Neulich, am Strand: Die Waschmaschine

Neulich, am Strand: Die Waschmaschine

Ich liege auf dem Sofa und lese die Zeitung, als meine Thailady mich fragt: „DEIN Auto hat einen Service gebraucht?“ „Ja, Schatz“, bestätige ich ihr. „Teuer?“, will sie wissen. „Ja, Schatz. Sehr teuer“, baue ich schon mal vor, falls nun jetzt eine Attacke auf meinen Geldbeutel folgen sollte. „Die nächsten zwei Monate werden wir sparen müssen“, setze ich hinzu. „Ach, du hast doch so viel Geld. Für dich alles kein Problem“, beschwichtigt sie. „Braucht MEINE Waschmaschine nicht auch einen Service?“, schaut mich meine Edle an. „Ja, klar. Aber den kann ich selber machen“, antworte ich.

Wir gehen in die Waschküche und ich beginne zu inspizieren. Kabel, Stecker, Deckel, Gummidichtung, alles OK. Meine Thai steht derweil mit verschränkten Armen hinter mir und beobachtet alles misstrauisch. Inzwischen versuche ich den Deckel der Ablaufpumpe zu öffnen. Der Filter wird vermutlich die letzten Jahre einiges gesammelt haben. Doch der Deckel macht keinen Wank, egal wie ich mich auch anstrenge. Alles Rütteln, Schütteln oder Klopfen nützt nichts. Schweißgebadet muss ich mich geschlagen geben. „Der Scheißdeckel“, entfährt es mir. „Nur noch den Filter waschen und das wäre es gewesen für die nächsten drei, vier Jahre“, entschuldige ich mich bei meiner Thailady. „Aber MEINE Maschine muss auch gewartet werden“, reklamiert sie. „Ja, Schatz. Ich gehe mal zum Nachbarn. Der wird das schon hinbringen“, beruhige ich sie. Doch – ein Nachbar nach dem anderen – hat sich an dem verbockten Teil die Finger wundgewunden. Keiner hat den Deckel aufbekommen. Dafür stand ich nun aber im ganzen Quartier in der Kreide. Wenn nur die Hälfte aller versprochenen Abendessen eingefordert werden, werde ich der beste Freund der Restaurantbesitzer werden. Hätte ich doch gleich eine neue Maschine gekauft, wie es meine Thai schon gefordert hat, denke ich.

„Der Siedlungswart kann das“, kommt nun meine Thai hinzu. „Der kostet nur Geld, der kann GAAAR nichts“, ärgere ich mich. „Der rührt DEINE Maschine nicht an“, schaue ich meiner Thai tief in die Augen. „Aber der hat einen neuen Burschen, der kann das“, meint meine bessere Hälfte. „Na, ja. Vielleicht hat sie ja Recht“, denke ich mir. Auf jeden Fall steht ein junger, fescher Thai einige Tage später vor der Maschine. „Mai pen rai“, sein Lebensmotto kundtuend, macht er sich an die Arbeit. Ich kann meine Schmach nicht ertragen und lege mich auf das Sofa zum Zeitungslesen.

Mai pen rai

Ein junger Thaischnösel soll nun hinbekommen, woran die hochgebildeten Farangs gescheitert sind. Derweil höre ich, wie der Jüngling klopft und hämmert. Er haut anständig auf die Maschine ein. Wenn das nur mal gut geht, werde ich nervös. Aber meine Frau steht ja dabei und hat alles unter Kontrolle. Mich wundert es nur, Gelächter und Kichern aus der Waschküche zu hören. Sonst hat sie schon mal mit ihren giftigen Kommentaren meine Freunde auf die Palme gebracht. Ich verwerfe aber meinen Argwohn gleich wieder. Thais unter sich sind halt so.

„Siehst du“, triumphierend hält meine Thai den Deckel in die Höhe. Hinter ihr folgt der stolze Jüngling. „Mai pen rai! Die Farangs haben den Deckel nicht aufgebracht. Das kann nur ein Thai!“, frohlockt sie. Ich setze mich auf und begutachte das Teil. Kratzspuren auf der Vorderseite, ein Flansch abgerissen, querdurch ein Riss, nur einige Millimeter halten das Ding noch zusammen, der Filter auf der Innenseite abgequetscht und verbogen. Totalschaden! „Ja, so hätten wir das alle auch hinbekommen. Nun ist das Teil zerstört. DEINE Maschine kannst du jetzt wegschmeißen“, meine ich lakonisch. „Nein, nein. Ist ja nur ein Service“, wendet der Thai ein. „Schon. Aber an solchen Maschinen wird ein Service mit entsprechendem Werkzeug gemacht. Nicht mit Hammer und Meißel. Die Teile zerklopfen kann ich auch“, fühle ich Wut in mir aufsteigen.

In den nächsten Tagen ist dann Ersatzteilsuchen angesagt. Ein Shoppingcenter nach dem anderen wird heimgesucht, Fachgeschäfte erkundet, selbst konspirative Privatkontakte führen zu nichts. „Wofür kann man so etwas gebrauchen?“, werde ich öfters gefragt. In einer Markenvertretung stellt man mir die Frage: „Was soll denn das für ein Teil sein?“

Familienzuwachs

Ich verlasse den Laden ohne weitere Worte. Eine andere Mitarbeiterin wollte ein Foto eines unzerstörten Teils haben, um im Internet zu suchen... Ich fahre Kilometer mit dem Auto, dass ich bald wieder an den nächs­ten Service zu denken beginne. Aber schließlich ergebe ich mich den Tatsachen. Was will ich mich noch weiter ärgern? „Kauf halt eine neue Maschine und die Sache hat sich erledigt“, sage ich zu mir selbst. Diesen Entschluss teile ich letztendlich auch meiner Thaifrau mit. So, wie ich mich schlecht fühle, freut sie sich dafür umso mehr.

Die neue Maschine, von dem jungen Schnösel installiert (er bestand darauf, wohl aus Schuldgefühlen?), steht nun da. Ob wir den alten Wascher nicht der Tochter schenken können, will meine Thai wissen. „Eine zerstörte Maschine?“, ich runzle die Stirn. „Mai pen rai“, meint der Schnösel und organisiert schon mal den Transport. Zwei Tage später stehen wir bei der Tochter auf der Laube. Die reparierte (!!!) Maschine, installiert vom Schnösel, macht sich ganz gut hier. „Ersatzteil von anderer Maschine“, lacht der Thai. Der zwinkert zur jungen Dame. Meine Stieftochter hängt sich dem Schnösel an den Hals. „Papa, wir werden heiraten!“, strahlt sie und alle lachen. Nur ich brauche erst mal ein paar Momente um zu verstehen. Meine Thai tröstet mich: „Oh, Tirak. Gut, dass wir einen Service an der Waschmaschine gemacht haben. Sie hätte ja ganz kaputt gehen können. Dann hätte niemand mehr etwas davon.“ Recht hat sie! „Also, wenn das so ist, habt ihr mein Hochzeitsgeschenk schon mal. Und die Nachbarn werden an der Hochzeit verköstigt“, begrüße ich den Schnösel in der Familie.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Mike Dong 31.07.16 18:45
Wenn ich schon die Worte "meine Thai" lese. Hört sich an wie "mein Auto" oder "mein Hund" !Auch wieder so eine an den Haaren herbeigezogene Geschichte. Aber ich habe sie wieder gelesen. Was nicht unbedingt für konsequentes Handeln spricht.