MH370 wird zum Trauma der Luftfahrt

KUALA LUMPUR: Sechs Wochen nach dem Verschwinden von Flug MH370 sucht ein U-Boot auf dem Meeresgrund nach der Maschine. An Land beteuern die Behörden, keine Informationen zu verschweigen. Die Suche nach Flug MH370 könnte zur teuersten Nullnummer der Luftfahrt werden.

Experten und Ermittler suchen weiter intensiv nach Flug MH370, der vor sechs Wochen verschwand und wohl im Indischen Ozean endete. Mit 239 Menschen an Bord war die Boeing 777-200 am 8. März von Kuala Lumpur nach Peking gestartet. Ihr Verschwinden ist zu einem der größten Rätsel der Luftfahrtsgeschichte geworden.

Auf der Suche nach der Malaysia-Airlines-Maschine habe sein Land jeden Stein umgedreht, keinen Hinweis ungeprüft gelassen, betonte Malaysias Ministerpräsident Najib Razak. «Malaysia hat alles gegeben.» Von der Polizei hieß es, die Ermittler seien noch nicht in der Lage, eine stichhaltige Theorie darüber zu geben, was genau mit dem Maschine geschah: Eine Entführung? Ein Unfall? Beides?

«Wir tun alles Menschenmögliche», sagte ein Polizeibeamter. «Wir haben die Frachtliste des Flugzeugs vom Mango-Chutney bis zu Lithium-Ionen-Batterien untersucht. Wir haben die Hintergründe der Passagiere und der Crew überprüft. Wir haben das Bodenpersonal gecheckt und sogar die Firma, die das Flugzeug reinigte», führte er aus. «Aber da war nichts, was uns eine Idee geben konnte, was passiert ist.»

Die Suche gleicht einer Herkulesaufgabe

Die Hoffnungen ruhten darauf, dass die Flugschreiber der Maschine gefunden würden. Malaysias Verkehrsminister Hishammuddin Hussein versprach, deren Inhalte komplett zu veröffentlichen, wenn sie erst einmal gefunden seien - wohl auch, um dem andauernden Verdacht, Malaysia habe Informationen zurückgehalten, entgegenzuwirken.

Die Suche ist eine Herkulesaufgabe und dabei, zum teuersten Bergungseinsatz der Luftfahrtsgeschichte zu werden. Nach Expertenschätzungen hat allein der erste Monat mit 44 Millionen Dollar (32 Mio Euro) mehr gekostet, als die zweijährige Suche nach der 2009 abgestürzten Air-France-Maschine AF447.

Am Montag startete eine U-Boot-Drohne der US-Marine zu Tauchgängen in den Indischen Ozean, nachdem

Bei der Suche kommt eine U-Boot-Drohne der US-Marine zum Einsatz.
Bei der Suche kommt eine U-Boot-Drohne der US-Marine zum Einsatz.

die Suche an der Oberfläche und von der Luft aus keine Erfolge gebracht hatte. Die Bluefin-21 scannt den Meeresboden nach dem Wrack mittels Sonar ab. Laut Suchleiter Angus Houston wird der Einsatz wohl «sehr lang und sehr mühevoll» werden.

«Wir haben noch nie eine Suche in so tiefem Wasser durchgeführt», sagt er im australischen Perth. Die Air-France-Maschine sei in 3.000 Metern Tiefe gesucht worden. «Jetzt haben wir es mit Tiefen von 4500 Metern zu tun.» Die Bedingungen seien äußerst schwierig, die Erwartungen sollten nicht zu hoch gehängt werden, fügte er hinzu. Laut einem Sprecher der US-Marine wird die Bluefin-21 wohl zwei Monate brauchen, um das 600 Quadratkilometer große Gebiet abzusuchen, in dem der Absturz vermutet wird.

