Neulich, am Strand: Luftkampf

Neulich, am Strand: Luftkampf

Wir verbringen den heißen, schwülen Tag unter den Sonnenschirmen am Strand. Zum Zeitvertreib löse ich gerade ein Sudoku der extrateuflischen Schwierigkeitsstufe, als eine Fliege auf meiner Glatze landet.

Konzentriert auf mein Mathematikproblem, verscheuche ich das Tier mit einer Handbewegung. Dieses aber fliegt nur kurz auf und lässt sich gleich wieder nieder. Das lästige Kitzeln lenkt mich ab. Meine Hand wischt durch die Luft über meinem Kopf. Die Fliege haut ab. Dieses Problem wäre gelöst.

Befriedigt widme ich mich wieder dem Rätsel. Über mehrere Ecken versuche ich eine Zahl an einer Schlüsselposition im Rätsel herauszufinden. Schon einige Versuche waren erfolglos. Doch nun bin ich kurz vor dem Erfolg. Alle meine Konzentration gilt diesem einen Zahlenfeld, als wieder eine Fliege schnurstracks über das Rätsel spaziert. Mitten auf der Seite stoppt es, hebt sein Hinterteil und beginnt mit den Beinen seine Flügel zu putzen. Doch, noch bevor ich überhaupt reagieren kann, hüpft dieses unverschämte Vieh weiter auf mein Knie. „Na warte! Dir werde ich es zeigen. Mir über mein Rätsel zu laufen“, ärgere ich mich. Mit einem ansatzlosen Rückhandschlag haue ich mit dem Heftchen in die Richtung meines Knies. Aber das Zielobjekt hat anscheinend eine solche Attacke erwartet und entwischt. „Scheiss­vieh“, entfährt es mir.

Die Fliege hat sich auf meinem großen Zeh in Sicherheit gebracht. Für mich ist sie da nicht zu erreichen. Sie besucht meine Waden, kann da aber wegen der Beinbehaarung nicht richtig weiterlaufen. Das krabbeln kitzelt. Sie verheddert sich in meiner, nicht unbeträchtlicher, Behaarung. Von da weg unternimmt sie eine richtige Tournee. Zuerst auf mein linkes Knie, dann weiter, rechte Schulter, Kopf, Ohr links, da von mir weggescheucht, umschwirrt sie mein Rätselheft, fliegt mir vor dem Gesicht herum, landet kurz auf meiner Nase. Ich fuchtle dauernd in der Luft herum, verzweifelt versuche ich diesen frechen Schnösel zu vertreiben. So fliegt sie zurück auf den Zeh.

So, nun werde ich sie belauern, bis sie wieder in die Nähe kommt. Mein Heft wird, zusammengerollt zu einem Knüppel, zum Fliegentöter werden. Mit Sicherheit wird sie gleich wieder auf meinem Knie, oder Bauch, oder Kopf landen, und da werde ich sie erwischen. Angespannt beobachtend, wohin sich der Plagegeist als nächstes begibt, schaue ich über den Brillenrand auf meinen großen Zeh mit der Fliege. Nur nicht zu viel bewegen und den Gegner damit warnen. Ich wage kaum zu atmen. Nun beginnt es mit seinem Rüssel meinen Zeh abzutasten, als ob es da etwas genüssliches gäbe. Mit einer Fussbewegung versuche ich den Kerl zum Auffliegen zu veranlassen. Doch der bleibt hocken und reitet auf dem Zeh, wie wir auf der Reitschule auf dem Jahrmarkt. Seit ich ihn nun belauere, will der einfach nicht wegfliegen. „Du ver...., ich könnte dich erschießen“, fluche ich vor mich hin.

„Was hast du denn?“, ist meine Frau auf mich aufmerksam geworden. „Eine Fliege ärgert mich. Ich hole gleich ein Maschinengewehr“, antworte ich und zeige auf den schwarzen Übeltäter. „Ach so. Ich dachte schon, es wäre etwas Wichtiges. Schieß dir nicht den Zeh weg“, meint sie lakonisch. „Das ist etwas Wichtiges!“, entrüste ich mich und schüttle meinen Fuss, so dass die Fliege wegfliegt. Aber, statt dass sie sich irgendwo in Schlagdistanz in guter Position hinhockt, fliegt sie direkt auf meinen rechten Ellenbogen. Als ob das elendige Vieh wüsste, dass es da nicht zu fassen ist. Ich scheuche es auch von da weg. „Ja, ja“, nickt meine Frau bestätigend mit dem Kopf. Nun macht die Fliege einen Besuch bei meiner Frau. Sie, die Fliege, ist auf ihrem, meiner Frau ihrem, Oberschenkel gelandet und läuft nun da herum.

Nichts Wichtiges, nur ‘ne Fliege!

„Na aber, zu mir herüber scheuchen geht dann gar nicht“, empört sich meine Frau. „Ist ja nichts Wichtiges, nur 'ne Fliege“, beschwichtige ich sie lachend. Kaum gesagt, kommt Benannte zurück zu mir und hockt nun auf meinem Knie. Die Fliege putzt sich mit den Vorderbeinen den Rüssel. Auf meinem Knie präsentiert sie sich, wie auf dem Präsentierteller zum Totschlagen. Langsam hole ich mit meinem gerollten Rätselheft aus, nähere mich immer mehr auf Schlagdistanz. Dieses mal werde ich sie kriegen. Du elender Plagegeist. Die Fliege beginnt ihre Flügel zu putzen. Ich, mit erhobenem Heftchen, gerade bereit den tödlichen Schlag auf die Fliege auszuführen, kommt da eine Eiscremeveräuferin daher, fuchtelt mit ihrem Werbekarton herum, und schreit „Aisa kreeme“. Die Fliege, nicht blöd, ist natürlich weg. Ich hocke immer noch mit erhobenem Heft da. „Wenn ich nun schon endlich bereit gewesen bin, und eine solch gute Gelegenheit gehabt habe, soll ich nun die Verkäuferin erschlagen“, geht es mir durch den Kopf. Ich könnte sie erwürgen. Teeren und Federn.

„Au, ja. Komm, wir essen ein Eis. Es ist ja so heiß heute“, begeistert sich meine Frau sofort. Ohne weiter auf meine Meinung zuwarten, sucht sie sich ein Eis aus. Jetzt bemerkt sie, dass ich sauer bin. „Ich glaube, du spürst die Hitze heute. Nimm dir ein Eis und kühle dich ab“, beschwichtigt sie mich. „Na, vermutlich wirst du Recht haben“, nehme ich mich zusammen, und genehmige mir auch einen Eisbecher. „Aber auf dem Heimweg werde ich mir eine Dose Fliegenspray kaufen“, beschließe ich. „Von mir aus“, antwortet meine Frau, während sie an ihrem Eiscornet abschleckt. Und schon lässt sich eine Fliege auf ihrem Handrü­cken nieder. Mit einer leichten Handbewegung verscheucht sie den Besucher. „Ach, ja. Schau mal hier“, sagt sie zu mir und nimmt mein Sudoku in die andere Hand. Mit der Spitze des Eiscornets deutet sie auf das Feld, was ich gerade noch versucht habe zu erraten. „Kommt da nicht die sieben hin?“. Ich bin ganz perplex. „Ja klar. Wollte ich gerade einsetzen, als diese blöde Fliege kam“, schummle ich mich heraus.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.