UPDATE: CDU/CSU gewinnt Wahl mit Verlusten

Nur einer kann gewinnen - Merkel und Schulz im Wahllokal optimistisch

Foto: epa/Carsten Koall
Foto: epa/Carsten Koall

Berlin (dpa) - Die Christdemokraten von Bundeskanzlerin Angela Merkel haben die Bundestagswahl vom Sonntag nach ersten Prognosen der deutschen Fernsehsender trotz deutlicher Stimmenverluste gewonnen. Die rechtspopulistische AfD ist mit einem zweistelligen Ergebnis erstmals im Parlament vertreten.

Der Herausforderer war schnell, die Amtsinhaberin ließ sich Zeit. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gab am Sonntag als einer der ersten Spitzenpolitiker in seiner Heimatstadt Würselen seine Stimme zur Bundestagswahl ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) tat dies erst am Nachmittag in Berlin. Zuversicht versuchten beide auszustrahlen.

Gemeinsam mit Ehemann Joachim Sauer schritt die Kanzlerin in Berlin-Mitte an die Wahlurne. Im Wahllokal, wo sonst Studierende zu Mittag essen, warteten zahlreiche Journalisten auf das Paar. Auf dem Weg dorthin hielt der Chemieprofessor einen Schirm schützend über seine Frau - das Wetter in Berlin war regnerisch. Die Kanzlerin präsentierte sich dennoch gut gelaunt und fand noch Zeit für einen Schwatz mit den Wahlhelfern. Für den Wahltag hatte Merkel einen blutorangefarbenen Blazer gewählt, ihr Mann entschied sich für eine grüne Krawatte.

Auch Schulz gab sich optimistisch. Immerhin war das Wetter in Würselen viel besser als in Berlin. Hand in Hand mit Ehefrau Inge betrat er in schwarzem Anzug und mit rot gemusterter Krawatte das Rathaus seiner Heimatstadt. In der Nacht vor der Bundestagswahl habe er sehr gut geschlafen. «Ich bin optimistisch, dass die SPD mit einem guten Resultat aus diesem Wahlkampf herauskommt», sagt Schulz im Anschluss. Vor dem Wahllokal zeigte der SPD-Chef das Victory-Zeichen. Als er später zu dem wartenden Auto geht, fragt ihn jemand: «Wie viel holt die SPD heute?» Schulz stutzt kurz: «Genug, dass ich Kanzler werde.»

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, 2009 noch unterlegener SPD-Kanzlerkandidat, war wie Schulz zeitig zum Wahlakt geschritten. Geduldig reihten sich er und seine Frau Elke Büdenbender in einer Grundschule in Berlin-Zehlendorf in die Warteschlange ein, schüttelten Hände und redeten mit anderen Wählern. Gemeinsam mit Bundeswahlleiter Dieter Sarreither dankte Steinmeier im Anschluss den vielen Wahlhelfern bundesweit.

In Berlin-Kreuzberg trat ein gut gelaunter Cem Özdemir an die Wahlurne. Womöglich lag es an einer Begegnung auf dem Weg ins Wahllokal. Der Grünen-Spitzenkandidat hatte einen Musiker der Band Culcha Candela getroffen und twitterte ein Foto in die Welt. Christian Lindner twitterte am Sonntag auch fleißig, Bilder von der Stimmabgabe gab es allerdings keine. Der FDP-Chef hatte sich schon per Briefwahl entschieden.

Das taten auch die Spitzenkandidaten der AfD, Alice Weidel und Alexander Gauland. Die AfD-intern in die Defensive geratene Parteivorsitzende Frauke Petry gab hingegen ihre Stimme in Leipzig ab und machte vor Fotografen und Kameraleuten ein freundliches Gesicht. Ein Statement wollte Petry am Sonntag aber nicht abgeben.

Zum absehbaren Einzug der AfD in den Bundestag meint die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag»:

«Nun dürfen plötzlich auch Rassisten und Demagogen, die ernsthaft der Meinung sind, Deutschland müsse sich nicht mehr länger für seine Nazivergangenheit schämen, auf der höchsten politischen Bühne des Landes mitreden. Dies zu beklagen, mag inhaltlich zwar richtig sein, demokratiepolitisch ist es aber falsch. Denn die AfD mit ihrem extremen Gedankengut kann in einer Demokratie nur im politischen Prozess eingedämmt werden. Viele Deutsche werden die AfD auf den Wahlzettel schreiben, nicht weil sie alle Rassisten wären, sondern weil sie Angst haben vor den vielen Flüchtlingen, Angst vor Terror, Angst, dass die Rente nicht mehr zum Leben reicht. Und weil sie keine alternative Partei gefunden haben, die ihre Ängste ernst nimmt. Der Grund dafür liegt bei der Bundeskanzlerin. Angela Merkel ist mit der CDU für viele Wähler zu sehr in die Mitte gerückt. Vielleicht sollte man das beklagen.»

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 25.09.17 10:48
Es ist schon beeindruckend, dass sich
eine große Anzahl der Menschen in Deutschland, insbesondere in Sachsen, nicht davon abhielten, die AfD zu wählen, obwohl die Medien bis zur letzten Stunde noch Stimmung gegen die Partei machten. Die Stänkereien der CSU der Partei CDU(CSU sehr geschadet. Die SPD kann sich nun in der Opposition regenerieren. Dem Kommentar der Züricher Zeitung kann man eigentlich nur zustimmen.