Neulich, am Strand: „Ich? Sicher nicht!“

Neulich, am Strand: „Ich? Sicher nicht!“

„Oah-ha, ha. Ich doch nicht“, lacht der eine Farang am Tischchen vor mir und schaut die Thai-Lady an. Zu viert sitzen sie vor mir, zwei Farangs mit ihren Damen. Zusammen mit seinem Kollegen kreuzt er seit einigen Tagen in der Bar auf, wo sie es dann immer hoch- zu und hergehen lassen. Für die Ladys in der Bar wie ein Lottogewinn. Party ohne Ende, genau nach ihrem Geschmack.

Auch die anderen Gäste werden von der aufgeräumten Stimmung angesteckt. Za­ckige Rock ‘n Roll-Musik aus den 60er und 70er Jahren. Da werden alte Männer wieder zu Halbstarken mit Elvis Presley-Hüftschwung! Die beiden Farangs scheinen sich auf jeden Fall ganz gut zu unterhalten mit ihren Begleiterinnen. Sprachschwierigkeiten bestehen nicht. Die „Platzhirsche“ verstehen zwar kein Wort Thai und die Ladys sprechen kaum ein Wort Englisch, doch das ist ja kein Hindernis hier in Thailand.

Ein Motorradverkaufsstand mit Isaan-Food ist vorgefahren. Eine der Thai-Damen geht hin und deckt sich ein mit Leckereien wie Heuschrecken, Käfer und Maden, alles zubereitet in Monate altem Öl. Welche Sorte sie persönlich bevorzugt, will ich gar nicht so genau wissen. Ihr Farang könnte es ja eigentlich beim nächsten Kuss versuchen herauszufinden, amüsiere ich mich. Wenn denn der Geschmack des Altöls nicht alles überdeckt. „Ich doch nicht“, wiederholt er sich selbst. „Ja, genau. Du bist ja der Thailandexperte schlechthin“, stichelt sein Freund ihn an. Tatsächlich. Vor einigen Wochen haben die zwei am selben Tisch, aber unter sich, über die Ankunft des „Ich doch nicht“ unterhalten:

„Was war denn?“, wollte der andere wissen. „Oh, Mann. So was habe ich noch nie erlebt. Ich komme pünktlich in BKK an, mein Darling ist auch da zur Begrüßung, aber nur für 10 Minuten. Die Mutter sei krank, ich solle doch zuerst nach Bangkok fahren, der Fahrer weiß, welches Hotel. Sie werde in zwei Tagen nachkommen. Ach ja, 15.000 Baht bräuchte sie noch. Spital und so.“ Schon da beschlich ihn ein ungutes Gefühl. „Du hast die ersten 15.000 noch im Flughafen losbekommen. Gratuliere!“ Der leise Spott war unüberhörbar. Doch der wurde übergangen. Liebe macht halt blind! „Das war aber noch nicht alles. Während der Fahrt nach Bangkok hat sie mich im Taxi angerufen. Es müssen nochmals 5.000 Baht her. Medikamente. Ich solle das Geld gleich dem Fahrer geben, der sei am Abend dann bei ihr im Dorf.“ „Aha, schon 20 Mille! Nicht schlecht für den Anfang“, setzte er hinzu. „Ja, aber später in Bangkok hat sie mir gestanden, dass sie im zweiten Monat schwanger ist. Das war dann doch zu viel. Ich war ja schließlich 11 Monate weg. „Das nächste Baby sei dann schon von mir“, versicherte sie noch so richtig treuherzig. „Doch da war Schluss. Ich bin doch kein Trottel! Ich doch sicher nicht!“ Nein, natürlich nicht, musste ich damals schmunzeln.

