Tote bei IS-Angriff auf Militärbasis

Foto: epa/Jawad Jalali
Foto: epa/Jawad Jalali

KABUL (dpa) - Beim vierten blutigen Angriff von Islamisten allein im Januar in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind nach offiziellen Angaben mindestens 15 Menschen getötet worden. Gegen fünf Uhr morgens drangen fünf schwer bewaffnete Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Schutz der Dunkelheit in ein afghanisches Militärcamp im Westen der Stadt ein. Die Männer sollen Nachtsichtgeräte getragen haben.

Sie überraschten die Soldaten wohl im Schlaf - erst nach rund fünf Stunden endete der Angriff. Elf Soldaten wurden getötet, auch vier der fünf Angreifer kamen ums Leben. Zwei hätten sich in die Luft gesprengt, zwei seien erschossen und einer festgenommen worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Daulat Wasiri, am Montag. 16 Soldaten seien verletzt worden.

Der Angriff galt Wasiri zufolge einem Stützpunkt der 111. Brigade in der Nähe der Marschall-Fahim-Militärakademie. Er widersprach damit Meldungen, dass die prominente Universität selbst angegriffen worden sei. Das hatten zuvor unter anderem der Präsidentenpalast, ein in der Gegend lebender Offizier und afghanische Medien berichtet.

Die Bundesregierung reagierte zutiefst erschüttert. «Seien Sie versichert, dass Deutschland im Kampf gegen die terroristische Gefahr weiterhin an der Seite Afghanistans steht», schrieb Kanzlerin Angela Merkel in einem Kondolenztelegramm an den afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani.

Der IS reklamierte den Überfall über sein Sprachrohr Amak für sich. Die Terrormiliz war in Afghanistan erst Anfang 2015 aufgetaucht, und die USA und die afghanische Regierung bekämpfen die Extremisten seitdem. Regelmäßig wird der IS für so gut wie geschlagen erklärt. Trotzdem gelang es ihm, Attentate vor allem in der Hauptstadt enorm auszuweiten. Der IS-Experte des Rechercheinstituts International Crisis Group (ICG), Borhan Osman, hat für das Jahr 2017 allein in Kabul 16 IS-Anschläge mit mehr als 270 Toten gezählt.

Dabei scheint der IS wenig wählerisch, was seine Ziele angeht. In den vergangenen Monaten hat er nicht nur in Kabul Medienhäuser, ein Kulturzentrum, Regierungseinrichtungen, Sicherheitskräfte und schiitische Moscheen angegriffen. Oft sind seine Attentate besonders grausam - wie die siebenstündige Schießerei in einem Militärkrankenhaus in Kabul. Erst vor fünf Tagen überfielen IS-Kämpfer im ostafghanischen Dschalalabad das Büro der Kinderhilfsorganisation Save the Children und töteten mindestens sechs Menschen.

In Kabul hat er in diesem Jahr schon zwei der insgesamt vier schweren Angriffe für sich reklamiert - und damit genauso viele Anschläge verübt wie die zahlenmäßig viel stärkeren radikalislamischen Taliban.

Rund 150 Menschen sind bei vier größeren Anschlägen und Angriffen in diesem Monat ums Leben gekommen. Erst am Samstag sprengte sich im Stadtzentrum ein Selbstmordattentäter der Taliban in die Luft und riss mehr als 100 Menschen in den Tod. Eine Woche zuvor hatten Talibankämpfer in einem 17-stündigen Angriff auf das große Hotel Intercontinental mindestens 20 Menschen getötet, darunter eine deutsche Entwicklungshelferin. Anfang Januar waren bei einem Selbstmordattentat des IS auf einen Sicherheitsposten mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen. 2017 hatten Taliban und IS bei mehr als 20 schweren Anschlägen mehr als 500 Menschen getötet.

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