Merkel erwartet harte Jamaika-Gespräche

Foto: epa/Clemens Bilan
Foto: epa/Clemens Bilan

BERLIN (dpa) - Kurz vor dem Start der Sondierungsgespräche stellt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf harte Gespräche mit den potenziellen Jamaika-Partnern FDP und Grüne ein.

«Wir werden nicht ohne Kompromisse auskommen», auch wenn die Union klare Ziele habe, sagte Merkel am Dienstag nach Angaben von Teilnehmern in einer Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Am Mittwoch beginnt die Union in Berlin zuerst mit der FDP und dann mit den Grünen ihre Sondierungen. Für Misstöne vor Beginn der Gespräche sorgten Forderungen von FDP-Chef Christian Lindner. Noch-Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wurde derweil einstimmig von der Unionsfraktion für das Amt des Bundestagspräsidenten nominiert.

Lindner forderte, das Finanzministerium solle nicht erneut an die CDU gehen. «Ein Grüner, ein CSU- oder ein FDP-Finanzminister - alles wäre besser, als das Kanzleramt und das Finanzministerium weiterhin in CDU-Hand zu halten, denn so wird durchregiert. Das hat sich nicht bewährt», sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Ob er selbst das Amt anstrebe, ließ Lindner erneut offen: «Mir ist eine andere Finanzpolitik wichtiger als die Frage, welche Person im Ministerium sitzt.»

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) reagierte vergrätzt auf die Äußerungen: «Ich würde mal raten, ein sondierungsfreundliches Klima in allen betroffenen Parteien zu schaffen. Und das heißt, nicht jeden Tag dem anderen eine Wurst vor die Nase zu halten.» Man sei sich einig gewesen, «dass Personalfragen erst am Ende stehen sollten, nicht am Start». Deswegen werde er keine «roten Linien» aufstellen, sagte Kauder und ergänzte: «Ich ziehe schwarze Ziele vor.»

Schäuble wird in jedem Fall nicht noch einmal das Finanzressort übernehmen: Die Unionsfraktion, der als stärkster Kraft im Parlament traditionell das Vorschlagsrecht zufällt, stimmte einstimmig für Schäuble als Nachfolger von Norbert Lammert (CDU). Bei der Wahl in der konstituierenden Sitzung des Bundestags am 24. Oktober kann Schäuble mit einer großen Mehrheit rechnen, da SPD und FDP bereits Unterstützung signalisiert haben. Nach dem Einzug der AfD in den Bundestag waren Erwartungen laut geworden, Schäuble als erfahrenen Parlamentarier mit großer Autorität zum Präsidenten zu küren. Er sitzt seit 1972 im Bundestag und ist dienstältester Abgeordneter.

Merkel versprach derweil ihrer Fraktion für die Koalitionsgespräche ein «Maximum an Transparenz». Bereits am kommenden Montag werde sie die Abgeordneten detailliert über die Gespräche mit FDP und Grünen informieren. Die Kanzlerin dämpfte zugleich Erwartungen, es werde bei den ersten Gesprächen in großer Runde an diesem Freitag bereits konkrete Ergebnisse geben. Dort würden voraussichtlich die Arbeitsstrukturen für die Sondierungen festgelegt.

Am Rande der Sitzung der Unionsfraktion hieß es, es sei anzunehmen, dass nicht nur in großer Runde der mehr als 50 Unterhändler über eine mögliche Zusammenarbeit verhandelt werde. Möglich ist demnach, dass in einzelnen Themen-Arbeitsgruppen auch Experten aus den Fraktionen und den Ländern hinzugezogen werden. Am Donnerstag ist ein Treffen von FDP und Grünen vorgesehen, am Freitag sollen die Gespräche mit allen Jamaika-Parteien beginnen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt trat kurz vor Beginn der Gespräche erneut auf die Bremse. «Jeder weiß, wenn man nach Jamaika segelt, dann kann man auch in schwere See geraten. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass uns ein starker Sturm einholt», sagte Dobrindt dem Sender RTL/ntv.

Die Liberalen stellten auch im Sozialbereich Forderungen auf - sie machen sich für eine Begrenzung der Abgaben stark. «Die Sozialabgaben dürfen nicht unendlich weiter steigen. Wir müssen da eine Grenze setzen», sagte FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur. «Ein Einwanderungsgesetz würde hier sehr helfen.» Man müsse aber auch über eine stärkere Steuerfinanzierung sprechen. Dabei seien wegen der Rekordsteuereinnahmen keine zusätzlichen Steuern nötig, sondern nur eine sinnvollere Verteilung.

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Norbert Kurt Leupi 19.10.17 09:01
Gehirnlos
Geehrter Herr Songran Raktin . "Sooooo grosszügig " bin ich natürlich auch wieder nicht ! Im Rahmen des Sparprogramms der neuen , vergrösserten Regierung werden sich ca.10 Politiker ein Gehirn teilen müssen ! In der Gehirndatenbank werden Politiker-Gehirne zu Höchstpreisen gehandelt , angeblich weil sie selten gebraucht und somit so gut wie neu sind !
Jürgen Franke 18.10.17 21:50
Es werden sicherlich nicht einfache Gespräche
werden, da die Meinungen der Parteien eigentlich nicht unterschiedlicher sein können. Vor vier Jahren dauerten die Verhandlungen bis kurz vor Weihnachten. Wir können warten, den bis dahin arbeitet die gegenwärtige Regierung geschäftsführend weiter. Der neue gewählte Bundestag tritt am 24.10. zusammen. Mit über 700 Abgeordneten ist er größer als der in den USA. Lediglich China hat etwas mehr Parlamentarier. Bundestagspräsident Schäuble, als 2. Mann des Staates muß versuchen, diesen "Haufen" zusammenzuhalten.
Norbert Kurt Leupi 18.10.17 18:11
Tragödie oder Hoffnung...
die neue Bundesregierung und der Hosenanzug wieder an vorderster Front ? Zwar sind Konservative auch Menschen ,sie haben auch zwei Beine , nur " gehen " haben sie auch nach zwölf Jahren an der Macht nicht gelernt ! Weil sie aus den gemachten Fehlern nicht herauskommen nennen sie sie ,Tradition ! Darum bleibt diese Tradition eine organisierte Meinung ! In der rechtskonservativen Politik war es immer schon eine Kunst, Erklärungen so zu formulieren , dass sich alle Beteiligten als Sieger fühlten ! Mit Wahrheit hat das meistens nichts zu tun - und mit der Realität noch weniger ! So stellt sich für den abseits stehenden Beobachter dann meist die Frage : wer streut wem eigentlich den Sand in die Augen ? Es wäre ratsam , diesen sesselklebenden , neo-liberalen Konservativen , das Krawatte -Tragen zu verbieten , denn das verringert die Blutzufuhr zum Gehirn ! Auch die eventuelle , neue "Jamaika-Regierung " wird hauptsächlich eine kostspielige Organisation mit Uebeltätern sein, die für die Menschen nichts tut , ausser sie zu ärgern !