Mittags an den Strand und abends in den Ring

Auf Koh Phi Phi boxen Backpacker um einen Eimer voller Fusel

Mut antrinken: Noch einen kräftigen Schluck aus dem „Bucket“, einem randvoll gefüllten Plastikeimer voller Alkohol, und der Boxkampf kann beginnen. Das deutsche Fernsehteam von Mediawok hält den Kampf in Bild und Ton fest.
Mut antrinken: Noch einen kräftigen Schluck aus dem „Bucket“, einem randvoll gefüllten Plastikeimer voller Alkohol, und der Boxkampf kann beginnen. Das deutsche Fernsehteam von Mediawok hält den Kampf in Bild und Ton fest.

THAILAND: Urlaub extrem. Auf der besonders bei jungen Rucksackreisenden als populär geltenden Insel Koh Phi Phi, Südthailand, hat sich ein neuer Trend etabliert: Saufen was das Zeug hält, um sich danach ordentlich zu prügeln. Und das gilt für Männer sowie für Frauen! Mit der Aussicht auf einen Plastikeimer voller Alkohol als Gewinn, steigen hier furchtlose Backpacker aus aller Welt in den Boxring. Da sind ein ordentlicher "Kater" und blaue Flecken garantiert.

Koh Phi Phi gilt seit dem Film "The Beach” mit Teenieschwarm Leonardo DiCaprio als Traumreiseziel von Tausenden Backpackern jedes Jahr. Und die kommen nicht nur, um sich im Paradies zu erholen. Sie reisen auch hierher, um zu feiern, als wenn es kein Morgen gäbe. Dafür ist die Reggae Bar die angesagteste Location des kleinen Eilandes. Den jungen Wilden wird hier die Möglichkeit geboten, sich im professionellen Boxring so richtig einen auf die Glocke zu geben. Der Gewinner bekommt dann einen Eimer voll mit Alkohol. Umsonst, versteht sich.

"Es gibt schon mal ein blaues Auge!"

"Ich find‘s gut, dass die sich so kloppen hier – für Alkohol", erzählt Wina, Chefin der Reggae Bar, der deutschen Journalistin Kathrin Rubow von Mediawok Bangkok. Die geschäftstüchtige Thai betreibt

 Manchmal gibt’s auch Schrammen. Aber das ist normal. Das passiert beim Sport!
Manchmal gibt’s auch Schrammen. Aber das ist normal. Das passiert beim Sport!"

die Szenelokalität bereits seit 20 Jahren und weiß, warum ihr Touriboxen so populär ist: "In Thailand ist das Muay Thai sehr berühmt. Und in Deinem eigenen Land kannst Du nicht mal einfach so in den Ring steigen. Hier geht das! Es ist umsonst, Du kannst trinken und Spaß haben. Manchmal gibt’s schon mal ein blaues Auge, klar. Die Leute trinken und haben Spaß.Der Schotte Nath wird von seinen Freunden im Publikum bejubelt. Danach lässt er mit geschätzten zwei Promille im Boxring die Fäuste fliegen. Seinen Gegner kennt er nicht.

Heute will es Danny aus England wissen. Der 24-jährige Backpacker kommt zusammen mit seinen Freunden bereits den zweiten Abend in die Reggae Bar und sucht den besonderen Urlaubskick. Auf Rubows Frage, warum er heute hier kämpfen möchte, antwortet der Brite: "Weil es totaler Spaß ist!" Die Journalistin möchte wissen, wie viel Alkohol er bereits konsumiert hat. "Fast einen ganzen "Bucket", drei Bier, einige Cocktails und ein paar Kurze", antwortet der abenteuersüchtige Weltenbummler. Mit geschätzten zwei Promille im Blut steigt er in den Ring.

Die Kumpels und Mädels beeindrucken

 Manchmal gibt’s auch Schrammen. Aber das ist normal. Das passiert beim Sport!
Manchmal gibt’s auch Schrammen. Aber das ist normal. Das passiert beim Sport!"

Lautstark jubelt die betrunkene Menge. Neben einem heftigen "Kater" erwarten diesen jungen Rucksackreisenden so einige Prellungen und blaue Flecken am nächsten Morgen.

