Neulich, am Strand: Der Osterhase lässt grüßen

Neulich, am Strand: Der Osterhase lässt grüßen

„Na, hat dein Häschen einen neuen Job gefunden?“, stelle ich fest, wie ich mit Mani in die Bar eintrete. Wir sind zum ersten Mal hier. Doch, dass Mani in Begleitung mit seiner aktuellen Lebenspartnerin hier auf seine Ex-, Ex-, Ex-Freundin trifft, hätte er nicht erwartet. Seine Verflossene trägt, wie die anderen Mädels des Etablissements, im Haar eine Spange mit Hasenohren, passend zum Häschen Outfit mit Quaste überm Hintern. Im ersten Moment ist Mani erschreckt. Aber er fängt sich gleich wieder. Vermutlich hat er sich erinnert, sich mit dieser Lady gütlich getrennt zu haben. Nicht so, wie sonst, meistens im Zoff und Geschepper. „Ist doch gut. Sie hat die passende Stelle. Schau ihr Kostüm an. So wird sie sicher wieder einen Jägermeister finden“, meint er lakonisch.

Wir nehmen an einem Tisch in der Ecke Platz. Manis Begleiterin packt ihr iPhone aus und beginnt damit zu spielen. Sie meldet sich jeweils auf diese Weise von uns Farangs ab. Dem Hasenmädel ist nicht entgangen, wer da eingetreten ist. Im Rudel mit den anderen Damen tuschelt die Hasenmeute an der Bar, unterbrochen von verstohlenen Blicken zu unserem Tisch. Schlussendlich ringt sich die Ex-, Ex- usw. -Freundin dazu durch, unsere Bestellung aufzunehmen. „Hallo“, grüßt sie mich mit übertriebenem Lächeln und winkt mir zu. Ich winke zurück. „Hallo“, raunzt sie zu Mani. „Hallo“, gibt er freundlich zurück. Seine Frage, wie es ihr geht, beantwortet sie mit dem wortlosen Anstellen der Beleuchtung an ihren Hasenohren. Nun sehen die rotleuchten Hasenohren eher wie glühende Teufelshörner aus. Das sagt wohl alles. „Guter Effekt“, meine ich belustigt. „Vom lieben Hasen zum wilden Teufel ohne Übergang.“ Darauf Mani gereizt: „Das kenne ich bereits zur Genüge.“ Die Stimmung droht zu kippen. Das „teuflische“ Osterhäschen bringt unsere Getränke und ich bin froh, dass sie danach abdreht und keine Szene liefert.

„Ich habe übrigens kürzlich DEN Original Osterhasen getroffen“, versuche ich abzulenken. „Ja?“, interessiert sich Mani. „Und?“ „Also extra gut ist es ihm nicht gegangen. Die Hochsaison sei zu kurz, jammerte er. Deswegen habe er sich als Weihnachtsmann beworben. Aber die Stelle sei von einem alten Sack schon besetzt gewesen. Von so einem Dickwanst wie mich, meinte er und schaute mich verächtlich an.“ „Verstehe“, erklärt Mani trocken. „Was denn? Willst du etwa sagen, ich sei ein Dickwanst?“, empöre ich mich und streiche mir über meinen Bauch. „Nein, nein. Ich verstehe das Osterhäschen. Aber was deine Wampe angeht: Zwinge mich nicht zu lügen“, antwortet er mit Augenzwinkern. Ich fahre fort: „Als das mit dem Weihnachtsmann nix wurde, musste er halt als Aushilfsosterhase arbeiten. Der Job sei auch ok“, meinte er. „Ja, ja. Als Hase. Was willst du mehr?“, sagt Mani. Seine gute Stimmung kommt allmählich wieder zurück. „Das meinte ich auch zum Häschen. Doch das wurde so richtig sauer.“ Ich schildere, wie der Osterhase sich in Rage redete. „Ihr Menschen habt ja nicht einmal einen anständigen Pelz. Euch kann man noch nicht einmal das Fell über die Ohren ziehen. Och, Menschen, igitt!“ Das Amüsierende dabei für mich war, wie der Hase das „F“ jeweils aussprach. Durch seine langen Schneidezähne blies er die Luft sich selber auf die Brust. Bei jedem gesprochenem „F“ kräuselten sich seine Brusthaare. So stand zum Schluss ein wütender Osterhase vor mir, über den ich mich kaum zurückhalten konnte, um nicht laut herauszulachen. Einfach zu komisch. Der tobende Hase mit durchlüftetem Brustfell. Air-condition by yourself.

Wuthase im Römertopf

„Also, mach mal halblang“, beschwichtige ich den Turbohasen. „Wenn du so weiter machst, endest du in einem Römertopf, garniert mit Rosmarin und Gemüsebeilage“, drohe ich ihm an. Der Wuthase ist sichtlich geschockt ob der Möglichkeit gekocht zu werden. Das hatte er gar nicht bedacht, dass das Pendel des Lebens auch zurückschwingen könnte. Er sieht sich schon mit abgezogenem Fell in der Sauce liegen. „Ein Schwein hat wenigstens einen Apfel in der Schnauze“, denkt er. Wehmütig hockt er da und beginnt zu sinnieren. „Scheiße. Mit den Hühnern habe ich es nämlich auch schon versaut. Die wollen mir keine Eier mehr liefern“, schluchzt er vor sich hin. „Wie hast du denn das fertig gebracht?“, will ich wissen. „Ja, das ging so richtig blöd“, beginnt er zu erzählen. „Ich habe mir zum Abendessen ein Grillhähnchen gekauft“, erklärte er. „Und?“, frage ich. „Die Hühner haben das halt mitbekommen“, sagt der Hase. Worauf ich meinte, dass dies doch nicht ein Grund sein könne.

„Na, eben doch“, braust das Langohr auf und macht weiter: „Hääähnchen. Nicht Henne. Das gegrillte Vieh war der Lover meiner Eierlieferantinnen. Und die haben das spitz gekriegt. Und nun, nur weil ich deren „Hühner-George Clooney“ gefressen habe, ohne es zu wissen, werde ich nun boykottiert. Aus ist‘s mit den Eiern. Ich bin erledigt. Als Osterhase kann ich mich nirgendwo mehr bewerben.“ „Na, na. Beruhige dich. Es ist doch egal, wenn man schon erschlagen worden ist, ob man dann auch noch gefressen wird. Deinem Hähnchen ist es ja auch so ergangen. Hat es dir doch auch geschmeckt?“, heitere ich den Hasen auf.

„Also, lass mal“, unterbricht mich Mani in meiner Erzählung. „Du hast eine blühende Fantasie, wenn es darum geht mich aufzuheitern. Das ist dir gelungen.“ „Danke für das Lob“, lehne ich mich zurück. Vielleicht erheitert die Geschichte auch andere. Außer die Hasen, natürlich. Manis Thai-Lady bemerkt, dass wir fertig gesprochen haben. „Manifredili, was denkst du? Würde mir ein solches Häschen-Kostüm nicht auch gut stehen?“, flötet sie. „Jetzt noch nicht. Noch bist du mit mir zusammen. Hasenkostüme tragen nur die Verflossenen von mir“, lacht er. Da schaut sie ihn aber plötzlich böse an, ohne Übergang. Ich schaue zu Mani rüber und frage ihn auf seine Thai deutend: „Kann sie Kaninchenbraten kochen?“

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