Amt in Berlin aufgefordert, den deutschen Botschafter aus Nordkorea abzuziehen. Die Bundesrepublik wird dort vom Diplomaten Thomas Schäfer vertreten und erhält den diplomatischen Kontakt anders als andere Staaten bisher aufrecht.

Es war Nordkoreas 19. Raketentest in diesem Jahr, im September hatte das Land zudem zum sechsten Mal einen Atomtest durchgeführt. «Dieser Start ist absolut inakzeptabel», sagte Japans UN-Botschafter Koro Bessho im Sicherheitsrat mit Blick auf den Raketenstart. «Wir haben Glück, dass niemand verletzt wurde.» Die Rakete stürzte nach dem Flug ins Japanische Meer (koreanisch: Ostmeer). Die Hwasong-15 war den Angaben Nordkoreas zufolge vom «höchsten Abschusswinkel» gestartet worden. Dadurch sei sie 4.475 Kilometer in die Höhe und 950 Kilometer weit in Richtung Osten geflogen.

In Südkorea ging das Militär unter anderem anhand der Bilder aus Nordkorea davon aus, dass das tatsächlich ein neuer Raketentyp gewesen sein könnte. Das hätten erste Analysen ergeben, wurde ein Sprecher des Generalstabs von der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap zitiert. Demnach unterscheidet sich unter anderem der Vorderteil von dem des Vorgängertyps Hwasong-14, den Nordkorea im Juli getestet hatte. Experten zweifelten bisher, ob Nordkorea bereits in der Lage ist, einen schweren Sprengkopf so zu verkleinern, dass er auf eine Rakete passt.

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