Die Thai-Ladys verspeisen inzwischen die leckeren Insekten genüsslich. Und bei dem Anblick verspüre ich Lust auf geröstete Erdnüsse. Die Party steigt, wird immer wilder. Ein Verkaufsladen nach dem anderen fährt vor. Erstaunlich, was die Thais auf ein Motorrad mit Seitenwagen montieren können. Das gehört zum Straßenbild, wie die Laternen in Europa. Doch, als da etwa der zwanzigs­te Kleiderladen um die Ecke biegt, springen die Mädels auf, wie von der Tarantel gestochen. Zusammen umringen sie den Verkaufsstand. Nicht mal die köstlichen Kakerlaken auf dem Teller werden noch beachtet. Kleidershopping ist angesagt. Mit Geschnatter und Gelächter der Damen werden die Fundstücke herumgezeigt. Probeweise dem Farang vorgehalten. Mir fällt auf, dass dieser Shop eine 250er Tafel montiert hat. Sonst ist der Einheitspreis 100 Baht für ein Kleid. Aber, weil ich ja sowieso keine Thai-Ladys einkleide, ist es mir eigentlich auch egal. Aber die Ladys wühlen sich durch das Sortiment, als ob Winterschlussverkauf ist. zwei, drei Stücke hängen bald bei jeder über dem Arm. Fast entsteht ein kleiner Streit, wer ein Stück zuerst probieren darf. Der Verkäufer langt in die Kiste unter den Ausstellungsstücken und reicht der unterlegenen Dame ein Ersatzstück. Die ersten Damen holen sich bei ihren Farangs das nötige Kleingeld. Klar, dass da keiner kneifen kann. Die Mädels decken sich mit Klamotten für die nächsten Monate ein. Das Treiben gleicht dem Chaos, wie wenn bei einer Hochzeit Kindern Süßigkeiten hingeworfen werden.

Sogar der „Ich doch nicht“ vor mir kommt in Spendierlaune. Mit großen Gesten wirft er den Mädels noch ein Fetzen, noch ein BH, noch ein Slip auf. „Man kann doch die Mädels nicht nackig lassen“, amüsiert er sich. „Wenigstens anständig eingekleidet sollten sie sein, bevor ich wieder nach Hause muss“, stellt er fest. So kommt jede Dame zu ihren fünf bis sechs kleinen Plas­tiktüten mit Textilien. Für den Verkäufer ist Ostern und Weihnachten zusammen. So nimmt der Abschiedsabend der beiden einen besonderen schönen Verlauf. Morgen früh ist Abreise. Aus diesen Ferien wird dem „Ich doch nicht“ einiges an Erkenntnissen bleiben, denke ich.

Am nächsten Mittag dann, fährt der Klamottenladen wieder vor. Nur wenige Ladys sind da. Doch dieses Mal bringen die Damen ihre an den Vorabenden erworbenen Tütchen zurück. Nachdem der Bruder und Neffe der Damen die Kleider wieder ordentlich aufgehängt hat, teilt man bei einem gemeinsamen Bierchen den Gewinn. Ganz familiär! Wenn das der „Ich doch nicht“ wüsste...

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Jack Norbert Kurt Leupi 20.02.17 11:21
Ich doch nicht /Herr Heinz
Wer die heiteren Geschichten, Anektoten oder die Scherze von Khun Ten nicht ertragen kann ist ja nicht gezwungen sie zu lesen ! Oder fühlen Sie sich selbst betroffen als " Ich doch nicht " ? Ich meine nebst allen Unfall-und Kriminalgeschichten , die wir uns täglich reinziehen , darf auch das " humoristische Allerlei " nicht fehlen ! Es gibt Menschen die frustriert sind , weil die Dinge nicht sind , wie sie wollen ! Also muss man " das Wollen " ändern ! MfG
Heinz 19.02.17 20:10
"Ich doch nicht" Bitte verschonen Sie uns. mit so seichten Berichten in Zukunft. Da ist jedes Byte zu schade. Eigentlich müsste der Farang von sich aus solchen Leuten keine Zeile zur Verfügung stellen.