Seinen Gegner kennt Danny nicht. Das ist ihm auch völlig egal. Viel mehr geht’s ihm darum, seine halbstarken Kumpels und natürlich die anwesenden Mädels zu beeindrucken. Um die sturzbesoffenen Teenager wenigstens etwas zu schützen, erhalten sie vom Personal der Reggae Bar einen professionellen Kopfschutz. In der Regel werden drei Runden à eine Minute gekämpft. Es sei denn, der Ringrichter bricht den Kampf vorher ab. Es sieht gut aus für Danny. Er gibt alles und scheint seinem etwa gleichaltrigen Gegner überlegen zu sein. Doch der Partyboxer verspürt gegen Ende der ersten Runde einen stechenden Schmerz in seiner Schulter. Die Glocke erklingt, und nach einer kurzen Verschnaufpause geht’s ab in die zweite Runde. Es scheint so, als wenn ihn der in der Pause konsumierte Alkohol weiter nach vorne puschen würde. Doch plötzlich zieht Danny die Notbremse. Er hält die Schmerzen einfach nicht mehr aus.

Das Ziel der Begierde: Ein Plastikeimer mit Billigfusel.
Das Ziel der Begierde: Ein Plastikeimer mit Billigfusel.

"Hier guck, meine Lippe blutet. Aber das ist gar nichts", prahlt Danny in die Kamera. Rubow erkundigt sich nach seinem Wohlbefinden und fragt: "Danny, geht’s Dir gut?" "Nein, fuck nein. Ich bin nicht okay, meine Schulter tut total weh", antwortet der Ferienboxer und bestellt den nächsten "Bucket". Auch am nächsten Tag konnte er seine Schulter noch immer nicht bewegen. Zum Glück war sein Urlaub drei Tage später vorbei.

Auch Laurence aus der französischsprachigen Schweiz stieg in den Ring und zog sich ein blaues Auge zu: "Naja, toll ist das nicht. Mit einem blauen Auge kann man nicht mehr so gut die Mädels abschleppen. Aber so ist das im Leben. Ich hab halt jetzt ein blaues Auge. Und ich bin froh, dass ich es gemacht habe."

Auch bei den Mädels geht’s zur Sache

Wer glaubt, beim schwachen Geschlecht geht’s weniger rau zu, der mag sich gewaltig täuschen. "Ich dachte es wird bestimmt Spaß machen. Wir sind auf Koh Phi Phi im Urlaub. Ich dachte ich sei stärker, aber das war ich einfach nicht", klagt Lia aus Belgien. Johanna aus Finnland hingegen ist sich sicher: "Ich liebe es zu kämpfen. Es mag sich komisch anhören, aber ich liebe es wirklich zu kämpfen. Ich möchte nochmal gewinnen." Tina aus Stuttgart beteuert: "Also, ich dachte es ist so ne Männersache… ich würde es nicht machen."

Rubow stößt auf Nath aus Schottland. Der junge Mann hat bereits fünf "Buckets" intus. Sternhagelvoll macht er sich

Bekannt aus dem Film
Bekannt aus dem Film "The Beach", besitzt Koh Phi Phi noch immer eine enorme Anziehungskraft für Backpacker.

startklar für den Kampf und genehmigt sich zum Aufwärmen noch einen Whiskey-Coke. Obwohl ein Interview kurz vor dem Kampf mit ihm nicht mehr möglich war – aufgrund des exzessiven Alkoholkonsums – schlägt sich Nath beachtlich im Kampf. Ohne Rücksicht auf Verluste geht er nach einer eleganten Drehung auf seinen ebenfalls sturzbesoffenen Gegner los, der eine blutige Nase kassiert. Auch bei Nath scheint die Kombination Alkohol-Adrenalin wahre Wunder zu bewirken. Doch nach zwei Runden bricht der Kampfrichter ab. Beide Hobbyboxer sind total blau.

"Ich schäme mich ein bisschen…"

…gesteht Naths‘ Freundin Steph, "obwohl – es ist lustig, es ist okay!" Nath erwidert: "Ich habe alles versucht, aber ich habe versagt. Es tut mir sehr leid." Seine Herzallerliebste versucht ihn dennoch zu trösten: "Ich bin stolz."

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