Neulich, am Strand: Joy‘s (Land-)Wirtschaft

Neulich, am Strand: Joy‘s (Land-)Wirtschaft

„Schau mal her. Ich habe die Fotos von Joy und mir eingeordnet“, Robert, mein mich jährlich besuchender Kumpel, strahlt vor Freude. Er zieht ein dickes Album aus der Tasche und setzt sich neben mich. „Ist mal was anderes. Ein Tourist bringt seine Fotos in die Ferien. Nicht schlecht“, ziehe ich meinen Kumpel auf. „Nee, das Album bleibt logischerweise hier. Viel zu schwer. Meinst du, ich spinne?“, brüstet er sich. „Ja, manchmal schon. Aber nur manchmal“, frotzle ich. Robby weiß, wie ich über seine Joy denke. Zumindest nicht gleich, wie er. Doch schließlich ist es ja seine Sache. Er schlägt den Deckel auf und beginnt zu blättern.

„Hier. Das war der Anfang. Das ist das Land und das Reisfeld was Joy gekauft hat. 4 Jahre ist das her“, zeigt er auf die ersten Bilder. „Du willst sagen, dass du bezahlt hast, was Joy gekauft hat“, korrigiere ich meinen Freund. „Ja, schon. Du weißt ja, wie es hier läuft. Aber auf Joy kann ich mich verlassen. Hier werde ich mich einmal zur Ruhe setzen, hier“, er hält den Finger auf eine Stelle auf dem Foto, „hier genau werde ich mein Häuschen hinstellen“, Robert ist mächtig stolz. „Aha, hübsch“, bestätige ich. Ich sehe nur Schlamm und Wasser. Dazwischen grüne Grasinseln. Ein Büffel im hüfthohen Wasser macht auch nicht gerade einen freudigen Eindruck. „Die Schlammparzelle hat sicher was gekostet?“, erkundige ich mich. „Ja schon. Aber Joy hat den Preis runtergehandelt. Trotzdem ist eins meiner Sparbücher draufgegangen“, wischt Robby das Thema zur Seite. „Ist doch egal. Damals wollte Joy eine Farm mit Gemüseanbau, Kräuter und so. Alles was man auf dem Markt verkaufen kann. Genial, nicht?“, er schaut zu mir rüber. „Ja, genial. Nur, dass auf dem Land alle Selbstversorger sind. Alle haben sie Gemüse da. Hat ja auch nix gebracht“, entgegne ich. „Ja, schon, dafür hat Joy aber auch gleich eine gute Idee gehabt. Hier, die Hühnerzucht“, Robby blättert 2 Seiten weiter. „Es hätte ja auch keinen Sinn gemacht, noch mehr Geld für Gemüse rauszuschmeißen. Hat mich im ersten Jahr gute 70.000 Baht gekostet“, stellt er, ohne eine Miene zu verziehen, fest. „Zusätzlich zum Monatsscheck“, füge ich fragend hinzu. „Klar. Was denkst du?“, Robby schaut mich verständnislos an.

Ich sichte die Bilder von den Hühnern. „Die hast du ja auch subventioniert, oder etwa nicht?“, erkundige ich mich vorsichtig. „Ja, ja. Die Viecher, den Stall, Futter usw., usw.“, mit einer verwerfenden Handbewegung deutet er meine Kleingeistigkeit an. „50 Mille als Anfangskapital, dann noch alle paar Monate 10, 20 hinterher. Habe dann Joy schon auch gesagt, dass das teure Hühner sind“, meint er bestimmt. „Ich denke, für dieses Geld hättest du einige Hühner vom Grill kaufen können“, lache ich und füge an: „Siehste, manchmal spinnst du halt doch. Kauf Joy das nächste Mal gleich grillierte Viecher, kommt billiger. „Jaah schon, aber dann würde sie ja wieder in den Bars herumhängen müssen. So hat sie wenigstens was zu tun. Joy ist nicht ein „solches“ Mädchen“, verteidigt sich Robby. „Verstehe, Joys Masche läuft halt anders, als die übliche“, bemerke ich. Robby bemerkt meine Stichelei nicht. Er ist auf sein Album fixiert.