Angehörige hoffen auf ein Wunder

Trotz der schwindenden Aussicht, das vermisste Flugzeug bald zu finden - geschweige denn Überlebende - hoffen Angehörige wie der 60-Jährige Omar Selamat weiter auf ein Wunder. Sein 29-jähriger Sohn war an Bord. «Ich kann die Hoffnung nicht aufgeben. Ich bete weiter für das Wohlergehen meines Sohnes», sagte er am Telefon.

In Peking sind Angehörige der chinesischen Passagiere voller Wut auf die malaysischen Behörden. «Dass wir wenige Informationen bekommen haben, wird uns nicht davon abhalten, nach der Wahrheit zu fragen», heißt es in einer Stellungnahme.

Das Verschwinden der Passagiermaschine hat die internationale Luftfahrtbranche dazu gebracht, ihre Betriebsstandards zu überdenken. Aus Kreisen der malaysischen Regierungspartei UMNO hieß es, das Militär habe interne Ermittlungen zu Fehlern und Unzulänglichkeiten in ihren Luftsicherheitsprotokollen eingeleitet.

Die Internationale Luftverkehrs-Vereinigung IATA hat Änderungen bei den Flugerfassungssystemen versprochen. «In einer Welt, in der jede unserer Bewegungen verfolgt werden kann, herrscht Zweifel, dass ein Flugzeug einfach so verschwinden kann und Flugdaten und Cockpit-Aufzeichnungen so schwierig aufzutreiben sind», sagte IATA-Generaldirektor Tony Tyler. «MH370 hat verdeutlicht, dass es Verbesserungsbedarf beim Tracking von Flugzeugen besteht», sagte er. «Wir können nicht zulassen, dass noch ein Flugzeug verschwindet.»

(Fotos epa)

Chronologie - sechs Wochen Suche:

8. März: Die Airline teilt mit, der Kontakt sei kurz nach dem Start abgebrochen. Die Boeing 777 war auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking. Vor Vietnam beginnt eine internationale Suche.

11. März: Der Krisenstab weitet die Suche auf die Meerenge von Malakka vor Malaysias Westküste aus - fernab der eigentlichen Route.

14. März: Die Suche konzentriert sich auf den Indischen Ozean - Hunderte Kilometer westlich der ursprünglichen Flugroute.

15. März: Die Ermittler vermuten Sabotage. Die Boeing sei nach dem letzten Kontakt stundenlang auf neuem Kurs geflogen. Wahrscheinlich wurden Kommunikationssysteme absichtlich abgeschaltet, heißt es.

17. März: Eine neue Suche entlang zweier möglicher Routen läuft an.

20./21. März: Australiens Geheimdienst entdeckt auf Satellitenbildern mögliche Wrackteile, doch MH370 bleibt verschollen.

24. März: Neuen Analysen zufolge ist das Flugzeug in den südlichen Indischen Ozean gestürzt. Das letzte Signal wurde laut malaysischer Regierung westlich der australischen Stadt Perth empfangen.

28. März: Australiens Seesicherheitsbehörde schickt die Suchtrupps 1100 Kilometer weiter nordöstlich, Experten hatten Annahmen zum Flug korrigiert.

5. April: Ein chinesisches Schiff empfängt ein «pulsierendes Signal».

6. April: Die australische «Ocean Shield» ortet in einem anderen Seegebiet Funksignale.

11. April: Die Signale seien nicht von der Blackbox der Boeing, teilt der Koordinator der Suche mit. Australiens Regierungschef Tony Abbott hatte sich zuversichtlich geäußert, dass sie von der Maschine kämen.

14. April: Das unbemannte U-Boot Bluefin-21 sucht den Meeresgrund erstmals nach Wrackteilen ab. Der Einsatz wird aus Sicherheitsgründen abgebrochen, weil das U-Boot in über 4.500 Meter Tiefe geraten war.

17. April: Bluefin-21 taucht 16 Stunden lang. Aus den gesammelten Daten erstellen Experten an Bord der «Ocean Shield» ein dreidimensionales Bild des Meeresbodens.

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