Neuer Persönlichkeitskult: Xi Jinping zum «Kern der Partei» erhoben

Foto: epa/Wu Hong
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PEKING (dpa) - «Kollektive Führung» war gestern - heute will Parteichef Xi Jinping allein an der Spitze alle Fäden ziehen. Chinas Kommunisten folgen ihrem mächtigen Führer, der damit weiter in Maos Fußstapfen tritt.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ist der neue «starke Mann» Chinas. Zum Abschluss des wichtigsten Parteitreffens in diesem Jahr stellte das Zentralkomitee den Präsidenten auf eine Stufe mit dem Staatsgründer Mao Tsetung und dem marktwirtschaftlichen Reformarchitekten Deng Xiaoping: Die 88 Millionen Mitglieder sollten sich «eng hinter das Zentralkomitee mit dem Genossen Xi Jinping als dem Kern» scharen, hieß es am Donnerstag in dem Abschlusskommuniqué.

Mit der Aufwertung zum «Kern der Partei» geht Xi gestärkt in die Vorbereitungen für den Personalwechsel auf dem nur alle fünf Jahre stattfindenden Parteitag im nächsten Herbst und seine folgende zweite fünfjährige Amtszeit. «Es festigt seine Autorität», sagte der Professor der Pekinger Tsinghua-Universität, Wu Qiang, der Deutschen Presse-Agentur. Jetzt sei Xis Position «ohne Zweifel sehr stabil», sagte er. «Es ermutigt darüber hinaus die Parteimitglieder, einen Persönlichkeitskult um ihn zu pflegen.»

Die Schlüsselposition als «Kern der Partei», die Mao und Deng genossen, war seinem Vorgänger Hu Jintao vorenthalten worden. Dessen Vorgänger Jiang Zemin wiederum hielt den Titel zwar über längere Zeit. Die Bezeichnung wurde aber zum Ende seiner Amtszeit 2002 kaum noch verwendet, da dann stärker die «kollektive Führung» hervorgehoben wurde.

Indem das Zentralkomitee erstmals wieder eine Führungsperson zum «Kern der Partei» erhebt, verabschiedet es sich ein Stück weit von dem «kollektiven Führungsstil», mit dem kein einzelner Politiker zu stark oder diktatorisch werden sollte. Das Kommuniqué unterstrich zwar noch die Bedeutung der «kollektiven Führung», will diese aber jetzt vielmehr mit «individueller Verantwortung» kombinieren.

«China ist laut Beiträgen in parteistaatlichen Medien an einem kritischen Punkt angekommen, an dem es eine starke Führungs- und Identifikationsfigur benötigt», hob der Experte Matthias Stepan vom China-Institut Merics in Berlin hervor. «Die Parteibasis scheint in dieser Hinsicht allerdings weithin gespalten.» Die Partei suche gleichwohl nach einem neuen «identitätsstiftenden Element», um den Zusammenhalt innerhalb der Partei zu festigen, sagte Stepan.

«Xis Regierungsstil lässt sich als «Leninismus für das 21. Jahrhundert» beschreiben», sagte Merics-Direktor Sebastian Heilmann anlässlich der Tagung. Einerseits wolle Xi die organisatorische und ideologische Disziplin aus den Anfängen der Kommunisten wieder herstellen. «Zugleich versucht er, Parteitraditionen mit den Technologien und Kommunikationsmethoden der Gegenwart zu kombinieren.»

Den bevorstehenden Generationswechsel will Xi nutzen, um nach vier Jahren im Amt seine Macht zu konsolidieren und weitere Gefolgsleute in Spitzenpositionen zu bringen. Im Politbüro werden 11 der 25 Posten neu besetzt. Im mächtigen Ständigen Ausschuss stehen sogar fünf der gegenwärtig sieben Sitze zur Disposition: Außer Xi (63) und Ministerpräsident Li Keqiang (61) dürften alle anderen im engsten Führungszirkel aus Altersgründen ausgewechselt werden.

Auf Provinzebene sind bereits mehr als ein Drittel der Parteisekretäre ausgetauscht worden. Viele von ihnen haben gute Chancen ins neue Zentralkomitee aufzurücken. Der Personalwechsel dürfte auch Aufschluss darüber geben, wen Xi als potenziellen Nachfolger im Blick haben könnte. Es gibt aber auch Spekulationen, dass Xi vielleicht über 2022 hinaus im Amt bleiben wollte.

Die rund 200 Mitglieder und rund 170 sogenannte Kandidaten des Zentralkomitees beschlossen auf der Sitzung auch einen schärferen Kampf gegen Korruption und forderten mehr Parteidisziplin. Mit dem Kommuniqué verabschiedeten sie einen Verhaltenskodex für die Parteimitglieder und eine Stärkung der innerparteiliche Aufsicht. Der im Volk populäre Kampf gegen Korruption dient Xi auch dazu, sich seiner Widersacher zu entledigen und Loyalität einzufordern.

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