Als nächstes kommt nun das Kapitel mit den Schweinen. Joy wird irgendwann auch gemerkt haben, dass sich die Hühnergeschichte ausgereizt hat. So musste was Neues her. Schweine bieten da eine perfekte Fortsetzung an. „Das war der Stall für die Schweine. Die Hälfte größer, als der für die Hühner“, hält mir Robby ein Bild davon unter die Nase. „Was hast du mit dem Zeug von den Hühnern gemacht?“, will ich wissen. „Weggeschmissen, was nicht verschenkt werden konnte“, entgegnet Robby. „Vielleicht hat Joy auch was verkaufen können. Wer weiß?“, ergänzt er. „Aha, Totalverlust also. Und nun, Schweinestall mit allem Pipapo. Dein Geldautomat spuckt deftig Scheine aus“, anerkenne ich die finanzielle Potenz meines Freundes, nicht ohne Bewunderung. „Zum Glück hatte Joy die Idee mit den Schweinen. Mit Hühnern kannst du hier in Thailand kein Geld machen“, doziert Robby. „Aha. Aber mit Schweinen, hä?“, halte ich ihm entgegen. „Bevor du es nicht versucht hast, weißt du es ja nicht. Also muss man es versuchen. Nur der Gestank ist bestialisch. Gleich neben dem Wohnhaus. Joy wollte die Sauen beim Reisfeld halten. Aber da hätte ich einen neuen Stall bauen müssen. Und geklaut worden wären die „Laufschnitzel“ dort vermutlich auch“, trauert Robert den Zeiten hinterher. „Die, die deine Hühner damals geklaut haben, hätten sich sicher gefreut. Ein Schweinesteak im Hühnerkeulenalltag ist doch nicht zu verachten“, grinse ich. Robby schlägt die Seiten um.

„Hier habe ich das erste Mal „nein“ gesagt. Diese Büffel wollte Joy letztes Jahr an Stelle der Schweine kaufen.“ Die Bilder zeigen Büffel auf dem Markt. Joy mit Büffel, Joy mit Robby und Büffel. Überall Büffel. Dann ist das Album zu Ende. „So geht also die Masche von Joy“, denke ich. „Da wird Joy aber mächtig sauer gewesen sein, als du abgelehnt hast“, will ich wissen. „Na, die ersten Tage war sie schon eine Kratzbürste. Ich habe schon gedacht, sie schmeißt mich raus“, lächelt Robby vor sich hin. „Und, was nun? Mach es nicht spannend“, fordere ich Robby auf, die Katze aus dem Sack zu lassen. „Joy hat 'ne gute Idee: Die Schweine schenkt sie ihrem Bruder und sie macht eine Bar in Pattaya auf!“, Robby strahlt mich an. „Oh, Mann!“, schießt mir durch den Kopf. „Du spinnst halt doch, mehr als gedacht“, klopfe ich meinem Freund auf die Schulter.

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Jack Norbert Kurt Leupi 05.02.17 22:03
Geschichten aus dem Alltag /Herr mar rio
Nur über andere lästern ! Herr mar rio , die Wahrheit sagen oder lästern ist nicht dasselbe ! Sie wollen doch nicht wie viele andere ,die Lüge der Wahrheit vorziehen ? Oder sind Sie etwa ein Betroffener , weil wenn man dem Hund auf den Schwanz tritt , bellt er !
Jack Norbert Kurt Leupi 05.02.17 20:20
Hier ist alles möglich
Wieder so einen Bericht aus der Serie " Liebeskasper " ! Hier glauben noch einige mehr als vermutet an den Weihnachtsmann , Osterhasen und um so mehr ans Christkindl, das trägt wenigstens einen Rock ! Auch wenn die Geschichte von Khun Pen nur ein wahres Märchen ist ,es gibt wirklich so tolle Typen hier, die ihr letztes Hemd verschenken ,bevor sie zu Hause aufs Sozialamt gehen müssen !
Oliver Rudolph 05.02.17 12:24
So etwas gibt es noch
Kaum zu glauben, dass es immer noch Menschen gibt, die an den Weihnachtsmann glauben. Gehe mal davon aus, dass dein Kumpel aus einem Dorf stammt. Und er schon in der vierten Klasse schon rauchen durfte.haha