Machtkampf in der Grand Old Party

 Roy Moore. Foto: epa/Jamie Martin
Roy Moore. Foto: epa/Jamie Martin

MONTGOMERY (dpa) - Bei der Senatswahl in Alabama steht für die US-Republikaner viel auf dem Spiel. Ihr Kandidat Roy Moore ist auch in den eigenen Reihen höchst umstritten. Aber Präsident Trump unterstützt ihn - und stellt die Parteiführung damit vor ein Dilemma.

Donald Trump setzte keinen Fuß in den Bundesstaat Alabama. Er sprach ein paar Kilometer von der Grenze entfernt in Florida. Aber da, wo seine Botschaft gehört werden sollte, kam sie an. Trump rief die Wähler in Alabama dazu auf, am Dienstag für Roy Moore zu stimmen, den umstrittenen Senatskandidaten der Republikaner. Mehrere Frauen beschuldigen Moore, sie sexuell belästigt zu haben.

Bei seiner Kundgebung am Freitagabend erwähnte der Präsident Moores Namen nur zwei Mal, aber er ließ keinen Zweifel an seinen Absichten. Man könne es sich nicht erlauben, einen Sitz an die Demokraten zu verlieren, erklärte er. Es gehe um seine Agenda, um die Grenzsicherheit, um die Mauer. Darum, das Militär zu stärken, den Veteranen zu helfen. «Wir wollen Jobs, Jobs, Jobs», rief er. «Also geht zur Wahl und stimmt für Roy Moore.» Der 70-Jährige selbst verbreitete Trumps Worte wenig später über seinen Twitteraccount.

Bei der Abstimmung in Alabama, die wegen des Wechsels von Jeff Sessions an die Spitze des Justizministeriums notwendig geworden war, steht viel auf dem Spiel. Die Republikaner haben im Senat nur eine äußerst knappe Mehrheit von zwei Stimmen. Eigentlich ist Alabama eine sichere Bank für sie, ein zutiefst roter Fleck auf der politischen Landkarte. Aber Umfragen gehen von einem knappen Rennen zwischen Moore und seinem demokratischen Gegenkandidaten Doug Jones aus.

Alabama sei zu einem Experiment darüber geworden, ob der Präsidentschaftswahlkampf 2016 eine Anomalie war oder die Wähler weiterhin bereit sind, einem Kandidaten alles durchgehen zu lassen, schreibt die «New York Times».

Es geht dabei auch um den Machtkampf unter den Republikanern selbst. Um die Frage, ob die Partei weiter ins Extreme abdriftet oder ob die moderaten Stimmen die Oberhand gewinnen. Ob der Breitbart-Flügel sich durchsetzt oder das Establishment.

Wie Trump ist Moore ein äußerst kontroverser Kandidat. Das war er schon, bevor ihn mehrere Frauen beschuldigten, sie in den siebziger und achtziger Jahren sexuell belästigt zu haben. Mehrfach sprach er sich in der Vergangenheit dafür aus, Homosexualität zu verbieten. Er warb dafür, den säkularen Rechtsstaat abzuschaffen und stattdessen «Gottes Gesetz» zum einzig gültigen Recht zu machen. 2006 schrieb er in einem Leitartikel, der neu gewählte Abgeordnete Keith Ellison dürfe aufgrund seines muslimischen Glaubens nicht vereidigt werden.

Zwei Mal wurde er von seinem Posten am Obersten Gerichtshof Alabamas suspendiert. Beim ersten Mal, weil er sich weigerte, eine steinerne Tafel mit den zehn Geboten von einer Wand im Gerichtsgebäude zu nehmen. Beim zweiten Mal, weil er Gerichte anwies, das Urteil des Supreme Courts zur Ehe für Alle nicht anzuwenden.

Wie bei Trump ist der Affront Teil von Moores Markenkern. Wie Trump gibt auch er den Außenseiter, will seine Kandidatur als Kampfansage an die Eliten verstanden wissen. Wie Trump wischt er alle Kritik, alle Vorwürfe einfach weg, sieht darin eine Schmierkampagne seiner Gegner. Und genau wie bei Trump halten seine Anhänger zu ihm.

Als die Anschuldigungen gegen Moore ans Licht kamen, gingen etliche Republikaner im Kongress auf Distanz zu ihm. Mitch McConnell, Fraktionschef der Konservativen im Senat, dachte laut darüber nach, welchen anderen Kandidaten man ins Rennen schicken könne. Das nationale Komitee der Partei stellte die Wahlkampfhilfe ein.

Trump aber schwieg lange, ließ sich Zeit. Nach ein paar Tagen äußerte er Zweifel an den Anschuldigungen der Frauen. In der vergangenen Woche stellte der Präsident sich schließlich voll hinter den Kandidaten, bot ihm in einem Telefonat seine Unterstützung an. Das Parteikomitee nahm daraufhin die Unterstützung für Moore wieder auf und überwies 170.000 Dollar für dessen Wahlkampf.

McConnell musste sich öffentlich geschlagen gegeben. Er habe gehofft, dass Moore seine Kandidatur zurückziehen werde, erklärte er. Das werde aber offensichtlich nicht geschehen. Wenn er gewinne, habe man keine andere Wahl, als ihn auch zu vereidigen. Aber er müsse dann mit einer Untersuchung des Ethikausschusses rechnen.

Der Fall zeigt, wie stark Trump innerhalb der Republikaner mittlerweile ist. Er habe die Partei vollständig übernommen, meint die «Washington Post». Der moralische Kompass der Grand Old Party drehe sich unterdessen im Kreis. Sei nicht imstande, Norden zu finden.

Womöglich ist die Debatte um Moore nur ein erster Vorgeschmack auf das, was vor den Kongresswahlen 2018 auf die Partei zukommt. Steve Bannon, Trumps ehemaliger Chefstratege, hat dem Establishment offen den Krieg erklärt. Er will im kommenden Jahr gegen fast jeden republikanischen Amtsinhaber Kandidaten ins Rennen zu schicken, die seinen radikalen populistischen und nationalistischen Kurs teilen.

Dass der Kampf schon jetzt tobt, ließ sich in der vergangenen Woche an einem verbalen Schlagabtausch zwischen Bannon und Mitt Romney beobachten, dem Präsidentschaftskandidaten von 2012.

Der 70-Jährige hatte sich in die Debatte um Moore eingeschaltet und die Republikaner vor dem Verfall ihrer Werte gewarnt. «Keine Wahl, keine Mehrheit ist es wert, dass wir unsere Würde verlieren, unsere Integrität», schrieb er auf Twitter.

Bannon nutzte daraufhin eine Wahlkampfveranstaltung in Alabama, um gegen Romney auszuteilen. Moore habe mehr Ehre und Integrität in seinem kleinen Finger als dessen komplette Familie in ihrer DNA, erklärte Bannon. Er hielt dem Mormonen vor, sich vor dem Kriegsdienst in Vietnam gedrückt zu haben.

Sein Ziel dürfte er sich nicht zufällig ausgewählt haben. Romney liebäugelt derzeit mit einer Senatskandidatur in Utah. Es könnte der nächste Schauplatz im Machtkampf der Republikaner werden.

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