Neulich, am Strand: Schnupfen

Neulich, am Strand: Schnupfen

Ich war einige Tage krank und blieb deswegen zu Hause. Doch am fünften Tag hielt ich es nicht mehr aus. Mir war, als ob gleich die Decke auf mich runterfällt. Also wagte ich mich wieder einmal unter die Leute und schlenderte die Promenade entlang.

Einigen Pedicure-Damen war mein Ausbleiben nicht entgangen. Wie ich mich einer Gruppe Damen nähere, begrüßt mich eine: „Hallo, Ten. Schon sooo lange nicht gesehen.“ „Ja, ja. Schon so lange, dass du mich mit einem Touristen verwechselst. Long time not see you“, lache ich. ‚Long time not see you‘ ist eine übliche Touristenanmache am Strand. Touristen, die das Spielchen nicht kennen, wundern sich und beginnen zu überlegen, bei welcher Gelegenheit sie die Dame im letzten Urlaub kennengelernt haben. Natürlich erinnert man sich nicht. Meistens kommt dann mitten ins Grübeln noch der vorwurfsvolle Spruch: „Erinnerst du dich nicht mehr an mich?“ Dann ist die Verunsicherung des Opfers komplett, aber das Eis gebrochen. Der Farang ist nun bereit für die Thais, sich auf die finanzielle Potenz testen zu lassen. „Ha, ha. Warst du in Bangkok?“, fragt mich unvermittelt die Massage Lady. „Bangkok? Nein. Warum Bangkok?“, wundere ich mich. „Na, ich habe gedacht, du bist in Bangkok“, erklärt sie lapidar. „Ne, ich war nicht in Bangkok“, erkläre ich. „Siehst du. Er war nicht in Bangkok. Ich habe dir das doch gesagt“, mischt sich eine weitere Dame ein. „Aber es hätte doch sein können, dass er in Bangkok gewesen ist“, verteidigt sich die erste. „Das war er aber nicht. Ich habe das gewusst“, meint ihre Kollegin. Ach ja? Das will sie gewusst haben? Woher denn? Das interessiert mich. „Ja, woher weißt du denn, wo ich war?“, wende ich mich an sie. Treuherzig guckt sie mich an. „Du bist zu Hause gewesen. Das weiß ich“, sagt die Lady mit Bestimmtheit. „Oho. Da hast du aber richtig geraten“, beglückwünsche ich sie amüsiert. „Nein, nicht geraten. Ich habe das gewusst“, schmollt sie und macht weiter: „Jawohl. Du bist zu Hause in Deutschland gewesen, stimmt’s?“ Na, wenn die Lady nun jetzt aber nicht etwas zu viel Holz aufgeschichtet hat?

Wetten in der Damenwelt

Ich schaue sie mir mit zusammengekniffenen Augen an. „Nun sag schon. Stimmt’s?“ Ihr Lachen verrät mir, dass sie genauso im Nebel herumstochert, wie die erste Dame. Mittlerweile stehen etliche Damen, einige mit ihren Kosmetikkoffern, aber alle mit rosafarbigen Schürzen bekleidet um uns herum. Wie Marktweiber reden sie wild durcheinander. Die einen neugierig horchend, andere ihren Kommentar abgebend. Ein Promenadendamenkränzchen. Es fehlt nur der Kaffee. „Nein, in Deutschland war ich auch nicht. Warum denn auch?“, enttäusche ich die Dame. „Scheiße. Warum sagst du das? Ich habe nämlich gedacht, du bist nach Hause gefahren. Da habe ich darauf gewettet.“ Ich bin ganz perplex. „Du hast was? Darauf gewettet, dass ich nach Hause gegangen bin?“ „Ja, klar. Das war ein großes Thema, das du auf einmal nicht mehr kommst. Und da haben wir halt darüber beratschlagt, was denn sein könnte, warum du nicht mehr kommst. Und so haben wir halt alle eine Wette gemacht, was es ist“, lacht sie und mit ihr die ganze Damenschar. „Also, was war denn nun?“, baut sich die Sprecherin auf. „Sag schon. Hast du eine Lady gehabt?“, will eine aus der Menge wissen. „Hast du etwa darauf gewettet?“, antworte ich ihr. „Klar, was denn sonst?“, ein Gelächter schwappt wie eine Welle durch die Gruppe. „Dann hast du allerdings verloren“, stelle ich fest. Das belustigt die übrigen Damen nur umso mehr. Sie sehen ihre Gewinnchancen steigen. „Aber einen Ladyboy!“, ruft eine andere. Ich sehe schon. Die Dame traut mir zu, schwul zu sein. Das werde ich in den nächsten Tagen zum Aufhänger machen. Warte es nur ab. „Nein, auch kein Ladyboy“, gebe ich zurück. „Also, Khun Ten. Mach es nicht so spannend. Was war denn jetzt?“, drängeln die ersten Beiden. „Ok, ich sag es euch. Aber nur, wenn ihr es für euch behaltet“, sage ich mit gesenkter Stimme. „Klar. Uns kannst du vertrauen. Wir werden keiner Seele etwas sagen“, kichert eine Dame hinter vorgehaltener Hand hervor. Na ja. Wer’s glaubt. „Kommt alle etwas näher“, winke ich die Damen heran. „Es braucht ja nicht alle Welt zu wissen, was da war“, beschwöre ich. Die Ladys scharen sich um mich. Ihr Geschnatter verstummt. Alle schauen sie mich gespannt an. Dann flüstere ich, gerade so laut, dass es die hinterste auch noch verstehen kann: „Ich war krank im Bett!“ „Autsch! DAS hättest du uns aber sagen können“, moniert eine. „Oiii! Und ich habe gewettet, er sei im Isaan“, plaudert eine Alte zur anderen. „Ach. Der war ja nur krank. Das hätte man auch wissen können“, reklamiert eine weitere. Enttäuschung unter den Damen macht sich breit. „Und? Wer hat denn nun die Wette gewonnen?“, will ich wissen. „Keine! Einfach nur krank sein, ist doch nichts. Aber das nächste Mal, Khun Ten, gibst du mir einen Tipp. Nicht wahr?“, zwinkert sie mir zu, während die Damen sich abwenden und sich wieder ihren Geschäften widmen. Aber immerhin hat sich die Damenwelt über meine Abwesenheit Gedanken gemacht. Das ist doch auch etwas.

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Tom Wacker 17.05.18 13:53
och Leute
Nehmt es doch nicht so ernst. Ob es wahr ist oder nicht, es ist einfach nur unterhaltsam.
Und das ist auch Sinn und Zweck.
Dieter 13.05.18 12:03
Na ja...
.....Bild lässt grüßen......
Peter Buck 13.05.18 12:03
Coole Story
Coole Story, hat mir gerade die Zeit bei einem Cha Yenn am Warten auf meine Freundin verkürzt