Macron und Le Pen im Kampf um den Élysée

Foto: epa/Ian Langsdon
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PARIS (dpa) - Mit dem Duell zwischen der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem Politjungstar Emmanuel Macron wird Frankreichs Präsidentenwahl zu einer Abstimmung über Europa. Die beiden setzten sich bei der ersten Wahlrunde am Sonntag gegen neun weitere Kandidaten durch und stehen nun in der Stichwahl am 7. Mai.

Le Pens Front National (FN) setzt nun auf eine EU-kritische Stimmung im Land: «Es gab noch nie so viele Stimmen für Kandidaten, die der Europäischen Union sehr kritisch gegenüberstehen», sagte der stellvertretende Parteichef Florian Philippot am Montag im Sender Franceinfo. Dazu zählte er neben Le Pen etwa auch den Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon. «Ich glaube, das wird in der zweiten Runde eine Rolle spielen», so Philippot.

Macron hatte nach fast vollzähliger Auszählung der Stimmen mit fast 24 Prozent die Nase vorn. Umfragen vom Wahlabend geben ihm einen klaren Vorsprung für die entscheidende zweite Runde in knapp zwei Wochen. Die EU-Feindin Le Pen erzielte 21,4 Prozent, wie das Innenministerium mitteilte. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 78 Prozent, leicht niedriger als vor fünf Jahren.

Die Chefin der rechtsextremen Front National erhielt dabei so viele Stimmen wie noch nie in der Geschichte der Partei: Mehr als 7,6 Millionen Franzosen entschieden sich für die 48-Jährige. Der bisherige FN-Rekord lag bei 6,8 Millionen Stimmen bei den Regionalwahlen 2015. Zum ersten Mal seit 15 Jahren steht die FN in der Stichwahl um den mächtigsten Job Frankreichs - 2002 war beim «Schock des 21. April» überraschend Le Pens Vater Jean-Marie Le Pen ins Finale gekommen, das er dann aber krachend verlor.

Führende Sozialisten und Konservative riefen zur Unterstützung Macrons auf, um Le Pen als Präsidentin zu verhindern. Erstmals seit Jahrzehnten ist kein Kandidat der beiden traditionellen Regierungsparteien in der Endrunde. Er wolle mit einem System brechen, «das unfähig ist, auf Probleme zu reagieren», sagte Macron. Frankreich, nach Deutschland die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, leidet seit Jahren unter einer hohen Arbeitslosigkeit und einer schwächelnden Wirtschaft.

Das Land steht nun vor einer dramatischen Richtungsentscheidung für die Europäische Union. Denn Le Pen will raus aus dem Euro und die Bürger über die EU-Mitgliedschaft Frankreichs abstimmen lassen. Macron tritt hingegen für Europa ein und will die Eurozone gemeinsam mit Deutschland stärken. Der 39-Jährige sagte, er wolle «der Präsident der Patrioten angesichts der Bedrohung durch die Nationalisten» sein.

Macron rief seine Anhänger dazu auf, ihm auch eine parlamentarische Mehrheit zu verschaffen. Frankreich wählt am 11. und 18. Juni eine neue Nationalversammlung. Die von Macron gegründete Bewegung «En Marche!» (Auf dem Weg) ist dort bislang nicht vertreten. Falls ein Präsident keine Abgeordneten-Mehrheit hinter sich hat, würde das seinen Gestaltungsspielraum erheblich einschränken.

FN-Chefin Le Pen schnitt wesentlich besser ab als bei ihrer ersten Präsidentschaftskandidatur vor fünf Jahren, als sie im ersten Wahlgang 17,9 Prozent der Stimmen geholt hatte. Sie sprach von einem «historischen Ergebnis» und fügte hinzu: «Es ist Zeit, das französische Volk von den arroganten Eliten zu befreien, die ihm sein Verhalten vorschreiben wollen.»

Der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon erreichte rund 19,6 Prozent. Sein konservativer Widersacher François Fillon kam auf knapp 20 Prozent. Fillon kündigte an, in der Stichwahl für Macron zu stimmen. Mélenchon gab zunächst keine Empfehlung ab. Der Kandidat der regierenden Sozialisten, Benoît Hamon, lag abgeschlagen auf dem fünften Platz.

Erleichterung, aber keine Jubelstimmung herrschte an den Finanzmärkten. Der Kurs des Euro gab am Montag wieder etwas von seinen starken Gewinnen ab. Zeitweise war Europas Gemeinschaftswährung auf den höchsten Stand seit November gestiegen.

Etwa 47 Millionen Franzosen waren zur Wahl des Nachfolgers von Präsident Hollande aufgerufen. Insgesamt wollten elf Kandidaten den Sozialisten beerben. Der Sozialist Hollande hatte wegen schlechter Umfragewerte nicht erneut kandidiert. Macron war unter Hollande Wirtschaftsminister gewesen; sein Parteibuch bei den Sozialisten hat er aber schon lange abgegeben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wünschten Macron alles Gute und viel Erfolg für die Stichwahl. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte Macrons Abschneiden. «Ich bin sicher, er wird der neue französische Präsident», sagte der SPD-Politiker. «Er war der einzige proeuropäische Kandidat, der sich nicht versteckt hat hinter Vorurteilen gegenüber Europa.»

Der Wahlkampf war geprägt von Skandalen und überraschenden Wendungen. Der Antiterrorkampf spielte insbesondere im Finale eine große Rolle. Frankreich wird seit Anfang 2015 von einer Serie islamistischer Anschläge erschüttert. Erst am Donnerstag hatte ein 39-Jähriger in Paris Polizisten angegriffen und einen von ihnen getötet.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 24.04.17 18:45
Die Börsen haben die Wahl längst entschieden.
Macron hat eine schwere Aufgabe vor ich, da der Hollande, zwar permanent bei der Merkel war, aber keine erforderlichen Reformen durchgeführt hat. Dass die Franzosen nun Opel haben, hilft auch wirklich nicht weiter, denn wirtschaftlich stehen sie auf einer Stufe mit Griechenland und Italien. Und so viel Rettungsschirme kann keiner bezahlen.
Jack Norbert Kurt Leupi 24.04.17 17:50
Macron oder Le Pen
Hoffnungsträger sind, wollen,waren sie alle ! Einer der Einzigen , der in den letzten Jahrzehnten eine " tragbare Hoffnung " brachte , war Gerhard Schröder, der Deutschland mit der Agenda 2010 nicht ärmer machte ! Es war ihm auch eine diebische Freude ,dauernd zu provozieren , denn er liebte das empörte Aufheulen seiner Gegner ! Und er war auch der Einzige , der sich nicht "Heiligsprechen " liess nach seiner Abwahl ,wie es andere tun !