Neulich, am Strand: Wart mal, ich muss mal!

Neulich, am Strand: Wart mal, ich muss mal!

Was in Miami Beach der Ocean Drive ist, ist in Jomtien die Promenade. Abends, nach dem Essen, trifft man sich am Strand. Man zeigt sich, und wird gesehen. Viele Damen haben ihre schönen Roben angezogen, junge Mädels zeigen ihre Reize in Hotpants oder Minirock. Meist ältere Männer zeigen stolz ihre neuesten Begleiterinnen. Alleine unterwegs sind nur einige Abendjogger oder Neuankömmlinge.

Thais, Touristen und Residenten finden sich meist in Gruppen nach Sprachen oder Herkunft. Engländer, Norweger, Polen oder Russen. Spanier hier, Italiener da. Die ganze Welt ist hier vertreten. Australier, Österreicher, Araber, Schweizer, Chinesen, Deutsche und, und, und. So ist auch nur das bloße Beobachten der Leute interessant. Die tägliche Gesprächsrunde findet deshalb heute ohne mich statt.

Ich schaue also den vorbeiziehenden Leuten zu, als ein älterer Herr, in Begleitung einer jungen Thai, sich alleine ins Dunkle des Strandes aufmacht um hinter einem der mächtigen Bäume sich zu erleichtern. Die stehen gelassene Thai wartet derweil auf dem Weg. Auch das ist „Take care“ - als Thai-Dame wartet man auf das alte Wrack. Durch den Sand zu stampfen, eventuell auch noch angesäuselt, weil man der Dame gezeigt hat, wieviel man noch saufen kann, ist nicht jedem zuträglich. Zudem könnte noch das Herz versagen, wenn auch noch blaue Tabletten mitspielen. Eine Thai nimmt Rücksicht auf ihren ATM...

An die Entsorgung hat niemand gedacht

„Mich juckt die Säbelspitze. Ich muss mal austreten“, unterbricht ein Bekannter die Diskussion, die neben mir stattfindet. „Warte, ich muss auch eine Stange Wasser abstellen“, ruft Kollege Michi hinterher. Gemeinsam begeben sie sich hinter die Bäume. Nach kurzer Zeit kommen beide zurück. „Hast du bemerkt, dass du der schlafenden Obdachlosen dort fast auf die Decke gepinkelt hast?“, wende ich mich an Michi. Er schaut zurück, wo er eben noch sein Geschäft verrichtet hat und bemerkt nun die im Dunkeln liegende auch. „Oops, na ging ja nochmals gut“, lacht er. „Sagt mal, warum geht ihr nicht ins Restaurant da drüben. Sauber, Hände waschen kann man auch. Einfach etwas zivilisierter“, schaue ich meine Kollegen an. „Das kostet 10 Baht. So kostet das Bier schon 75 Baht, wenn du die Entsorgungskosten auch noch einrechnest“, entgegnen sie mir. „Ja, ja. Wie bei den Atomkraftwerken. An die Entsorgung hat keiner gedacht, hä? Nur, dass 10 Baht ausreichen würden, um deinen Sondermüll zu beseitigen.“ „Ja, was willst du? Das machen doch alle. Schau doch“, entschuldigend weist er auf die nächsten, die sich zum Strand begeben. Damen wie Herren. Mal verschämt, mal unverhohlen. „Da. Schau. Die Dame dort, setzt sich doch gerade unter den Baum, wo du tagsüber im Liegestuhl hockst“, zeige ich vergnügt Michi zu der Dame.

„Alle paar Minuten kommt eine(r) zum Pinkeln her. Mal an die Liegestühle, an die Sonnenschirme oder die Kühlboxen. Auch schon mal stehend freihändig ins freie Schussfeld. Bis die Nacht rum ist, werden hier locker an die 50 Leute hingepisst haben. Und morgen kommen die Liegestuhlvermieter, und bauen mit verpissten Sonnenschirmen und Stühlen neu auf. Halleluja. Was für ein Vergnügen, mitten in der Latrine, in der Pisse der anderen zu hocken und sein Bier, mit Bockwurst aus dem gegenüberliegenden Restaurant, zu genießen“, mache ich meinem Ekel Luft. „Der nächs­te Regen spült das alles wieder weg“, meint der andere. „Klar, nur hat es schon 2 Monate nicht mehr geregnet. Ich könnte dir ausrechnen, wie viele Pisseinheiten hier im Sand liegen“, amüsiere ich mich. „Nee. lieber nicht“, weist Michi lachend ab.

Bier in der Farang-Latrine

Auf einmal sticht es mich am Oberschenkel. Eine große rote Ameise ist unbemerkt an mir hochgekrabbelt und wehrt sich nun gegen das Zerdrückt werden zwischen Hose und Farang-Fleisch. Es brennt höllisch. Ich springe auf und schüttle das Viech heraus. Im schummrigen Licht kann ich das Tier davonkraxeln sehen. Mit Spucke behandle ich den malträtierten Körperteil. „Siehst, wir pinkeln wenigstens nur an Bäume. Der da hat es aber auf dich abgesehen“, lachen die beiden und weisen auf das flüchtende Insekt. „Da hat es noch mehr von denen. Deine Schuhe lieben sie besonders.“ Tatsächlich turnen mehrere Ameisen über meine beiseitegestellten Latschen. Ich schüttle die Ameisen ab und stelle die Treter wieder hin. Doch auf einmal fühle ich, wie unter meinem Fuß etwas glitschiges, Matschiges zertreten wird. Eine undefinierbare Paste, gelbbraun, mit Sand verdeckt quetscht sich neben dem Fuß und zwischen den Zehen hervor. „Ach du Scheiße“, fluche ich. „Was ist denn das?“, rufe ich und schaue den schlafenden Hund in der Nähe an. Gelächter der Herumstehenden. „Na jetzt hat es dich aber erwischt. Zuerst die Ameisenpisse und nun die Hundekacke. Ha!“, haben meine Kumpels nun das Gaudi. Ich hocke mich wieder hin und beginne meinen Fuß mit einem Aststück abzukratzen. „Alles nur halb so schlimm. Es ist eine Mango“, stelle ich zu meiner Erleichterung fest. Eine Mango gegessen?“, schaue ich auf. Doch der guckt verlegen weg. „Das kostet dich ein Bier mit Entsorgungskosten“, setzte ich hinzu. „Morgen. Da unten in der Farang-Latrine, kannst du mir ein Bier bezahlen“, grinse ich ihn an. „Nee, ich bleib mal die nächsten Tage am Hotel-Pool“, weist er ab. „Ah gut, dass da die Kinder nicht hineinpinkeln. Das freut mich für dich“, antworte ich.

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