Nächster Dopingskandal um Russland - «Auf die Anklagebank»

Foto: Hendrik Schmidt, epa
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MOSKAU (dpa) - Doping und kein Ende - der russische Sport kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht heraus. Bei den Nachkontrollen von den Olympischen Spielen 2008 sind gleich 14 russische Sportler betroffen. Die Rufe nach einem Olympia-Ausschluss werden immer lauter.

Russland versinkt immer mehr im Dopingsumpf und muss mehr denn je den Ausschluss von den Olympischen Spielen in Rio fürchten. Gut zwei Wochen nach Bekanntwerden des mutmaßlichen Skandals um die systematische Manipulation von Dopingproben bei den Winterspielen in Sotschi 2014 wurde die von Erfolg besessene Sportnation am Dienstag von den nächsten Negativ-Schlagzeilen erschüttert. Gleich 14 russische Athleten stehen bei den Nachkontrollen der Sommerspiele 2008 in Peking unter Dopingverdacht. Das berichtet die Nachrichtenagentur TASS mit Verweis auf das Nationale Olympische Komitee von Russland (ROC). Als erster Name wurde die Hochsprung-Olympiasiegerin Anna Tschitscherowa publik, die 2008 Bronze geholt hatte.

Damit stammen fast die Hälfte der in Nachkontrollen verdächtigen Proben von russischen Sportlern. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte jüngst mitgeteilt, dass durch verfeinerte Testverfahren zu den Spielen in China 31 Proben auffällig geworden waren. Namen wurden zunächst nicht genannt, deutsche Sportler sollen nicht darunter sein. Die betroffenen Athleten kommen aus zwölf verschiedenen Ländern, insgesamt sechs Sportarten sind betroffen.

Allen voran aber wieder die russischen Sportler. Es ist die Fortsetzung einer nicht enden wollenden Skandal-Serie. Kein Wunder, dass immer mehr Sportler, Funktionäre und Fachleute einen Olympia-Bann für Russland fordern, wie etwa Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel. «Alles andere als eine saftige Strafe, wie ein Ausschluss von den Spielen in Rio würde doch niemand mehr verstehen. Nur das würde zumindest kurzfristig Wirkung zeigen und anderen Ländern eine Warnung sein. Russland gehört auf die Anklagebank», sagte Sörgel der Deutschen Presse-Agentur.

Derartigen Forderungen trat der vielbeschäftigte russische Sportminister Witali Mutko sogleich mit markigen Worten entgegen. «Wenn das ganze Team in Rio suspendiert wird, kehren wir zu Zeiten der Boykotte zurück. Der Staat hat niemals Doping unterstützt», sagte Mutko.

Kein Staatsdoping? Schwer zu glauben, angesichts der brisanten Äußerungen von Gregori Rodschenkow. Der ehemalige Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors hatte vor gut zwei Wochen von systematischer Manipulation bei Doping-Proben während der Winterspiele 2014 in Sotschi gesprochen. 15 der russischen Medaillengewinner sollen demnach gedopt gewesen sein. Die Welt-Anti-Doping-Agentur hat eine Untersuchung eingeleitet, die bis zum 15. Juli abgeschlossen sein soll. Russland sicherte der WADA und dem IOC volle Kooperation zu, ein Olympia-Ausschluss aller Sportler sei aber nicht akzeptabel.

Doch es könnte in Sachen Dopingskandale noch schlimmer für Russland kommen. Innerhalb der nächsten zwei Wochen sollen die Nachanalysen von den Sommerspielen in London vorliegen. Dass bei den Peking-Proben wieder zahlreiche russische Athleten betroffen sind, ist für Sörgel keine Überraschung. «Es ist lediglich der Beweis, dass all die schlimmen Vorfälle, die in den letzten zwei Jahren bis in die letzten Tage bekannt wurden, Teil eines über viele Jahre praktizierten Staatsdoping waren. Wenn man noch andere Proben aus anderen Wettbewerben seit Peking hätte, könnte man die Doping-Geschichte Russlands sogar lückenlos darstellen.»

Aber auch so scheint den Experten mehr und mehr klar zu sein, dass die russischen Erfolge in der Vergangenheit nur auf Lug und Trug basierten. Vertuschte Proben, systemastische Manipulation bis hin zur Bestechung von Funktionären: Schon der WADA-Report im November vergangenen Jahres zum russischen Leichtathletik-Skandal hatte einen tiefen Einblick gegeben, woraufhin der Leichtathletik-Weltverband die russischen Sportler suspendierte. Am 17. Juni will die IAAF entscheiden, ob der Bann weiter aufrecht erhalten wird.

Bei den 14 verdächtigen russischen Peking-Teilnehmern sollen in erster Linie Leichtathleten betroffen sein, wie TASS berichtet. Auf welche Mittel die Athleten positiv getestet wurden, ist bislang nicht bekannt. Auch das IOC hat aus taktischen Gründen darauf verzichtet, in welche Richtung die Nachkontrollen abzielten. Die Aktion war aber offenbar ein voller Erfolg.

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Leserkommentare

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Ingo Kerp 25.05.16 14:40
Doping
Olympia sollte, so der Grundgedanke nach "Auferstehung" der Spiele, da anknüpfen, wo es einmal aufgehört hatte. Ein sportlich fairer Wettkampf von Athleten die reine Amateure waren, so wurden 1896 unter Pierre de Coubertin die Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet. Von dieser Art der Spiele ist nichts, aber auch rein gar nichts übrig geblieben. Regierungen und Wirtschaftsunternehmen bestimmen heute das total korrupte und gedopte olympische "Spiel", das schon längst kein Spiel mehr ist, sondern eine riesige Geldmaschinerie mit politisch zu verwirklichenden Siegen, angetrieben von falschem Ehrgeiz und Macht, bei der absolut jedes Mittel skrupellos eingesetzt wird..
Michael Ritsche 25.05.16 09:20
Russland versinkt immer mehr im Dopingsumpf
Selten so gelacht,die sind doch schon Untergegangen im Sumpf.
Das betrifft aber nicht nur Russland.
Das betrifft den gesamten pseudoamateur Leistungssport auf der ganzen Welt,auch Deutschland.
Hier geht es nicht um Sport weil es Spass macht,nein hier geht es nur um Geld,Macht,politischen Einfluss.
Leistungssport lehne ich unter diesen Bedingungen ab.
MR.
Schon lange schaue ich mir keinen Leistungssport mehr an.