Lufthansa und ihre Piloten sind am Scheideweg angekommen

Foto: epa/Sebastian Willnow
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FRANKFURT/MAIN (dpa) - Im Tarifstreit zwischen Lufthansa und ihren Piloten liegt ein Vorschlag des Schlichters Gunter Pleuger auf dem Tisch. Selbst die Annahme durch beide Seiten garantiert aber noch keinen Frieden.

Nach 14 Streiks, 500 Millionen Euro Kosten, ungezählten Verhandlungsrunden und einer Schlichtung stehen Lufthansa und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) am Scheideweg. Legen die Streithähne an diesem Mittwoch ihren bereits 2012 begonnenen Tarifkonflikt bei oder wird der einvernehmliche Weg in die Airline-Zukunft endgültig verbaut? Der Schlichter Gunter Pleuger hat seine Vorstellungen zum Teilaspekt der Gehaltsstrukturen für rund 5.400 Piloten auf den Tisch gelegt. Doch es geht um viel mehr als nur um Geld.

Über was müssen die Tarifparteien entscheiden?

Formal ging es in der Mitte Januar begonnenen Schlichtung ausschließlich um die Gehälter der 5.400 Piloten, die nach dem Konzerntarifvertrag für die Gesellschaften Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings fliegen. Pleugers Schlichterspruch muss sich folglich auf dieses Thema beschränken, Lufthansa und VC könnten auf dieser Grundlage einen Tarifvertrag abschließen oder den Vorschlag auch jeweils ablehnen.

Was schlägt der Schlichter vor?

Das ist im Detail nicht bekannt, weil beide Seiten Stillschweigen über die Inhalte bis zu ihrer für Mittwoch erwarteten Entscheidung vereinbart haben. Das Angebot der Lufthansa und die Forderung der VC liegen grob gesagt zwischen 4,4 und 22 Prozent noch ziemlich weit auseinander. Pleuger dürfte eine Größenordnung zwischen diesen Polen als Kompromiss vorgeschlagen haben.

Wie stehen die Chancen für eine Annahme des Schlichterspruchs?

Gar nicht so schlecht, weil beide Seiten unter Druck stehen. Ein Abschluss könnte zudem ein Zeichen der Kompromissfähigkeit setzen und die arg belastete Binnenatmosphäre verbessern. Das Unternehmen hatte die Schlichtung nach dem harten einwöchigen Pilotenstreik im vergangenen November selbst vorgeschlagen und steht insofern in der Pflicht. Auf der anderen Seite muss die VC ihren Mitgliedern nach sechs Jahren ohne Lohnerhöhungen langsam mal Ergebnisse liefern.

Warum bringt ein Gehaltskompromiss allein keinen Frieden?

Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister hat bereits klargemacht, dass zusätzliche Kostenbelastungen an anderer Stelle wieder hereingeholt werden müssten. Zwischen Lufthansa und der VC gibt es noch etliche weitere ungelöste Tarifprobleme, mit schwierigen Regelungen zum Vorruhestand und zu den Betriebsrenten an der Spitze. Auch zu diesen Fragen könnte die VC jederzeit Streiks vom Zaun brechen. Ein isolierter Gehaltsabschluss könnte die weiteren Gespräche sogar erschweren, weil damit die Verhandlungsmasse kleiner würde. In der Vergangenheit hatte der Vergütungstarifvertrag häufig als «Verschiebebahnhof» fungiert, wenn für andere Regelungen ein Ausgleich gesucht wurde.

Um was geht es wirklich?

Lufthansa-Chef Carsten Spohr will unbedingt spürbare Kostensenkungen auch in den Cockpits durchsetzen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die gut verdienenden Piloten streiten für den Fortbestand ihrer hergebrachten Lufthansa mit garantierten Arbeitsplätzen und geplantem Wachstum innerhalb des Konzerntarifvertrags (KTV). Aus ihrer Sicht wollen sie nicht «erpressbar» sein, wenn Lufthansa immer mehr Strecken auf andere Konzerngesellschaften verlagert, deren Piloten nicht nach dem KTV bezahlt werden. Schon jetzt sind die KTV-Piloten in der Minderheit, denn bei den Konzerngesellschaften Swiss, Austrian, Brussels und Eurowings wird überall weniger verdient.

Warum soll gerade jetzt der große Durchbruch gelingen?

Weil intern alle Argumente auf dem Tisch liegen. Es hat vor, während und nach der Schlichtung immer wieder parallele Sondierungen gegeben, um nach einer Gesamtlösung zu suchen. Ohne sie scheint ein isolierter Gehaltstarifvertrag die Lage eher zu komplizieren.

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